Wie kommt das Pflaster ins Krankenhaus?
Universität Hannover entwickelt Konzept für zentrales Kliniklager
Wie kommt das Pflaster ins Krankenhaus und der Gips in die Klinik? Ein neues Projekt, das jährlich 1,7 Millionen Fahrkilo-meter spart und Verkehrsentlastung an sieben Klinikstandorten bringt, wurde vom Fachgebiet Lager- und Transportsysteme der Universität Hannover entwickelt. Seit Juni beziehen jetzt sechs Klinikstandorte des Klinikum Hannover und das Kinderkrankenhaus auf der Bult ihre Medizinprodukte sowie ihren Verwal-tungs- und Wirtschaftsbedarf aus einem Logistikzentrum. Das bedeutet Einsparungen von 30 Prozent bei den Logistikkosten. In einer 2800 Quadratmeter großen Halle der Firma Rhenus Logistics lagern Windeln, Plastikhandschuhe, Desinfektionsmittel, Pflaster und Verbandsmaterial abrufbereit, die individuell gepackt in Mehrwegbehälter täglich zu den sieben Kliniken ge-bracht werden. Die Stationen bestellen direkt per Fax oder Computer.
„Der Vorteil ist offensichtlich; hält jede Klinik ihr einiges Lager für diese Produkte vor, fahren täglich bis zu 40 Lieferanten die Klinik an, Verkehrsprobleme rund um das Klinikgelände sind programmiert“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Lothar Schulze, Leiter des Fachgebietes Lager- und Transportsysteme. Im Logistikzentrum kommt es zudem zu weniger Umweltbelastung, weil die Lieferanten Großpackungen anliefern können und nur einmal in der Woche das Lager, stellvertretend für die sieben Kliniken, anfahren. Ein bundesweit einmaliges Logistikprojekt haben die hannoverschen Forscher damit etabliert.
Vier Jahre dauerte die Entwicklung durch die Universität Han-nover und die Arbeitsgemeinschaft der beteiligten Krankenhäu-ser. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das durch den TÜV Energie und Umwelt GmbH, Köln, als Projekt-träger vertreten wird, förderte das Forschungsvorhaben „Verkehrsvermeidende Versorgungslogistik am Beispiel Krankenhäuser“ mit mehr als 600 000 Mark über drei Jahre.
Das Forschungsprojekt ist für die Wissenschaftler noch nicht abgeschlossen, die Ergebnisse aus den Raum Hannover wer-den auch bewertet und im Herbst 2002 soll das Projekt mit ei-nem Handlungsleitfaden zur Etablierung von Logistikzentren in der Krankenhausversorgung beendet sein. Schulze: „In einem Umkreis von 50 Kilometern sind in unserem Bereich 40 Krankenhäuser. Unser Konzept ist ein offenes System, das heißt, es können sich weitere Krankenhäuser beteiligen. Je mehr mitmachen, desto geringer werden die Kosten je Teilnehmer.“ Schon jetzt sind es Krankenhäuser verschiedener Träger, aber auch Arztpraxen, Pflege- und Altenheime könnten sich noch an-schließen. „Ein weiterer Kostenfaktor ist das Personal in den klinikeigenen Lagern. Im Klinikum wurde es eingespart, jedoch gab es keine Kündigungen. Die Mitarbeiter sind an anderen Stellen eingesetzt worden“, freut sich Schulze. Langfristig wer-den hier Einsparungen zu verbuchen sein.
Doch die Wissenschaftler haben bereits Zukunftsvisionen, um die Krankenhäuser noch wirtschaftlicher zu betreiben. „Wenn die Krankenhäuser erst bei der Auslieferung in das Krankenhaus die Ware bezahlen, so wie in der Autozuliefererindustrie, dann treten die Kosten auch wirklich erst beim Verbrauch auf und nicht eher“, meint Dipl.-Ing. Roland Vogelsang, wissenschaftlicher Mitarbeiter, der das Projekt mitbetreut. Das „welt-weite Projekt der EXPO“ ist in Fachkreisen bereits weit über die Grenzen Hannovers hinaus bekannt. „Mich erreichen immer wieder Anfragen zu diesem Vorhaben, in Kiel, Berlin und München haben wir ähnliche Aufgaben“, sagt Schulze. Der Bundesvereinigung für Logistik war das Ergebnis der Forscher den „Preis für Logistik und Umwelt des Jahres 2000“ wert.
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