2002 neuer Insolvenzrekord – Mittelstand massiv betroffen
Politik muss sich ihrer Verantwortung stellen
Mit bis zu 40.000 Unternehmensinsolvenzen rechnet der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) für dieses Jahr. Damit werde der Negativrekord mit 32.000 Insolvenzen aus dem vergangenen Jahr noch einmal deutlich übertroffen. Die spektakulären Zusammenbrüche einiger Großunternehmen verstellten den Blick für die Masse der mittelständischen Insolvenzen, die hunderttausende von Arbeitsplätzen kosteten. Die Ursachen dieser aktuellen Insolvenzwelle lägen, so der BVR, in den mittelstandsfeindlichen Rahmenbedingungen, die sich in konjunkturellen Krisenzeiten besonders belastend für die Unternehmen auswirkten, und nicht im Verhalten der Banken. Die Politik mache es sich zu leicht, wenn sie pauschal den Banken eine Mitschuld zuweise.
Die Volksbanken und Raiffeisenbanken mit ihrer flächendeckenden Präsenz seien dem Mittelstand, der tragenden Säule der deutschen Volkswirtschaft, in besonderem Maße verbunden. Mittelständische Unternehmen seien und blieben die Zielkunden der genossenschaftlichen Bankengruppe im Firmenkundengeschäft, so der BVR. Viele Unternehmensinhaber seien zudem als Mitglieder selbst Miteigentümer von Genossenschaftsbanken. Ein gesunder und leistungsfähiger Mittelstand liege somit im natürlichen und nachhaltigen Interesse der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Daher begleiteten sie ihre mittelständischen Mitglieder und Kunden auch in kritischen Phasen. Die Banken könnten aber die Versäumnisse der Wirtschaftspolitik nicht zu Lasten ihrer Eigentümer bzw. der Anleger ausgleichen.
BVR fordert strukturelle Reformen für den Mittelstand
Eine wesentliche Ursache für die zunehmenden Insolvenzzahlen sei eine sinkende Eigenkapitalausstattung der mittelständischen Unternehmen. Die Eigenkapitalquote läge im Durchschnitt der mittelständischen Wirtschaft mittlerweile deutlich unter 10 %. Die Belastung durch Steuern und Abgaben mache es den Unternehmen zunehmend schwer, Eigenkapital zu bilden. Daher sei die Steuerpolitik nach wie vor gefordert: Die Unternehmenssteuerreform müsse konsequent fortgeführt, die Einkommensteuer umfassend reformiert und die Gewerbesteuer zugunsten einer Kommunalsteuer abgeschafft werden.
Besonders belastend für die beschäftigungsintensiven mittelständischen Unternehmen wirkten sich die hohen staatlich verursachten Lohnzusatzkosten aus. Diese seien inzwischen wieder über 41 % angestiegen, mit weitersteigender Tendenz. Das Ziel, diese auf 40 % zu begrenzen, sei trotz Ökosteuer deutlich verfehlt worden, weil die notwendigen Strukturreformen versäumt wurden. Die dringend notwendigen durchgreifenden Reformen in der Kranken- und Pflegeversicherung dürften nicht weiter aufgeschoben werden. Abhilfe schaffen hier nicht weitere bürokratische Eingriffe in das System, sondern eine erhöhte Kostentransparenz, mehr Eigenverantwortung sowie gesunder Wettbewerb. Die Reform der Rentenversicherung müsse konsequent, unter anderem durch eine mittelfristige und schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters, fortgeführt werden. Andernfalls seien in allen sozialen Sicherungssystemen massive weitere Beitragssteigerungen programmiert.
Nur mit einer konsequenten Reformpolitik für mehr Wachstum und Beschäftigung würden die mittelständischen Unternehmen in die Lage versetzt, ihre Eigenkapitalsituation zu verbessern. Dies stärke nicht nur ihre Möglichkeit Fremdkapital aufzunehmen, sondern verringere auch entscheidend ihre Insolvenzanfälligkeit.
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