"Großer Schub" durch Transrapid von Berlin nach Warschau
Aber Hessen hat Berlin im Blick auf Polen auf vielen Feldern der Zusammenarbeit längst abgehängt – Das Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung und die Berliner Versäumnisse
BERLIN. „Ein Transrapid zwischen Berlin und Warschau könnte einen gewaltigen Schub auslösen,“ ist Hans Joachim Kujath, der stellvertretende Direktor des zur Leibniz-Gemeinschaft gehörenden Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner bei Berlin, überzeugt. Vor allem wirtschaftlich. Doch das wird ein Traum bleiben. Abgesehen von der EC-Bahnverbindung nach Warschau bewegen sich derzeitig lediglich Regionalzüge der Deutschen Bahn Richtung Westpolen mit 80 km/h. Für den engagierten Stadt- und Raumplaner Kujath zugleich ein Zeichen für verpasste Chancen im Blick auf die 2004 bevorstehende Osterweiterung der Europäischen Union (EU).
Kujath: „Leider werden in Berlin und Brandenburg die praktischen strategischen Optionen, die sich für eine Metropolregion in Grenzlage zu Osteuropa ergeben, von den politischen Akteuren bisher kaum gesehen und genutzt. Trotz aller Sonntagsreden über die Chancen der Osterweiterung.“ Dagegen habe das grenzferne Hessen den Berlinern und Brandenburgern bereits auf vielen Feldern den Rang abgelaufen. Schon in den neunziger Jahren habe sich Hessen um ein dichtes Netzwerk von Partnerschaften mit Wirtschaftskammern, Wirtschaftsförderungsstellen, Messegesellschaften, Flughäfen und Wojewodschafts-Ämtern (Verwaltungen der Regierungsbezirke) in allen großen Städten Polens bemüht.
Das gilt nicht zuletzt für Poznan (Posen), wo es seit 1996 ein Kooperationszentrum Hessen-Polen gibt. Für Hans Joachim Kujath steht fest: „Frankfurt/Main und nicht Berlin profiliert sich derzeit zu einer Drehscheibe für Osteuropa.“ Und das, obwohl Westpolen eigentlich nach Berlin schaue und sich große Hoffnungen mache, dort Abnehmer für seine Produkte zu finden. Immerhin handelt es sich bei Berlin-Brandenburg-Westpolen um eine Region von rund acht Millionen Menschen – „größer als mancher Mitgliedsstaat in der EU“ (Kujath).
Woran liegt es, dass sich Berlin und Brandenburg so wenig um ihre Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Westpolen kümmern? Zum einen, weil Flughafen und Messe in Frankfurt intakt sind, in Berlin aber kränkeln, gibt der stellvertretende IRS-Direktor zu bedenken. Dazu kommt, dass Berlin und Brandenburg vor allem mit den eigenen Problemen beschäftigt seien und sie offensichtlich keine Kraft für das Morgen hätten – im Gegensatz zu den anderen großen Städten und Regionen, die längst ihre europäischen Nachbarn fest im Blick haben. Von München bis Hamburg, von Frankfurt bis Düsseldorf, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Auch in der Bevölkerung gibt es nach wie vor manche Vorbehalte gegenüber dem künftigen EU-Land Polen, wobei die positiven Aspekte aus der Sicht Kujaths meist viel zu kurz kommen. Berlin-Brandenburg-Westpolen müsse endlich als eine Zukunftsregion begriffen werden, die viele Chancen in sich berge. Keineswegs nur wirtschaftliche. Und was spricht aus Berliner Sicht dagegen, etwa die Hafenstadt Stettin auch als Hafenstadt der deutschen Hauptstadt zu nutzen? Allerdings sind dazu mehr Visionen als Ängste, mehr Bereitschaft zum Wagnis als Furcht vor dem Risiko und nicht zuletzt Investitionen notwendig.
Gleichzeitig muss Berlin mehr als bislang seine Stärken ins Spiel bringen, ist Hans Joachim Kujath überzeugt. Dazu zählen aus seiner Sicht sowohl der Wissenschafts- und Forschungsstandort als auch das Dienstleistungszentrum Berlin. Während die Westpolen sich durch ein großes Interesse an Berlin auszeichnen, haben die Berliner weniger Interesse an Posen oder Stettin. Nur wenn sich das ändere und man Berlin-Brandenburg-Westpolen als europäische Großregion mit ihren großen wirtschaftlichen und kulturellen Chancen begreife, würde die Bundeshauptstadt aus der Sicht des IRS-Forschers Kujath besonders stark profitieren. Viel Zeit bleibe nicht mehr.
Am 27. und 28. Februar veranstaltet das IRS in seinem Institut in Erkner eine Fachtagung unter dem Thema „Knoten im Netz – Zur neuen Rolle der Metropolregionen in der Dienstleistungswirtschaft und Wissensökonomie.“ Informationen unter Tel. 03362 – 7930.
Kontakt:
Dr. Frank Stäudner
Tel: 030 – 206049-42
Fax: 030 – 206049-55
E-Mail: staudner@wgl.de
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