Fahrende Schallschutzwände
Ingenieure der TU Berlin entwickelten eine Konstruktion, die Berlins S-Bahn noch leiser macht
Seit Herbst 2004 ist die Berliner S-Bahn mit 1000 Wagen der modernsten Baureihe 481 ausgestattet, die selbstredend den geltenden Lärmschutzregelungen entsprechen. Dennoch möchte der Berliner Senat bei den modernen Zügen das Anfahrt- und Bremsgeräusch um 5 Dezibel verringern. Ziel der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist es, die Lärmbelästigung der Anwohner in Nähe der
S-Bahn-Stationen weiter zu vermindern.
Eine Aufgabe wie maßgeschneidert für das Fachgebiet Schienenfahrzeuge von Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die Akustik von Schienenfahrzeugen. In diesem Forschungsfeld werden unter anderem durch Geräuschanalysen die lärmverursachenden Quellen identifiziert und darauf aufbauend konstruktive Lärmminderungsvorschläge erarbeitet.
„Wir haben das Know-how, um für solche vom Berliner Senat gestellten Aufgaben die notwendigen Berechnungen und Messungen durchzuführen und auszuwerten“, sagt Professor Hecht. Er bewarb sich um den Auftrag und erhielt ihn. Hecht bot Senat und S-Bahn an, eine Konstruktion zu entwickeln und einen Prototyp mit den schallmindernden Maßnahmen auszurüsten.
Das S-Bahn-typische Anfahrts- und Bremsgeräusch entsteht durch die Ansteuerung der Drehstrom-Motoren. Die Untersuchungen ergaben, dass der Lärmpegel beim Anfahren und Bremsen weniger durch die Motoren verursacht wird, sondern vielmehr durch das Triebdrehgestell, da es für die Motorenschwingungen wie ein Resonanzkörper wirkt und die Geräusche verstärkt beziehungsweise abstrahlt.
Als Ergebnis dieser Analyse wurden zum einen die Triebdrehgestelle an besonderen Bereichen mit schwingungsminderndem Material versehen und zum anderen Schallschürzen entwickelt, die seitlich am Triebdrehgestell angebracht werden. So fungieren sie quasi als fahrende Schallschutzwände. Diese Schallschürzen, in den Werkstätten der TU Berlin gebaut, sind vorerst aus Metall und einseitig ebenfalls mit einem schall-dämpfenden Schaumstoff ausgestattet. Die Schallschürzen wirken abschirmend, indem sie einen Teil des Antriebsschalls selbst schlucken und einen anderen durch Reflexion zurück in das Drehgestell und zum absorbierenden Schotter werfen.
Um zu testen, ob die Schallschürzen den gewünschten Effekt erzielen, wurden zwei Wagen einer S-Bahn an drei Triebdrehgestellen beidseitig mit solchen Schallschürzen versehen. Die Messungen des Prototyps im Frühjahr dieses Jahres auf dem S-Bahn-Prüfgleis in Berlin-Schöneweide ergaben, dass die gewünschte Absenkung des Lärmpegels sowohl beim Fahren mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten als auch bei Anfahrt und beim Bremsen möglich ist.
Bevor die modernen Züge mit diesen Schallschürzen ausgestattet werden können, sind Fragen der Sicherheit, vor allem aber Fragen der Finanzierung zu klären.
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht, Fachgebiet Schienenfahrzeuge am Institut für Land- und Seeverkehr der TU Berlin, Tel.: 030/314-25195, E-Mail: Markus.Hecht@tu-berlin.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.tu-berlin.de/~schienenfahrzeuge http://www.tu-berlin.de/presse/pi/2005/pi158.htmAlle Nachrichten aus der Kategorie: Verkehr Logistik
Von allen Aktivitäten zur physischen Raum- und Zeitüberbrückung von Gütern und Personen, einschließlich deren Umgruppierung – beginnend beim Lieferanten, durch die betrieblichen Wertschöpfungsstufen, bis zur Auslieferung der Produkte beim Kunden, inklusive der Abfallentsorgung und des Recyclings.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Verkehrstelematik, Maut, Verkehrsmanagementsysteme, Routenplanung, Transrapid, Verkehrsinfrastruktur, Flugsicherheit, Transporttechnik, Transportlogistik, Produktionslogistik und Mobilität.
Neueste Beiträge
Wirksamkeit von Metformin zur primären Krebsprävention
Eine Studie der Deutschen Krebshilfe bietet Menschen mit Li-Fraumeni-Syndrom neue präventive Strategien: Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) untersuchen in einer neuen Wirksamkeitsstudie erstmals, ob das krebsfreie Überleben bei LFS-Betroffenen…
Innovative Algorithmen für eine nachhaltige und flexible KI
Die Entwicklung und der Einsatz künstlicher Intelligenz verschlingen jede Menge Ressourcen. Das neue BMBF-geförderte Forschungsprojekt COMFORT will das ändern. Verantwortlich dafür ist der Würzburger Mathematiker Leon Bungert. Keine Frage: Das…
Neue Rezeptur für Gleistragplatten
Mit einem Material aus recycelten Kunststoffen und alten Rotorblättern soll die betonlastige Eisenbahninfrastruktur in Deutschland modernisiert werden. Sie unterhalten sich über Mischungen, Mischungsverhältnisse und Zusatzstoffe und es klingt, als seien…