Fraunhofer IGB und IAO entwickeln »Straße der Zukunft« mit Partnerstädten Ludwigsburg und Erlangen

Straße der Zukunft

Viele unserer Straßen sehen nicht nur alt aus, sie sind auch nicht mehr zukunftsfähig. Der Asphalt bröckelt, die Oberfläche ist rissig, Dellen und ganze Löcher lassen sie oft wie einen Flickenteppich aussehen. Doch der Erneuerungsbedarf deutscher Straßen bezieht sich nicht nur auf die Asphaltdecke.

Straße symbolisiert neben Transitfunktion und Flächenversiegelung sehr häufig die Vorherrschaft des Automobils gegenüber anderen Verkehrsteilnehmenden wie Fußgängern, Fahrradfahrern oder dem ÖPNV. Vor dem Hintergrund nachhaltiger und klimafreundlicher Stadt- und Verkehrsentwicklung ist daher jetzt der richtige Zeitpunkt, die Rolle der Straße neu zu überdenken.

Die Straße von morgen ist ressourcenschonend und energieeffizient

Bisher sind Straßen mehr oder weniger glatte graue Pisten, auf denen Fahrzeuge sich von A nach B bewegen können. Doch die Forschung sieht zukünftig sehr viel mehr Potenzial für Straßenflächen vor:

»Straßen sind öffentlicher Raum und müssen viele Funktionen erfüllen, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Dazu gehören z.B. ein gesundes Leben in der Stadt oder soziale Teilhabe« meint Felix Stroh, der das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt »Straße der Zukunft« am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO bearbeitet.

Im Projekt erforscht er gemeinsam mit den Partnern vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, so können Straßen beispielsweise nach Starkregenereignissen Oberflächenwasser sammeln und speichern, Energie erzeugen, Innovationsfläche zur Erprobung neuer Mobilitäts- und Logistiklösungen bieten oder eine Sensorinfrastruktur zur Optimierung von Verkehrsflüssen und zur Messung von Umweltdaten beherbergen.

Wie das Oberflächenwasser auf Straßen effizient genutzt werden kann, untersucht das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB mit seiner langjährigen Erfahrung im Bereich des Wassermanagements. Der Blick richtet sich dabei vor allem auf die Entwicklung von Konzepten für die Speicherung von Regenwasser und für den Hochwasserschutz.

Dabei spielt nicht nur der Transport beziehungsweise die Speicherung des Wassers eine Rolle, sondern auch die Aufbereitung von verschmutztem Wasser. Ein Fokus liegt dabei auf der Frage, wie sich Oberflächenabfluss von Straßen nutzen lässt – etwa zur Bewässerung von Grünanlagen oder zum Spülen von Kanälen. In Zukunft setzt das Team um Dr. Marius Mohr, dem Wasser-Experten am IGB, verstärkt auf die Digitalisierung:

»Mithilfe von neuen Sensoren und intelligenter Informationstechnologie können wir das Monitoring der Quantität und Qualität von Wasser deutlich verbessern – das wiederum eröffnet uns neue Möglichkeiten und Potenziale, um die Ressource Wasser effizienter und somit auch nachhaltiger zu nutzen.«

Ziel des Projektkonsortiums aus Wissenschaft, Wirtschaft und Stadtverwaltung ist es, »Musterstraßen« zu entwerfen, die Kommunen nicht nur aufzeigen, welche Technologien für welche Herausforderungen eingesetzt werden können, sondern auch zu erforschen, wie Straßenplanung und nachhaltige Stadtentwicklung zusammen denken lassen.

Im ersten Schritt ermittelt das Projektteam Zukunftsszenarien und Bedarfe zukünftiger Nutzer sowie Anforderungen an den Straßenraum aus unterschiedlichen Perspektiven wie Mobilität, Ökologie, Ökonomie, Soziales, Technologie, Infrastruktur und Governance. Im Zentrum der Forschung stehen neben den Modellgebieten zweier Extremszenarios: ein grünes, ökologisch geprägtes Nachhaltigkeitsszenario gegenüber einem digital vernetzten und transit-dominierten Straßenraum im Jahr 2030.

Um diesem Zeithorizont gerecht zu werden, ist es wichtig, die Fragen bei der Planung ihrer Straßen zu stellen. Um die Erkenntnisse aus der Szenarioentwicklung in konkrete Maßnahmen für den Straßenraum zu übersetzen und zu implementieren, entwickelt Praxispartner Drees & Sommer einen Katalog aus Maßnahmen und Umsetzungsstrategien.

Musterstraßen im Reallabor: Ludwigsburg und Erlangen als Vorreiter für nachhaltige Straßenflächen

Mit im Boot sind die beiden Partnerstädte Ludwigsburg und Erlangen. Sie dienen als so genannte Reallabore, denn nur im »Echtbetrieb« wird sich herausstellen, welche Herausforderungen sich ergeben, wie die Bürgerinnen und Bürger für das Thema sensibilisiert und mitgenommen werden können und an welchen Stellen Planung und Umsetzung auseinanderklaffen.

Auf Basis der so entstehenden Musterstraßen soll dann ein Gesamtkonzept der nachhaltigen Stadt entstehen, das andere Kommunen übernehmen können. Diese Blaupause gibt den verschiedenen Beteiligten für Stadtentwicklungsprojekte konkrete Empfehlungen und Werkzeuge an die Hand. Diese helfen nicht nur dabei, den spezifischen Bedarfen in den Städten zu begegnen, sondern v.a. auch politische Überzeugungsarbeit leisten zu können und praktische Handlungshilfen für die Steuerung und Umsetzung nachhaltiger Straßenflächen zu geben.

Das Fraunhofer IAO koordiniert das Verbundprojekt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führen regelmäßig Kreativ-Workshops durch, um die Expertise aller Projektpartner zu bündeln und an der richtigen Stelle einzubringen.

Weitere Partner der beteiligten Fraunhofer-Institute sind die Drees & Sommer Infra Consult und Entwicklungsmanagement GmbH, die Stadt Ludwigsburg und die Stadt Erlangen mit der Siemens Real Estate AG. Das Projekt ist im April 2019 gestartet und läuft bis März 2022.

Dr.-Ing. Marius Mohr
Gruppenleiter Bioverfahrenstechnik in der Wasser- und Kreislaufwirtschaft
Nobelstr. 12
70569 Stuttgart
Telefon: +49 711 970-4216
Fax: +49 711 970-4200
E-Mail: marius.mohr@igb.fraunhofer.de

https://www.igb.fraunhofer.de/de/presse-medien/presseinformationen/2019/strasse-…

Media Contact

Dr. Claudia Vorbeck Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB

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