VFA kündigt massiven Widerstand gegen Sparpläne der Gesundheitsministerin an
Yzer: Schmidts Pläne sind schlecht für die Patienten und vernichten Arbeitsplätze
„Die Bundesregierung hat durch neue Gesetze in den vergangenen drei Jahren die Gesetzliche Krankenversicherung mit jährlich sechs Milliarden Mark zusätzlich belastet. Diese Gelder fehlen jetzt für die Versorgung der Patienten. Die nunmehr geplanten Maßnahmen laufen darauf hinaus, dass die Patienten in Deutschland zukünftig nach der Maxime ,So billig wie möglich’ mit Arzneimitteln versorgt werden. Der dringend notwendige Abbau der Unterversorgung mit Innovationen soll offensichtlich gezielt unterbunden werden“, erklärte Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), heute in Berlin zu den Arzneimittelsparplänen der Bundesgesundheitsministerin. „Die willkürlichen Preisabschläge haben zudem massive Auswirkungen auf das Inlands- und Auslandgeschäft der pharmazeutischen Industrie. Sie gefährden damit Investitionen und Arbeitsplätze der forschenden Arzneimittelhersteller in Deutschland.“
Yzer verwies darauf, dass die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im ersten Halbjahr 2001 gerade 15,5 Prozent der Gesamtausgaben der GKV ausmachten. Im Vergleich mit der allgemeinen Preisentwicklung beweise sich, so Yzer, die Stabilität der Arzneimittelpreise: Während in den vergangenen fünf Jahren die Kosten für die allgemeine Lebenshaltung um 5,5 Prozent gestiegen sind, ist das Preisniveau der von der GKV erstatteten Arzneimittel mit plus 0,4 Prozent nahezu gleich geblieben.
„Die Preissituation rechtfertigt die von der Gesundheitsministerin geplanten Maßnahmen in keiner Weise. Ein staatlich vorgeschriebener Preisabschlag ist darüber hinaus der massivste vorstellbare staatliche Eingriff“, erklärte Yzer. Die Bundesregierung ordne jetzt in einer konjunkturellen Schwächephase mit den geplanten Maßnahmen praktisch die Vernichtung von Arbeitsplätzen in einer der innovativsten Branchen an. Zudem entstehe ein massiver Schaden für das Auslandsgeschäft der Unternehmen, da die deutschen Preise in vielen Ländern Referenzpreise für die dortigen Märkte darstellen.
In diesem Zusammenhang verwies Yzer auf ähnliche Maßnahmen der Bundesregierung im Jahre 1992, die zu einem Verlust von 6.500 Arbeitsplätzen in den Mitgliedsunternehmen des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller geführt hatten. Erst nach Einführung der Festbetragsfreiheit für patentgeschützte Arzneimittel im Jahre 1995 habe es wieder einen Arbeitsplatzzuwachs in der forschenden Arzneimittelindustrie gegeben. Er habe bis zum Jahr 2000 eine Steigerung von über sieben Prozent bedeutet. Yzer betonte gleichzeitig, dass durch die geplanten Preisabschläge die Erlöse fehlten, „die in die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente investiert werden müssen. Die für die Patienten und den Pharmastandort Deutschland positive Entwicklung der letzten Jahre, die allein im Jahr 2000 zu einer Steigerung der F&E-Ausgaben um 5,5 Prozent auf 6,2 Milliarden DM geführt hat, ist ebenfalls gefährdet“, unterstrich Yzer.
Die innovationsfeindlichen Planungen seien überdies doppelt kontraproduktiv, erklärte Yzer, denn sie würden auf mittlere Sicht der GKV keine Entlastung verschaffen. Im Gegenteil: da Arzneimittelinnovation auf Dauer nicht von Deutschland fernzuhalten seien, würden sie zukünftig importiert, statt hier produziert und exportiert zu werden. Damit werde zusätzlich die Einnahmebasis der GKV verschlechtert, da weniger Sozialprodukt in Deutschland erwirtschaftet werde.
„Jede weitere Einsparung bei Arzneimitteln, die bereits heute bei über 60 Prozent mit Festbeträgen versehen sind, geht zu Lasten der Versorgung der Patienten“, betonte Yzer. Erst vor kurzem habe der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen die Unterversorgung mit Medikamenten bei Krankheiten wie Herzerkrankungen, chronische Lungenerkrankungen wie Asthma sowie Krebs und Depression dokumentiert und Verbesserungen eingefordert, die internationalen evidenz-basierten Standards entsprechen. Auch der VFA habe bereits im letzten Jahr bei insgesamt 13 Indikationen eine Unterversorgung der Patienten in Deutschland mit innovativen Arzneimittel dokumentiert. „Es ist gut für die Patienten, dass es bei einigen dieser Krankheiten im Laufe der letzten Monate einen Anstieg der Verordnungen gegeben hat“, erklärte die VFA-Hauptgeschäftsführerin. „Wer diesen Anstieg kritisiert und erneut Einsparungen forcieren will, handelt gegen die Interessen der Patienten und verhindert den dringend notwendigen Abbau der Unterversorgung in Deutschland.“
Auch das von der Gesundheitsministerin und den Krankenkassen immer wieder proklamierte angebliche Einsparpotenzial bei Schrittinnovationen, die dem Erstanbieter auf dem Markt folge, entspreche nicht den Tatsachen. Yzer: „Zum einem bieten auch diese Innovationen den dringend erforderlichen therapeutischen Fortschritt für den Patienten und zum anderen tragen sie bereits vor Ablauf des Patentschutzes des Erstanbieters erheblich zum Preiswettbewerb bei.“ Eine Analyse des Wissenschaftlichen Institutes der Ortskrankenkassen (WIDO) zeige, dass Schrittinnovationen um bis zu 40 Prozent billiger seien, als das erste Produkt. „Diese Produkte haben durch ihre Zulassung ihre Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit bewiesen. Eine zusätzliche Prüfung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, wie jetzt von der Ministerin geplant, lehnen wir ab, zumal zur Kompetenz dieses Ausschusses noch höchstrichterliche Entscheidungen ausstehen“, sagte Yzer.
„Auf Kosten der Arzneimittelversorgung sollen jetzt offensichtlich die massiven Probleme der GKV, die durch die jahrelangen Verschiebungen innerhalb des sozialen Sicherungssystems entstanden sind, behoben werden. Allein durch neue Gesetze der Bundesregierung in den letzten drei Jahren entstanden zusätzliche Belastungen in Höhe von mehr als sechs Milliarden DM jährlich für die GKV“, erklärte Yzer. Dieses Problem ließen sich letztlich aber nur lösen, wenn die Bundesregierung ihre Beschlüsse, etwa zur Reform der Arbeitslosenhilfe oder zur Rentenversicherung revidiere. Gleichzeitig forderte Yzer die Bundesgesundheitsministerin auf, im Rahmen einer Gesundheitsreform endlich die überfällige Neudefinition von Solidarität und Eigenverantwortung innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung vorzunehmen.
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