Optische Filter und Spiegel aus dem Tintenstrahldrucker
Teleskop, Lichtschranke, Kamera, Lasermesstechnik oder Smartphone: In vielen Geräten und Systemen sorgen optische Filter dafür, dass abhängig von der Wellenlänge Licht reflektiert oder transmittiert wird. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben neue Materialien und eine neue Prozesstechnik entwickelt, um solche Filter mit dem Tintenstrahldrucker herzustellen.
Das kostengünstige und energiesparsame Fertigungsverfahren zeigen sie vom 17. bis 21. April bei der Hannover Messe 2023 (Future Hub, Halle 2, Stand B45).
„Optische Spiegel und Filter werden überall gebraucht, wo mit Licht gearbeitet wird“, erläutert Professor Uli Lemmer, Leiter des Lichttechnischen Instituts (LTI) des KIT. „Gefertigt werden sie bislang jedoch in komplexen Vakuumanlagen, die viel Energie und Material verbrauchen und einen vergleichsweise niedrigen Durchsatz haben.“ Optische Filter bestehen aus vielen nanometerdünnen, übereinanderliegenden Schichten, die aus zwei Materialien mit einer unterschiedlichen Dicke und einem unterschiedlichen Brechungsindex hergestellt werden. Bei herkömmlichen Produktionsverfahren wird das Material in großen Anlagen bei hohen Temperaturen großflächig aufgedampft – ein Prozess, der energieintensiv ist und bei dem viel Material verloren geht.
Optische Filter aus dem Tintenstrahldrucker
Mit ihrem neuartigen im Rahmen des Exzellenzclusters „3D Matter Made to Order“ des KIT und der Universität Heidelberg und im Zuge eines Projekts der Baden-Württemberg Stiftung entwickelten Verfahren wollen Lemmer und sein Team die Herstellungskosten senken und die Eigenschaften des Produkts flexibel an die jeweilige Anwendung anpassen. Deswegen stellen die Forschenden die Inkjet Optical Filters (IJPOFs) im Tintenstrahldrucker her. Hierbei nutzen sie zwei unterschiedliche und speziell für diesen Prozess entwickelte Tinten. Die erste wird tropfenweise aufgedruckt, bis die Schicht die gewünschte Dicke hat. Dann wird das Material mittels UV-Licht ausgehärtet. Anschließend wird aus der zweiten Tinte die nächste Schicht nach dem gleichen Verfahren hergestellt. So entsteht der optische Filter aus dem Tintenstrahldrucker Schicht für Schicht aus zwei Materialien, die abwechselnd zum Einsatz kommen.
Passgenaue Produkte für Spezialanwendungen
„Eine Herausforderung ist es dabei, die Druck- und Trocknungsparameter präzise zu bestimmen, vor allem aber die Schichtdicken passgenau zu variieren“, erklärt Lemmer. „Denn die Schichtdicke entscheidet darüber, welche Eigenschaften der Filter hat.“ Das am LTI entwickelte Verfahren eignet sich besonders für Spezialanfertigungen, die in der Regel mit hohen Kosten verbunden sind, weil es für sie bislang keine effizienten Produktionsmöglichkeiten gibt. Einen hohen Bedarf für die Filter aus dem Laserdrucker sehen die Forschenden unter anderem bei spektroskopischen Verfahren in der Medizin, messtechnischen Geräten für die Chemieindustrie oder auch Teleskopen mit einem hohen Reflexionsgrad, die eine große Fläche abdecken müssen.
Hochleistungsspiegel mit ultrahohem Reflexionsgrad
Das neuartige Tintenstrahldruck-Verfahren nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom LTI nicht nur zur Herstellung von optischen Filtern, sondern auch von dielektrischen Spiegeln. Diese Hightech-Spiegel, auch bekannt unter dem Namen „Bragg-Spiegel“, kommen unter anderem in Kamerasystemen, Mikroskopen oder in Sensorsystemen zum Einsatz und leiten dort das Licht mit der richtigen Wellenlänge genau dorthin, wo es gebraucht wird. Mit ihrem ebenfalls im Exzellenzcluster „3D Matter Made to Order“ entwickelten Druckverfahren gelingt es den Forschenden, „Bragg-Spiegel“ aus Nanotinten auf unterschiedlichen Oberflächen zu drucken. Die Filter haben einen ultrahohen Reflexionsgrad von 99 Prozent und maßgeschneiderte optische Eigenschaften. Die Herstellungsmethode eignet sich sowohl für optische Komponenten im Mikrometerbereich, zum Beispiel für Kameras, als auch für große Flächen wie Solarmodule. Gemeinsam mit seinen Promovierenden will Lemmer die innovative Technologie für die Herstellung einer neuen Generation von optischen Filtern und Spiegeln mit einer Ausgründung zum kommerziellen Erfolg führen.
Video „Optische Filter aus dem Tintenstrahldrucker – kostengünstig und anpassbar“: https://www.youtube.com/watch?v=RrBqqIrqc3E
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Margarete Lehné
stellv. Pressesprecherin
Tel.: +49 721 608-41157
margarete lehne∂kit edu
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Verfahrenstechnologie
Dieses Fachgebiet umfasst wissenschaftliche Verfahren zur Änderung von Stoffeigenschaften (Zerkleinern, Kühlen, etc.), Stoffzusammensetzungen (Filtration, Destillation, etc.) und Stoffarten (Oxidation, Hydrierung, etc.).
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Trenntechnologie, Lasertechnologie, Messtechnik, Robotertechnik, Prüftechnik, Beschichtungsverfahren und Analyseverfahren.
Neueste Beiträge
Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik
Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…
Datensammler am Meeresgrund
Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…
Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert
Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…