„Backbone PI“: Die Schiene als Rückgrat des modernen Verkehrs

Die Digitalisierung ist der Schlüssel, um die Schiene fit für die Zukunft zu machen.
ÖBB RCG/David Payr

Forschungspartner unter der Leitung von Fraunhofer Austria entwickelten Modelle, die die Bahn konkurrenzfähiger machen | Projekt zur verbesserten Flottenplanung erfolgreich abgeschlossen.

Das Physical Internet und der synchromodale Verkehr sind die Hoffnungsträger, die den Verkehr der Zukunft effizienter und klimafreundlicher machen sollen. Kommen diese Konzepte zur Anwendung, nehmen Warensendungen den optimalen Weg durch das Verkehrsnetz und wechseln dabei immer auf das jeweils am besten geeignete Transportmittel. Flexibilität in der Planung ist dabei allerdings das Um und Auf.

Dem gegenüber steht hingegen die Tatsache, dass die Planung des Güterwagenportfolios und des zugehörigen Equipments bei Eisenbahnverkehrsunternehmen eine äußerst komplexe Angelegenheit ist, bei der Planungsentscheidungen teilweise Jahre im Voraus getroffen werden müssen. Forscherinnen und Forscher haben im FFG-geförderten Projekt „Backbone PI“ nun die Digitalisierung dieser Prozesse vorangetrieben und Modelle entwickelt, die die Planung der Kapazitäten schneller, einfacher und flexibler machen. So soll sich die Schiene zum Rückgrat des modernen Verkehrs entwickeln können.

„Soll unser Gütertransport klimafreundlicher werden, so wird kein Weg an der Bahn vorbeiführen. Das Ziel muss daher sein, sie langfristig stärker in moderne Güterverkehrskonzepte einzubinden und, um dies zu ermöglichen, ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Straße zu erhöhen. Da die Portfolioplanung leider lange Vorlaufzeiten erfordert, haben wir im Projekt Methoden entwickelt, um sie flexibler, einfacher und auch transparenter zu gestalten. Grundlage für all das war auf jeden Fall die Digitalisierung, die wir stark vorangetrieben haben. Die Digitalisierung ist der Schlüssel, um die Schiene fit für die Zukunft zu machen“, erklärt Projektleiter Georg Schett von Fraunhofer Austria das Projekt.

Bei der Planung einer Güterwagenflotte sind sowohl operative, taktische als auch strategische Aspekte zu berücksichtigen. Auf operativer Ebene muss sichergestellt werden, dass der richtige Wagen zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Je nach Art der Fracht können nur gewisse Wagentypen bzw. spezifisches Equipment für den Transport eingesetzt werden. Darüber hinaus müssen Wegzeiten je nach Route sowie Be- und Entladezeiten berechnet und Revisionszeiten berücksichtigt werden, um jederzeit den richtigen Wagen zur Verfügung zu haben.

Auf taktischer Ebene müssen saisonale Effekte in der Bedarfsstruktur berücksichtigt werden, die dazu führen, dass Wagen einer bestimmten Type möglicherweise in bestimmten Zeiten des Jahres in größerer Zahl benötigt werden als zu anderen Zeiten. Gleichzeitig sollen ungenutzte Wagenkapazitäten identifiziert und entsprechend vermarktet werden, um anfallende Kosten für die Standzeiten zu minimieren. Auf strategischer Ebene begegnet man der Herausforderung, dass Güterwagen mitunter einen Life Cycle von mehreren Jahrzehnten aufweisen. Entsprechend gut durchdacht, rechtzeitig und immer unter Berücksichtigung des angestrebten Verhältnisses zwischen Eigenwagen und Anmietungen sind Investitionsentscheidungen zu treffen.

Koordiniert von Fraunhofer Austria als Konsortialführer setzten die Projektpartner ÖBB Rail Cargo Group, craftworks und das Forschungsinstitut für Supply Chain Management der Wirtschaftsuniversität Wien an mehreren Punkten an: Ein Flottendimensionierungsmodell ermittelt nun auf Basis der geplanten Transportmengen, wie die optimale Flotte zusammengesetzt sein muss, um allen gewünschten Lieferungen gerecht zu werden. Als Input dafür errechnet ein weiteres Modell Wagenbindezeiten, also wie lange ein Wagen für eine Lieferung im Einsatz sein wird. Ein zusätzliches Programm prognostiziert die durchschnittliche Auslastung von Equipment beim Transport von spezifischen Gütern auf vordefinierten Relationen. All diese in sich abgestimmten Modelle flossen schlussendlich in ein Entscheidungsunterstützungsmodell, welches die Planung des zukünftigen Equipmentportfolios systemisch unterstützt. Die Auswirkungen verschiedener Planungsentscheidungen können automatisiert gegenübergestellt und bewertet werden. Anhand konkreter Anwendungsfälle führen die Projektbeteiligten mit dem entwickelten Demonstrator vor, wie flexibel und einfach die Planung werden kann, wenn die Modelle zur Anwendung kommen.

„Durch das mit den Forschungspartnerinnen und -partnern erarbeitete Konzept zur zukunftsorientierten, integrierten Planung von Wagenressourcen ist es uns gelungen, einen weiteren wichtigen Schritt in der Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse zu erreichen. Eine optimale, bedarfsgerechte Planung ist gerade in einem dynamischen Marktumfeld zwingend erforderlich, um auf Kundenbedürfnisse bestmöglich eingehen zu können und dadurch konkurrenzfähig zu bleiben“, so Sebastian Steininger von der ÖBB Rail Cargo Group.

„Durch die gute Zusammenarbeit mit den Forschungspartnerinnen und -partnern in diesem Projekt hatten wir die Möglichkeit, die bestehenden Planungsprozesse kennenzulernen und diese durch die von uns entwickelten Optimierungsmodelle zu verbessern. Dadurch können die Pläne jetzt viel schneller und genauer erstellt werden, was die Konkurrenzfähigkeit des nachhaltigen Schienenverkehrs weiter erhöht“, fügt Martin Hrušovský vom Forschungsinstitut für Supply Chain Management der WU Wien hinzu.

Ein wichtiger Schritt in Richtung eines konkurrenzfähigeren Gütertransports auf der Schiene und somit eines klimafreundlicheren Verkehrs ist damit getan.

Das Projekt „Backbone PI“ wird im Rahmen des FTI-Programms Mobilität der Zukunft durch das Bundesministerium für Klimaschutz gefördert und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft abgewickelt.

Fraunhofer Austria Research GmbH

Die Fraunhofer Austria Research GmbH wurde Ende 2008 als erste europäische Tochtergesellschaft der Fraunhofer-Gesellschaft gegründet. In den Geschäftsbereichen »Fabrikplanung und Produktionsmanagement«, »Logistik und Supply Chain Management«, und »Advanced Industrial Management« in Wien, im Geschäftsbereich »Visual Computing« in Graz sowie den beiden Fraunhofer Innovationszentren »Digitale Transformation der Industrie« in Tirol und „KI4LIFE“ in Kärnten arbeiten derzeit rund 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an anwendungsorientierten Lösungen zum Nutzen der Wirtschaft und zum Vorteil der Gesellschaft. Forschen für die Praxis ist die zentrale Aufgabe der Fraunhofer-Einrichtungen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

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Projektleiter
Fraunhofer Austria Research GmbH
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Fraunhofer Austria Research GmbH

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