Irdischer Schutz für außerirdisches Metall

Abb. 1: Meteoriten-Schnitthälften, unbewittert (oben) und bewittert (unten). Das rechte Fragment wurde vor Korrosion geschützt. INNOVENT e.V.

Eisenmeteoriten neigen unter Einfluss von Feuchtigkeit sehr stark zur Korrosion. Durch die starke thermische Belastung beim Atmosphäreneintritt weisen diese Mikrorisse auf, an deren Kanten die Korrosion besonders stark voranschreitet.

Durch die größere räumliche Ausdehnung der Korrosionsprodukte in den Rissen führt dies oft zum Zerfall und gegebenenfalls zum Verlust der Fundstücke. Viele Meteoriten weisen charakteristische Muster (Widmannstättensche Strukturen) auf, welche sich über lange Zeiträume bilden und anhand derer die Fundstücke identifiziert werden.

Hierfür und für weitere Analysen, aber auch zur Ausstellung, werden die Fundstücke in der Regel zerteilt, wodurch die freigelegten blanken Metalloberflächen dem korrosiven Angriff ausgesetzt sind.

Eine Versiegelung zum Schutz vor Korrosionserscheinungen sollte, gerade für museale Ausstellungsstücke, das äußere Erscheinungsbild nicht verändern und auch keinen mechanischen und chemischen Einfluss auf die Oberfläche des Objektes ausüben. Zudem ist eine rückstandslose Entfernbarkeit wünschenswert.

Transparent – Reversibel – Nachhaltig

Hierfür bietet sich ein Beschichtungsverfahren an, welches von INNOVENT bereits an archäologischen Fundstücken erprobt wurde (Vgl. idw-Pressemitteilung vom 18.01.2019 „Reversibel und nachhaltig – Neue korrosionsschützende Beschichtungen auf archäologischen Metallen“ – https://idw-online.de/de/news709147). Bei den hierbei untersuchten archäologischen Fundstücken aus Eisen ebenso wie bei den Meteoriten spielt die Erhaltung des kultur- bzw. naturhistorischen Wertes die entscheidende Rolle.

Bei dem Beschichtungsmaterial handelt es sich um eine thermoplastische Polysaccharid-Ester-Verbindung, welche sich durch eine hohe Transparenz auszeichnet. Analog einer klassischen Pulverbeschichtung wird das fein gemahlene Material elektrostatisch geladen auf den metallischen Probekörper aufgetragen und anschließend durch Aufschmelzen zu einer umhüllenden Schicht verbunden.

Bei der Synthese der Esterverbindung aus biobasierten nachhaltigen Rohstoffen kann der Schmelzpunkt in einem Bereich von 50 °C bis etwa 200 °C eingestellt werden, so dass auch temperaturempfindliche Substrate gut damit behandelt werden können.

Da das Material während des Auftragsprozesses nicht quervernetzt, kann es durch Schmelzen mit sanftem mechanischem Abtrag oder mittels Lösemittel wieder von der Oberfläche entfernt werden.

Die Polysaccharidester sind wasserabweisend und frei von Weichmachern und Lösungsmitteln. Durch Einstellung der Viskosität und des Spreitverhaltens der Schmelze lassen sich unterschiedliche Glanzgrade erzeugen und damit der ursprüngliche optische Eindruck erhalten.

Tests am außerirdischen Metall

„Für derartige Versuche sollte man es mit Bruchstücken des Eisenmeteoriten aus dem Campo del Cielo Kraterfeld in Argentinien versuchen, da dieser aufgrund seiner Rissigkeit die Ausbreitung von Rost gut erkennen lässt“, empfahl Dr. Benno Baumgarten, Stellvertretender Direktor des Naturkundemuseums Südtirol, der bei den Versuchen beratend tätig war.

Das ca. 42 g schwere Fragment des Meteoriten wurde trocken zerteilt, um eine Test- und eine Referenzprobe zu erhalten (Abb. 1). Bei dem Material handelt es sich um eine Eisen-Nickel-Legierung, welche in normaler Raumluft schnell zu oxidieren beginnt und daher entweder sehr trocken gelagert oder gesondert geschützt werden muss.

Zur Überprüfung der Beständigkeit der Beschichtung und ihrer Schutzwirkung wurde eine der beiden Hälften mit der Pulverschicht versehen und zusammen mit der unbehandelten Hälfte für 5 Tage in einer feuchten Atmosphäre (40 °C, mindestens 95 % r.h.) gelagert. Nach dieser Zeit ist bereits mit bloßem Auge (Abb. 1) und ganz besonders mikroskopisch (Abb. 2) ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Probestücken zu erkennen. Nicht nur auf den Außenflächen, sondern vor allem den frischen Schnittflächen ist die Wirkung des Schutzmantels sehr gut erkennbar.

Insbesondere an den Mikrorissen, die sich aufgrund der thermischen Belastung beim Atmosphäreneintritt bis in die inneren Bereiche des Meteoritenkörpers bilden, sind die Korrosionserscheinungen besonders ausgeprägt.

An diesen Stellen besteht noch Optimierungsbedarf bei der Beschichtung hinsichtlich der Abdeckung. Zusätzlich konnten Röntgenfluoreszenzanalysen der korrodierten Stellen (besonders der Ausblühungen, an diesen Rissen) Anwesenheit von Chlor, belegen. Dieser Umstand lässt vermuten, dass während der ca. 5000 Jahre Lagerung im Erdboden salzhaltige Verbindungen in die Mikrorisse eingedrungen sein könnten und daher, durch Bildung von Lösungen in feuchter Atmosphäre, die Korrosion im Umfeld der Risse beschleunigen.

Die korrosive Wirkung von Salzwasser ist weithin bekannt. Dennoch ist die Korrosion an den vollständig ungeschützten Rissen deutlich stärker. Dieses Resultat ebnet den Weg, mit einer weiteren Optimierung des Auftragsverfahrens, als auch des Beschichtungsmaterials selbst, zu einer vollständigen Schutzwirkung zu kommen.

Über INNOVENT

Die Industrieforschungseinrichtung INNOVENT e.V. analysiert, forscht und entwickelt seit 25 Jahren in den Bereichen Oberflächentechnik, Magnetisch-Optische Systeme und Biomaterialen. Das Institut aus Jena beschäftigt etwa 130 Mitarbeiter, leitet verschiedene Netzwerke und führt bundesweit Fachtagungen durch. INNOVENT ist Gründungsmitglied der Deutschen Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse.

INNOVENT e.V.
Dr. Arnd Schimanski
Bereichsleiter Oberflächentechnik
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