„Spukhafte Fernwirkung“ im Physik-Gebäude: Forscher entwickeln Baustein für Quanten-Repeater
Die Kommunikation mit Quantenzuständen ist extrem sicher, da jedes Abhören das Übertragungssignal stören würde und es daher immer entdeckt wird. Aus demselben Grund ist es aber schwierig, die Informationen über weite Strecken zu transportieren:
Das mit der Entfernung schwächer werdende Signal kann nämlich nicht einfach von Signalverstärkern, so genannten Repeater-Stationen, empfangen und verstärkt weitergesendet werden, wie dies in der klassischen Telekommunikation geschieht.
Hierfür muss ein anderes Prinzip verwendet werden: der Quanten-Repeater. Dabei wird zuerst eine so genannte Quantenverschränkung über kürzere Distanzen erzeugt und dann über immer längere Abstände weiter verbreitet.
Eine Quantenverschränkung zwischen zwei Teilchen besteht, wenn man den gemeinsamen Zustand der beiden Teilchen mit einer festen Beziehung genau beschreiben kann, jedes Teilchen für sich gemessen jedoch in einem zufälligen, nicht vorhersagbaren Zustand gefunden wird. Eine Möglichkeit, dies zu realisieren, besteht darin, einzelne Atome und einzelne Photonen (Lichtquanten) miteinander zu verschränken.
Das geschieht in den Laboren von Prof. Jürgen Eschner mithilfe einzelner, durch Laser-Impulse kontrollierter Kalzium-Atome in einer Ionenfalle (https://idw-online.de/de/news614634). Für die Wellenlänge, bei der dies gut funktioniert (854 Nanometer), existieren jedoch keine Glasfasern zur verlustarmen Übertragung über weite Strecken; stattdessen möchte man die Photonen im so genannten Telekom-Wellenlängenbereich (1300 bis 1550 Nanometer) versenden. Die Technologie für die Umwandlung der Photonen in diesen Bereich, den Quanten-Frequenzkonverter, hat Prof. Christoph Becher mit seiner Arbeitsgruppe entwickelt (https://idw-online.de/de/news499868).
Zusammen haben beide Gruppen jetzt demonstriert, dass das Telekom-Photon nach der Frequenzkonversion noch immer mit dem Atom verschränkt ist, welches das ursprüngliche Photon ausgesandt hat. Zudem haben die Forscher gezeigt, dass die hohe Qualität der Verschränkung praktisch unverändert bleibt.
Faszinierend dabei ist, dass der gemeinsame Quantenzustand aus mikroskopischen Teilchen (einzelnem Atom und einzelnem Telekom-Photon) sich über mehrere Etagen des Saarbrücker Physikgebäudes erstreckt. „Einer Verschränkung über 20 Kilometer Distanz steht dann eigentlich nichts mehr im Weg“, kommentiert Matthias Bock, Doktorand in der Quantentechnologie und Erstautor der aktuellen Studie.
Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt, um Quantentechnologie in die konventionelle Telekommunikation zu integrieren; dafür werden die Arbeiten der Gruppen an der Universität des Saarlandes vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Beispiel für Quantenverschränkung:
Bei Quantenbits – zum Beispiel Atomen mit zwei Energiezuständen für Elektronen oder Photonen mit zwei Schwingungsrichtungen – kann der individuelle Zustand durch einen Punkt auf einer Kugeloberfläche veranschaulicht werden. Bei einer Messung wird ein einzelnes Quantenbit also (unvorhersagbar) irgendwo auf der Kugeloberfläche angetroffen.
Das andere, das mit ihm verschränkt ist, wird dann aber immer im gegenüberliegenden Punkt auf der Kugel gefunden. Diese Korrelation kann auch über große Entfernung existieren. Dieses von Einstein „spukhafte Fernwirkung“ genannte Phänomen gehört zu den schwer vorstellbaren Besonderheiten der Quantenphysik, ist aber vielfach experimentell bestätigt worden.
Link zur Studie: http://www.nature.com/ncomms (DOI: 10.1038/s41467-018-04341-2)
Kontakt:
Prof. Dr. Christoph Becher
Tel.: 0681 302-2466
E-Mail: christoph.becher@physik.uni-saarland.de
Prof. Dr. Jürgen Eschner
Tel.: 0681 302-58016
E-Mail: juergen.eschner@physik.uni-saarland.de
Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-Codec (IP-Verbindung mit Direktanwahl oder über ARD-Sternpunkt 106813020001). Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681 302-2601) richten.
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