Rentenmarkt: Begrenztes Zinssenkungspotenzial

Auch nach der in den USA mit einem Anflug von Enttäuschung aufgenommenen jüngsten Zinssenkung durch die Fed scheint die monetäre Lockerungsphantasie noch nicht ganz aus den Märkten verflogen. Die amerikanische Notenbank senkte den Zielsatz für Tagesgeld zwar nur um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent und damit weniger als von mancher Seite erhofft. Zuvor hatten die US-Währungshüter die Federal Funds Rate in fünf Schritten um jeweils 0,50 Prozentpunkte ermäßigt. Seit Jahresanfang bedeutet dies eine Reduktion um insgesamt 275 Basispunkte – Ausfluss einer überaus aggressiven Politik. Aber dennoch hält sich Alan Greenspan alle Türen offen, schätzt er doch auch nach seinen aktuellen Äußerungen vor dem Kongress die Gefahren eines zunehmenden Inflationsdruckes geringer ein als den möglichen konjunkturellen Absturz.

Da nach landläufiger Meinung Zinsveränderungen sechs bis neun Monate brauchen, um voll auf die Realwirtschaft durchzuschlagen, scheint es für die Fed sinnvoll zu sein, mit weiteren Schritten erst einmal zuzuwarten (nächste FOMC-Sitzungen am 21. August und 2. Oktober). Unterstützung erhielten solche Überlegungen auch von den jüngsten Konjunkturindikatoren, die wesentlich besser ausgefallen sind als erwartet. So stieg z. B. der für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung so wichtige Index des US-Verbrauchervertrauens im Zeitraum April bis Juni von knapp 110 auf knapp 118 Punkte und auch der Auftragseingang langlebiger Güter erholte sich im Mai von seiner Aprilschwäche (plus 2,9 nach minus 5,5 Prozent). Darüber hinaus können als positives Moment für das Konsumklima in den USA die Entlastungen von Seiten der Fiskalpolitik (niedrigere Lohnsteuersätze sowie die im Juli bereits anlaufenden Barvergütungen in Höhe von 300 $ für Einzelpersonen und 600 $ für Ehepaare) verbucht werden.

Gänzlich anders stellt sich dagegen die Situation in Euroland dar: Die EZB sieht im Gegensatz zur Fed ihre Aufgabe weniger in der Konjunktur- als in der Stabilitätspolitik begründet. Entsprechend verhalten war bisher ihre Geldpolitik (nur eine Leitzinssenkung im Mai um 25 Stellen auf 4,5 Prozent). Nachdem der europäische Konjunkturzug immer mehr an Fahrt verliert und sich parallel dazu auf der Teuerungsseite eine leichte Entspannung abzeichnet (vorläufige deutsche Jahresinflation im Juni 3,1 nach 3,5 Prozent) ist grundsätzlich aber auch auf dem alten Kontinent mit weiteren Lockerungsschritten zu rechnen. Nach den jüngsten Kommentaren aus dem Hause der EZB und angesichts der wieder beschleunigten Geldmengenexpansion (M3 im Mai bereinigt plus 5,4 nach revidiert 4,8 Prozent) muss aber der zeitliche Horizont eher in Richtung Herbst verschoben werden. Insgesamt gesehen scheint aus heutiger Sicht das Zinssenkungspotenzial der Notenbanken beidseits des Atlantiks begrenzt zu sein.

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