Car Sharing zwischen Ökoprojekt und Dienstleistung


Wenn Car Sharing funktionieren soll, dann muss das Angebot attraktiver werden. Der Zugang zum „geteilten“ Auto muss leichter werden, es müssen flexible Nutzungsmöglichkeiten und vernünftige Kooperationen mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben geschaffen werden. Erst dann werden mehr Menschen das eigene Auto abschaffen. Ein Grund dafür, dass Car Sharing in Deutschland noch immer in den grünen Kinderschuhen steckt, liegt nach einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) vor allem an den eingefahrenen Gewohnheiten der Verkehrsteilnehmer. Aber auch auf Seiten der Anbieter gibt es enorme Hemmnisse.

Mit sieben Millionen potentiellen Kunden rechnen neuere Studien für Deutschland. Doch auch mehr als zehn Jahre nach der Gründung der ersten Unternehmen sind es gerade einmal 40.000 Menschen, die sich Autos teilen. Anders ist es in der Schweiz, wo die Zahl der Kunden schneller wächst: Hier konnte Car Sharing, das in der Hand eines einzigen Anbieters mit mittlerweile 38.500 Kunden liegt, in Zusammenarbeit mit der Schweizer Bundesbahn und vielen Verkehrsbetrieben als professionelle Dienstleistung etabliert werden.

Den deutschen Car Sharing-Organisationen gelingt der Schritt vom Ökoprojekt zum modernen Service-Anbieter nur ganz allmählich, denn das Angebot der mehr als 80 Unternehmen ist zersplittert und un-einheitlich. Zudem gibt es nur teilweise Kooperationen mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben. Kein Wunder, dass der Wechsel vom eigenen Auto zum Car Sharing schwerfällt: Laut WZB-Studie von Sas-sa Franke wird ein neues Verkehrsmittel nämlich nur dann akzeptiert, wenn es ohne hohen Planungs-Aufwand genutzt werden kann.

Das eigene Auto ist heute immer noch das bequemste Verkehrsmittel. Es ermöglicht Mobilität, ohne darüber nachdenken und ohne planen zu müssen. Das eingespielte Verhalten wirkt entlastend, denn Routine vermindert die alltägliche Komplexität der Welt. Erst wenn das eigene Auto alltags nicht mehr gewohnheitsmäßig genutzt wird, sondern die Mehrzahl der Wege mit Bus, Bahn oder Fahrrad zurück-gelegt und das Auto ergänzend nur noch für ganz bestimmte Fahrten gebraucht wird, ist ein Umstieg auf Car Sharing möglich.

Damit Car Sharing für eine breite Klientel attraktiv wird, muss es sich zu einer routinemäßig nutzbaren Dienstleistung entwickeln. Dazu muss der Zugang zum Car Sharing-Angebot erleichtert, flexible Nutzungsmöglichkeiten angeboten und die Dienstleistung in das gesamte Verkehrssystem weitgehend integriert werden. Dies setzt – nach dem Vorbild der Schweiz – insbesondere die enge Zusammenarbeit mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben voraus. Erst dann bietet die Idee des Autoteilens auch hierzulande eine Alternative zum privaten Pkw-Besitz.


Weitere Informationen:
Dr. Sassa Franke (WZB), Telefon: 030-25 49 12 05
E-Mail: Franke@medea.wz-berlin.de


„Die Macht der Gewohnheit“, in: WZB-Mitteilungen, Heft 90, Dezember 2000, S. 19 – 22

Sassa Franke, Car Sharing zwischen Ökoprojekt und Dienstleistung, Berlin: edition sigma 2001, 222 S.

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Burckhard Wiebe idw

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