Nachlassende Konjunktur und schlechte Zahlungsmoral sorgen für Pleitenrekord
Personalnotstand bei Gerichtsvollziehern entzieht Wirtschaft über 1 Milliarde Mark an Liquidität
Die konjunkturelle Talfahrt sorgt für einen neuen Pleitenrekord: Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) treten 2001 über 33.000 Unternehmen den Gang zum Insolvenzrichter an (2000: 28.200). Mehr als eine halbe Million Beschäftigte verlieren durch Firmenpleiten ihren Job, die Insolvenzschäden summieren sich auf insgesamt 70 Milliarden Mark. Gleichzeitig steigen die Verbraucherinsolvenzen auf über 13.500 – ein Drittel mehr als im vergangenen Jahr. „So schlimm wars noch nie“, sagt Inkasso-Präsident Ulf Giebel.
Ein Grund für die Misere ist die nachlassende Zahlungsmoral. In der traditionellen Herbstumfrage unter den 463 BDIU-Mitgliedern sagen 50 Prozent der Inkasso-Unternehmen, die Rechnungstreue gewerblicher und privater Schuldner sei heute schlechter als noch vor einem halben Jahr. Hauptgründe, warum gewerbliche Schuldner Rechnungen nicht bezahlen, sind die schlechte Auftragslage der betroffenen Unternehmen (70 Prozent der BDIU-Mitglieder bestätigen das), ein momentaner Liquiditätsengpass, oft verursacht durch eigene Forderungsausfälle (66 Prozent), und zu wenig Eigenkapital (55 Prozent). Bei privaten Schuldnern sind Überschuldung (82 Prozent), Arbeitslosigkeit (69 Prozent) und vorsätzliches Nichtbezahlen (51 Prozent) die wichtigsten Gründe für ausbleibende Zahlungen. Bereits Jugendliche sitzen in Deutschland laut Verbandsangaben auf einem Schuldenberg von über 10 Milliarden Mark.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz kritisieren Inkasso-Verband und der Deutsche Gerichtsvollzieher Bund e.V. (DGVB) die Überbelastung der Gerichtsvollzieher: Oft dauert es über ein Jahr, bis die Vollstreckungsbeamten ihre Aufträge erledigen können. Laut Angaben des BDIU fehlen der Wirtschaft dadurch über 1 Milliarde Mark an Liquidität. Inkasso-Verband und DGVB fordern daher dringend, die Personalsituation der Gerichtsvollzieher zu verbessern
Die zum 1. Dezember in Kraft tretenden Änderungen beim Verbraucherkonkurs – völlig mittellose redliche Schuldner erhalten Prozesskostenhilfe und die Wohlverhaltensperiode zur Erlangung der Restschuldbefreiung wird von sieben auf sechs Jahre verkürzt – kritisieren beide Verbände als „Einladung, noch mehr Schulden zu machen“. „Die Restschuldbefreiung sehen schon jetzt viele Schuldner als gute Gelegenheit, einmal ordentlich in den Schuldenturm einzusteigen“, sagt DGVB-Vorsitzender Beischall. „Wir empfehlen, den vorgerichtlichen Forderungseinzug effektiver zu nutzen“, so Giebel.
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