Fallstudie: Betriebliche Bündnisse für Arbeit sichern Beschäftigung
Wenn es kriselt in der Firma und Entlassungen drohen, dann schlägt die Stunde der „betrieblichen Bündnisse für Arbeit“. Arbeitnehmervertreter und Management setzen sich an den Verhandlungstisch und suchen nach Wegen, um Personalabbau zu vermeiden. Was bringen solche Bündnisse in der Praxis?
Das Institut für Arbeit und Technik des Landes Nordrhein-Westfalen (IAT) hat zehn solcher Bündnisse im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung unter die Lupe genommen. Als erfolgreich erwies sich zumeist der „Tausch“ von Flexibilisierung gegen Arbeitsplatzsicherung.
Die Fallstudien geben einen Einblick in die Praxis betrieblicher Beschäftigungsbündnisse und nennen Erfolgsbedingungen. Fazit: In den zehn untersuchten Unternehmen aus verschiedenen Wirtschaftszweigen profitierten letztlich beide Seiten. In den Vereinbarungen leisten Arbeitgeber zeitlich befristete Zusagen – wie Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und Outsourcing, Sicherung von Ausbildungsplätzen, Standorterhalt und Investitionszusagen. Dem gegenüber stehen aber Einschränkungen bei Arbeitszeit, Entgelt, Sozialleistungen, Regelungen zum Vorruhestand, Beurlaubungen und Versetzungen. Mehr Effizienz im Unternehmen soll zumeist über Vereinbarungen zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Personaleinsätzen erreicht werden.
Die Studie nennt als Voraussetzungen und Erfolgsbedingungen betrieblicher Bündnisse für Beschäftigung:
Erfolgreiche betriebliche Bündnisse für Arbeit gründen auf einem Interesse der Betriebe am Erhalt ihrer Belegschaft. Anders als bei Entlassungen bleiben betriebsspezifische Qualifikationen und die beruflichen Erfahrungen der Beschäftigten erhalten. Bessert sich die wirtschaftliche Lage, fallen keine Kosten für Neueinstellungen an. Zudem wächst die Bereitschaft der Beschäftigen, sich aktiv an betrieblichen Veränderungen zu beteiligen.
Wurde in der Vergangenheit in vielen Unternehmen versucht, betriebsbedingte Kündigungen über Altersteilzeit und Vorruhestand zu vermeiden, so ist dies inzwischen für die Beschäftigten immer unattraktiver und für die Betriebe immer teurer geworden. Deshalb ist der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen nur noch im Tausch gegen mehr Flexibilisierung zu erhalten.
Durch betriebliche Flexibilisierung können langfristig Kosten reduziert werden. Insofern sind Beschäftigungsbündnisse den kurzfristig orientierten Entlassungen überlegen und liegen auch im Interesse der Betriebe.
Betriebliche Bündnisse für Arbeit binden Arbeitnehmervertretungen stärker in betriebliche und sogar unternehmerische Entscheidungsprozesse ein. In den untersuchten Fällen gingen die Betriebsparteien auffallend konsensorientiert miteinander um.
Erfolgreiche betriebliche Beschäftigungsbündnisse brauchen kompetente Betriebs- und Personalräte. Professionelle Arbeitsstrukturen der Arbeitnehmervertretungen setzen Freistellungsregelungen oder interne wie externe Beratung voraus.
„In keinem der untersuchten Fälle standen die Tarifverträge den betrieblichen Bündnissen im Wege“, betont Winfried Heidemann von der Hans-Böckler-Stiftung. Auch wenn die vorliegende Studie nicht repräsentativ für alle Betriebe sei, zeigten die Beobachtungen durchaus typische Vorgehensweisen.
Betriebsräte und Management der untersuchten Unternehmen bewerten ihre Erfahrungen positiv. Nach eigener Einschätzung konnten sie auf die Globalisierung und den damit verbundenen Wettbewerbsdruck personal- und beschäftigungspolitisch zielgenau für ihren Betrieb reagieren. Insofern seien – so Heidemann – die betrieblichen Bündnisse ein notwendiges Pendant zum nationalen Bündnis für Arbeit. Deshalb sei es zu begrüßen, dass das neue Betriebsverfassungsgesetz die Möglichkeiten zum Abschluss betrieblicher Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung stärke.
Die Studie von Johannes Kirsch und Renate Büttner, Betriebliche „Bündnisse für Arbeit – Betriebsvereinbarungen zur Beschäftigungssicherung in der Praxis“, demnächst online unter www.boeckler.de
Kontakt und weitere Informationen: Winfried-Heidemann@boeckler.de
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