"Stuttgarter Logistikkostenmodell": Gezielte Ursachenermittlung und -beseitigung von Logistikkosten
Das vom Fraunhofer IPA entwickelte Stuttgarter Logistikkostenmodell unterstützt Unternehmen, Logistikkosten systematisch zu identifizieren und zu reduzieren.
Während die operativen Logistikprozesse im Rahmen des Supply-Chain-Managements kontinuierlich weiterentwickelt wurden, um den Herausforderungen in Logistiknetzwerken zu begegnen, sind die heutigen Modelle zur Erfassung der Logistikkosten noch ungenügend. So hat Holger Barthel, Leiter der Abteilung Unternehmenslogistik am Fraunhofer IPA, in den letzten Jahren in vielen Projekten festgestellt, „dass die Logistiker Probleme haben, die Ursachen für ihre Kosten zu erkennen und diese positiv zu beeinflussen“. Dabei sind sich Unternehmen des hohen Anteils an Logistikkosten durchaus bewusst, welche, abhängig von der Branche, bis zu 30 Prozent der Herstellkosten betragen können. Trotz dieses hohen Kostenanteils fehlen Unternehmen die Instrumente zur übersichtlichen Strukturierung und Darstellung aller anfallenden Logistikkosten, um diese ganzheitlich optimieren zu können.
Die meisten Unternehmen besitzen kein logistisches Kennzahlensystem,
welches ihnen erlaubt,
– die Qualität der Abläufe tagesaktuell zu prüfen und basierend darauf, steuernd einzugreifen
– sowie die Leistungsfähigkeit der logistischen Abläufe und Kenngrößen im Vergleich zum „Stand der Technik“ in der Logistik bzw. zum Wettbewerb zu benchmarken.
Außerdem fehlen geeignete Systematiken zur eindeutigen Darstellung finanzieller und logistischer Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Dadurch kann der Handlungsspielraum zur Optimierung der Logistikkosten nicht klar identifiziert werden.
Vor diesem Hintergrund wurde am Fraunhofer IPA das „Stuttgarter Logistikkostenmodell“ entwickelt. Damit sollen Unternehmen systematisch
– bei der Identifikation ihrer tatsächlichen Logistikkosten,
– der für diese Logistikkosten relevanten Ursachen sowie
– bei der Findung potenzieller Maßnahmen zur Reduzierung der identifizierten Kosten unterstützt werden.
„Absolut neu an unserem Vorgehen ist unsere durchgängige Betrachtungsweise: Kosten ? Ursache ? Maßnahme ? sowie das verbindende Element von Logistikprozess zu finanzbuchhalterischer Kostenstruktur“, erklärt Barthel den wesentlichen Innovationsgrad im Modell.
Die systematische Vorgehensweise des „Stuttgarter Logistikkostenmodells“ lässt sich in fünf Projektphasen unterteilen. Zur effizienteren Bearbeitung der Projekte steht den Fraunhofer IPA Experten ein zusätzlich entwickeltes Software-Werkzeug zur Verfügung (siehe Bild 1). Diese Software bildet die fünf Kernelemente anwenderfreundlich und interaktiv ab und schafft dadurch eine transparentere Vorgehensweise im Projekt für den Kunden.
Um den Unternehmen, bei der Identifikation ihrer tatsächlichen Logistikkosten, eine systematische Unterstützung zu gewährleisten, werden alle im Controlling erfassten Logistikkosten einzelnen Prozessbausteine oder zusammengefassten Bausteingruppen zugeordnet. Es ist deshalb notwendig, die ersten beiden Projektphasen, Logistikprozessmodellierung und Kostenstrukturerfassung,
parallel zu bearbeiten. In der ersten Projektphase sind alle Hauptgeschäfts-prozesse zu identifizieren, zu analysieren und zu dokumentieren. Anschließend werden alle logistikostenrelevanten Konten der Finanzbuchhaltung analysiert und dokumentiert. Des Weiteren findet eine Separation zwischen eigen- und fremderzeugten Logistikkosten statt. Die Basis hierfür bilden die in der ersten Projektphase identifizierten Hauptgeschäftsprozesse. Abschließend werden die in den zwei Projektphasen aggregierten Informationen zusammengefasst und stellen somit eine Zuordnung zwischen den Logistikkosten und den einzelnen Prozessbausteine oder zusammengefassten Bausteingruppen dar.
Ausgehend von den Erkenntnissen aus der Logistikprozessmodellierung und Kostenstrukturerfassung, erfolgt in der dritten Projektphase die Logistikkostenanalyse. Hierin werden alle logistikostenrelevanten Konten der Finanzbuchhaltung analysiert und im Anschluss ein Benchmark durchgeführt. Mittels eines überbetrieblichen Kennzahlenvergleichs wird dieser Schritt auf Ebene jedes einzelnen Prozessbausteins durchgeführt. Zur Gewährleistung einer entsprechenden Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen, erfolgt vorab eine Prozessklassifizierung anhand spezifischer logistischer Merkmale. Als Ergebnis können die Qualität der Prozesse und Kenngrößen mit dem „Stand der Technik“ in der Logistik bzw. dem Wettbewerb verglichen und deren Kostenpotenziale ausgewiesen werden.
Beim Ursache-Wirkungsmodell, in der vierten Projektphase, spielt die Identifikation der Kostenursachen bzw. Kostentreiber eine zentrale Rolle. Es erfolgt eine Verknüpfung der Kosten mit den Kostentreibern. Wichtig ist, dass die Logistikkosten nie isoliert betrachtet werden können, sondern immer in Verbindung mit den entsprechenden Logistikleistungen (z.B. Liefertreue, Liefergeschwindigkeit, Lieferflexibilität). Des Weiteren werden die Zusammenhänge zwischen den Logistikkosten und Logistikleistungen dargestellt.
Mittels der am Fraunhofer IPA erstellten Lösungsbaustein-Bibliothek können Alternativszenarien vorgeschlagen und bewertet werden, welche wiederum einen Einfluss auf die Logistikkosten sowie die Logistikleistungen haben. Durch die Berücksichtigung von Umsetzungsaufwand (in Euro), der Zeitdauer bis zur ersten Wirkung sowie des Nutzens (in Euro) und Leistung kann jede Maßnahme ganzheitlich betrachtet werden. So wird die Erarbeitung jedes weiteren Vorgehens für die Unternehmen transparenter. Und „wer sein Unternehmen mit effektiven Geschäftprozessen und zukunftssicheren Technologien voranbringen will, für den sollten transparente Kosten auf Prozessebene kein rotes Tuch sein“, meint Barthel und resümiert: „Erfahrungsgemäß lassen sich bei mittelständischen produzierenden Unternehmen durch den Einsatz des Modells die Logistikkosten um mindestens 10 bis 15 Prozent senken.“
Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
Dipl.-Betrw. (BA) Silvia Körber
Telefon: +49(0)711/970-1985
E-Mail: silvia.koerber@ipa.fraunhofer.de
Dipl.-Ing. Ralph Schmid
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E-Mail: ralph.schmid@ipa.fraunhofer.de
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