Tatsächliche Arbeitszeiten in NRW gestiegen
Die tatsächlichen Wochenarbeitszeiten der abhängig Beschäftigten in NRW sind gegenüber 1999 um 1.7 Stunden auf 38.4 Stunden gestiegen und liegen damit genau 4 Stunden über den vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten. Dies ergab eine telefonische Repräsentativbefragung des ISO im Jahr 2000 im Auftrag des nordrhein-westfälischen Arbeitsministeriums (MASQT).
Dabei wurden 1500 Erwerbspersonen (1050 abhängig Beschäftigte, 150 Selbständige, 300 Arbeitssuchende) aus Nordrhein-Westfalen (NRW) zu Arbeitszeitformen, Arbeitszeitwünschen und arbeitszeitpolitischen Brennpunkten befragt.
Weitere wichtige Ergebnisse sind:
1. Auch die Überstunden sind im Jahr 2000 in NRW gegenüber dem Vorjahr kräftig angestiegen: Während jede/jeder Beschäftigte im Jahr 1999 insgesamt 2.6 Überstunden pro Woche geleistet hatte (0.9 in Freizeit ausgeglichene, 0.9 bezahlte und 0.8 unbezahlte Überstunden), waren es im Jahr 2000 bereits 4.8 Überstunden, die insgesamt von jeder/ jedem Beschäftigten pro Woche geleistet wurden (1.9 in Freizeit ausgeglichene, 1.6 bezahlte und 1.3 unbezahlte Überstunden). Dieser Befund bekräftigt die jüngst veröffentlichten Überstundenschätzungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (IAB) für das Jahr 2000, das bei bezahlten Überstunden einen Höchststand seit 1995 festgestellt hat.
Wenn man die oben genannten, für NRW im März 2000 ermittelten Befunde auf das Jahr hochrechnet, dann hat jede/jeder abhängige Beschäftigte rund 66 bezahlte und 54 unbezahlte Überstunden im Jahr 2000 geleistet (bei angenommenen 208 effektiven Arbeitstagen pro Jahr).
2. Die überlangen tatsächlichen Wochenarbeitszeiten werden von den abhängig Beschäftigten offenbar als empfindliche Beeinträchtigung empfunden: Die von ihnen gewünschten Wochenarbeitszeiten entsprechen den vertraglich vereinbarten. Daher verwundert es auch nicht, dass fast die Hälfte der abhängig Beschäftigten und knapp zwei Drittel der Selbständigen ihre tatsächlichen Wochenarbeitszeiten gerne verkürzen möchten. Das ausschlaggebende Motiv dafür besteht bei den abhängig Beschäftigten im Gewinn von Zeit für lebensweltliche und außerberufliche Interessen.
3. Die Teilzeitquote liegt in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000 bei 24%, die Vollzeitquote entsprechend bei 76%. Damit ist die Teilzeitbeschäftigung in den letzten Jahren zwar leicht, aber stetig gestiegen. Gleichwohl ist sie nach wie vor eine überwiegend frauenspezifische Form der Erwerbsbeteiligung; denn die Teilzeitquote der Männer verharrt seit Jahrzehnten auf dem niedrigen Niveau von 3% bis 7%. Darauf verweisen auch die tatsächlichen Wochenarbeitszeiten der teilzeitbeschäftigten Männer, die mit 31.2 Stunden um 8 Stunden länger als die teilzeitbeschäftigten Frauen arbeiten und damit nahe bei der Vollzeitbeschäftigung liegen.
4. Das Interesse an Altersteilzeit steigt von der jüngsten Altersgruppe bis zur Gruppe der 45- bis 54-jährigen Beschäftigten kontinuierlich auf 70% an, fällt dann aber auf 54% ab bei der Gruppe der 55- bis 65-jährigen Beschäftigten, die mit 38% „Ablehnern“ auch das stärkste Desinteresse an der Altersteilzeit bekunden. Für diese Altersgruppe besitzt das „Für“ oder „Wider“ bei Altersteilzeit weitaus stärkeren „Ernstcharakter“ und ist damit weniger fiktiv als für die anderen Altersgruppen.
5. Zwei Drittel der abhängig Beschäftigten aus Nordrhein-Westfalen sind zu beschäftigungssichernden Arbeitszeitverkürzungen bereit und würden dabei durchschnittlich rund 9% an Lohneinbußen in Kauf nehmen. Es bestehen überdies gute Chancen, diese Form der Beschäftigungspolitik mit Qualifizierungsmaßnahmen zu verbinden; denn drei Viertel der abhängig Beschäftigten, die zu beschäftigungssichernden Arbeitszeitverkürzungen bereit sind, wollen die dadurch gewonnene Zeit in berufliche Weiterbildungsmaßnahmen investieren.
6. Gesundheitsschutz, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und – mit Abstrichen – Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sind nach Ansicht sowohl der abhängig Beschäftigten als auch der Arbeitssuchenden die vorrangigen arbeitszeitpolitischen Ziele. Bei den Selbständigen steht die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem ersten Rang. Im einzelnen finden sowohl der Ausbau der Altersteilzeit als auch mehr Zeitsouveränität, Abbau von Überstunden, stärkerer Einsatz von Arbeitszeitkonten, bessere Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall und mehr Teilzeitarbeit hohe, meist über der 70-Prozent-Marke gelegene Zustimmungsquoten bei allen Beschäftigtengruppen.
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