Diamanten, die besten Freunde der Quantenwissenschaft – Quantenzustand in Diamanten gemessen
Die Quantentechnologie gilt als die Technologie der Zukunft. Die wesentlichen Bausteine für Quantengeräte sind Qubits, die viel mehr Informationen verarbeiten können als die klassischen Bits in unseren derzeitigen Computern.
Wissenschaftler aus aller Welt sind auf der Suche nach dem besten Weg, Qubits herzustellen und sie gemäß der Quantengesetze miteinander zu verbinden.
Die meisten Qubits, die bisher gebaut wurden, werden mit supraleitenden elektronischen Schaltungen hergestellt. Diese Schaltkreise haben jedoch einen großen Nachteil: Sie arbeiten nur bei kryogenen Temperaturen um – 273 Grad Celsius, das sind künstlich extrem gekühlte Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt.
„In diesem internationalen Forschungsprojekt ist es uns erstmals gelungen, Qubits in Kunstdiamanten herzustellen, die auch bei Raumtemperatur betriebsfähig sind und elektrisch ausgelesen werden können“, erklärt Professor Fedor Jelezko.
Der Quantenphysiker, der an der Universität Ulm das Institut für Quantenoptik leitet, hat die Studie koordiniert. Perfekte Diamanten bestehen ausschließlich aus Kohlenstoffatomen. Um ein Qubit zu erzeugen, werden zwei dieser Atome entfernt. Eines davon ersetzten die Forschenden durch ein Stickstoffatom, das andere hingegen wird gar nicht ersetzt, so dass ein leerer Raum – die so genannte Vakanz – zurückbleibt.
Die Kombination von Stickstoff und Vakanz bildet das so genannte NV-Zentrum, ein Spin-Qubit. Um Qubits in Diamant herzustellen, muss man die Diamantreinheit unter 0,1 Teile pro Milliarde Verunreinigungen verbessern. Da diese Diamant-Qubits bei Raumtemperatur funktionieren können, lassen sie sich viel einfacher in technologische Anwendungen, zum Beispiel Quantensensoren, umsetzen.
Dafür musste bisher eine aufwändige optische Messung angewendet werden, für die man starke Mikroskop-Objektive und teure Einzelphotonen-Detektoren brauchte. Den Forschern und Forscherinnen ist es nun gelungen, den Quantenzustand eines einzelnen Qubits elektrisch zu messen.
Dies gelang mittels sogenannter Photoelektronen, die durch optische Anregung erzeugt werden. Deren Anzahl hängt vom Zustand des Qubits ab, und lässt sich auf vergleichsweise einfache Weise durch eine elektrische Widerstandsmessung erfassen. Die Methode ist nicht nur deutlich praktikabler: Sie verspricht auch wesentlich schneller zu sein. Dies ist besonders für Quantensensorik ein sehr wichtiger Vorteil.
Mit ihrer Entdeckung ist die Wissenschaft dem Thema Hightech-Anwendungen einen guten Schritt näher gekommen: „Mit dieser Methode werden kompakte, extrem empfindliche Quantensensoren im Chip-Format denkbar, mit möglichen Anwendungen unter anderem in Grundlagenforschung, Materialanalyse, und Biochemie“, so Michael Trupke, Ko-Autor der Studie von der Universität Wien. Zudem könnte die Methode auch die Messung von Qubits in einem Diamant-Quantencomputer verbessern und beschleunigen.
Dieses Forschungsvorhaben wurde gefördert durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Quantum Flagship of the European Union's Horizon 2020, das Projekt ASTERIQS, das FWO DIAQUANT SBO-Projekt und das QUANTERA-Projekt Q_Magine und andere nationale Programme in Deutschland, Japan und Österreich.
Text: Paulina Parvanov (Universität Wien) / Andrea Weber-Tuckermann (Universität Ulm)
Wissenschaftlicher Kontakt:
Universität Ulm
Prof. Dr. Fedor Jelezko, Leiter des Instituts für Quantenoptik
Tel.: +49(0)731 / 50 – 23750; E-Mail: fedor.jelezko@uni-ulm.de;
Universität Wien
Michael Trupke, PhD
Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation,
Tel.: +43 (0)1 4277 51227; E-Mail: michael.trupke@univie.ac.at;
Literaturhinweis:
Photoelectrical imaging and coherent spin-state readout of single nitrogen-vacancy centers in diamond, P. Siyushev, M. Nesladek, E. Bourgeois, M. Gulka, T. Yamamoto, M. Trupke, T. Teraji, J. Isoya, F. Jelezko, Science, Vol. 363, Issue 6428, pp. 728-731
DOI: 10.1126/science.aav2789, http://science.sciencemag.org/content/363/6428/728.
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