Modernste DB-Messtechnik bescheinigt Gleisbauern "saubere Arbeit"
ICE 3 Piste Köln-Rhein-Main besteht erste Nagelprobe
Maßarbeit am Gleis für Tempo 300. Das bestätigen Präzisionsmessungen des mit modernster Technik ausgestatteten Oberbau-Messzugs der DB Netz AG auf der Neubaustrecke Köln-Frankfurt/Main. Der aus zwei Mess- und einem Begleitwagen sowie zwei Loks bestehende Zug hatte die überwiegend in Fester Fahrbahn ausgeführte künftige ICE 3-Rennpiste am 12. August 2001 erstmals in einem Stück befahren und deren Gleisgeometrie eingehend geprüft. Die Messfahrt bildete den Auftakt für das umfangreiche Abnahme- und Zulassungsprogramm, mit dem DB Netz und das Forschungs- und Technologiezentrum (FTZ) Minden der DB gemeinsam die Inbetriebnahme der insgesamt 177 km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke zum Fahrplanwechsel im Dezember 2002 vorbereiten. Neben weiteren Messungen am Gleis bei Geschwindigkeiten von bis zu 330 km/h erfolgen bis Ende April nächsten Jahres alle vom Eisenbahn-Bundesamt vorgeschriebenen signal- und sicherungstechnischen Prüffahrten sowie die Abnahme der Fahrleitung.
„Für uns war das heute ein besonderer Tag. Wir sind der erste Zug, der die Neubaustrecke zwischen Köln und Frankfurt/Main durchgehend befahren hat“, sagte Diplom-Physiker Herbert Zück, bei DB Netz in Minden Leiter der Fahrwegmessung. Mit der ersten Online-Auswertung der von den Gleislagesensoren an Bord des Messzuges gewonnenen Daten zeigte sich Zück zufrieden: „Bis auf wenige, aber ganz normale Ausnahmen wurden alle Sollwerte eingehalten“. Anschließend erhalte das FTZ Minden das Datenmaterial zur genaueren spezifischen Auswertung. Im Mittelpunkt stehen dann umfassende Berechnungen zum Fahrkomfort, zur Sicherheit und zu den Auswirkungen auf die Instandhaltung des Oberbaus der Neubaustrecke, unterstrich der Leiter Fahrwegmessung. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Gleiswelligkeit in horizontaler und vertikaler Richtung. Treten dort Fehler auf, können sie sich über große Distanzen negativ auf die Qualität des Fahrkomforts auswirken. Herbert Zück: „Wir vom Netz sind stolz auf die gute Zusammenarbeit mit dem FTZ“.
Bei den Oberbau-Messungen auf der Neubaustrecke Köln-Rhein/Main handelt es sich schon aus Sicherheitsgründen um Präzisionsarbeit im Millimeterbereich. Als erste deutsche Bahnstrecke, die ausschließlich Hochgeschwindigkeitszügen vorbehalten bleibt, verläuft sie durch 30 Tunnel, über 18 Talbrücken und weist von den ICE der ersten und zweiten Generation nicht befahrbare Steigungen von maximal 40 Promille auf. Ihre Trasse wurde für eine fahrplanmäßige Geschwindigkeit von 300 km/h ausgelegt. Das Gleisbett entstand erstmals bei einer Neubaustrecke in Deutschland auf einer Länge von rund 158 km als sogenannte Feste Fahrbahn. Dabei ruht der Gleisrost statt im herkömmlichen Schotterbett auf einer Tragschicht aus Beton und Stahl. Diese Oberbauart gewährleistet eine gleichbleibende Höhenlage der Gleise und reduziert deutlich Schwingungen. Die Feste Fahrbahn verringert den Wartungs- und Instandhaltungsaufwand und erlaubt überhaupt erst Reisegeschwindigkeiten von 300 km/h ohne Einbußen beim Fahrkomfort.
Der mit Messtechnik im Wert von knapp 4 Mio. DM ausgerüstete Oberbau-Messzug nimmt alle entscheidenden Gleisparameter der neu errichteten ICE-Rollbahn unter die Lupe. Er misst deren Spurweite, den horizontalen Abstand zwischen rechter und linker Schiene, die gegenseitige Höhenlage, die Schienenkrümmung sowie die Abweichung der ermittelten Gleisgeometrie von der geplanten Trassierung, bezogen auf die linke und rechte Schiene in horizontaler und vertikaler Position. Mit Hilfe von über 30 Sensoren, darunter an den Achslagern befestigte Lasersysteme tastet der Oberbau-Messzug dazu jedes Schienenpaar in unmittelbarer Nähe zum Berührungspunkt von Rad und Schiene von oben und seitlich ab. Als Bezugspunkt dient ein permanent per Satellit kalibriertes Kreiselsystem, das dem auf Schiffen eingesetzten Kreiselkompass ähnelt. Alle 16 cm gleichen überdies zusätzliche Messungen das Spiel zwischen dem im Wagenkasten montierten Kreisel und den Achslagersensoren aus. Die bei den Messungen zulässigen Abweichungen zwischen vorgefundener und geplanter Gleislage betragen ± 4 mm, für die gegenseitige Höhenlage ± 3 mm.
Während der Oberbau-Messzug die Strecke am 12. August zunächst nur mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h prüfte, sieht der Streckenzulassungsfahrplan bereits im Oktober, Dezember und Januar Messfahrten des besonders für Schnellfahrversuche ausgerüsteten ICE S vor. Der Triebzug befährt dabei die beiden Streckengleise Köln – Frankfurt/Main und Frankfurt/Main – Köln jeweils in Haupt- und Gegenrichtung sowohl mit 230 als auch mit 330 Stundenkilometer. Ebenfalls im Spätherbst laufen die Testfahrten mit dem ICE 3 an – zunächst in Einfach-, später in Doppeltraktion. Sie dienen der Erprobung der signaltechnischen Anlagen, des Zusammenspiels von Signalisierung und Fahrzeugbremsen und der Oberleitungsabnahme. Gleichzeitig prüft das ETCS-Testcar des FTZ die für das im Aufbau befindliche europäische Betriebsleit- und Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System) hergerichteten Kommunikations- und Streckeneinrichtungen.
Die ICE 3-Trasse durchquert Siebengebirge, Westerwald und Taunus wie eine Berg- und Talbahn weitgehend parallel zur Autobahn A 3. Abzweigungen und Schleifen binden den Flughafen Köln/Bonn und die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden an die Magistrale an. Die Schnellfahrstrecke entlastet die kurvenreiche linksrheinische Bahnstrecke über Koblenz und Mainz und verkürzt die Reisezeiten zwischen Köln und Frankfurt/Main von 133 Minuten auf knapp 59 Minuten. Mit 5 Zugpaaren je Stunde und Richtung sowie mit einer prognostizierten Jahreskapazität von 20-25 Mio. Reisende stellt die Verbindung eine umweltschonende Alternative zur Fahrt mit dem Pkw dar.
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