Von den "Plasten und Elasten" zum Kunststoff – 40 Jahre Kunststoffingenieure von Chemnitzer Uni
Seit 40 Jahren bildet die Chemnitzer Uni mit großem Erfolg Kunststoffingenieure aus
Irgendwie unterscheiden sie sich immer noch ein wenig, die Menschen aus der ehemaligen DDR und aus der alten Bundesrepublik, zumindest in der Sprache. „Warum sagen Westler immer Plastik, wenn sie Plaste meinen?“, fragt zum Beispiel ein junger Mann mit Alias-Namen „Spider“ im Internet. „Also zum Beispiel: Plastiktüte. Eine Plastik ist ein Produkt der bildenden Kunst und in Museen zu bewundern oder in Parks oder sonst wo. Das Zeug aus der Kaufhalle (Supermarkt) heißt Plaste.“, Und tatsächlich: Wer in einem DDR-Wörterbuch unter „Plastik“ nachschaut, findet dort die Erklärungen „Bildhauerkunst“ und „Wiederherstellung von Organen und Gewebeteilen“. Kunststoffe dagegen hießen hier (und heißen in den neuen Bundesländern meist noch immer) „Plaste“ und „Elaste“ (und der Supermarkt „Kaufhalle“). Hergestellt wurden die Plaste und Elaste meist in Schkopau im Volkseigenen Betrieb (VEB) Chemische Werke Buna. Und die Fachleute für die Verarbeitung der Plaste stammten oft aus der Chemnitzer Uni.
40 Jahre ist es in diesen Tagen her, seit an der damaligen Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt die Fachrichtung „Technologie der Plastverarbeitung“ eingerichtet wurde. Angesiedelt war sie an er Fakultät für Technologie, und sie schloss mit dem Titel „Diplom-Ingenieur“ ab. Der Einführung war ein Beschluss des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen vom Januar 1959 vorausgegangen, denn auch in der DDR traten damals die Kunststoffe ihren Siegeszug an.
Damit begann eine Erfolggeschichte, die sich bis heute fortsetzt. Anlass genug für eine kleine Feier am 24. Oktober 2000, 18.00 Uhr im Zentralen Hörsaal- und Seminargebäude der Chemnitzer Uni, Reichenhainer Straße 70, N 113. Dann findet das Kunststofftechnische Kolloquium statt, und bei dieser Gelegenheit blicken die Wissenschaftler auf 40 Jahre Ausbildung Kunststofftechnik an der TU Chemnitz zurück. Dabei wird auch die Kunststoffsituation in der damaligen DDR beleuchtet. Und natürlich gibt es anschließend einen kleinen Empfang, bei dem auch alte Erinnerungen aufgefrischt werden können.
16 Studenten waren damals eingeschrieben, als die Vorlesungen am 1. September 1960 begannen – alle hatten schon ein Vordiplom einer anderen Fakultät in der Tasche. Unterrichtet wurde das Fach von dem Chemiker Dr. Ernst Möbius, der zuvor die Forschung und Entwicklung beim VEB Eilenburger Celluloidwerk geleitet hatte und am 1. Juli zum Professor ernannt worden war. Gleichzeitig leitete Möbius auch das Institut für Technologie der Plaste. Als 1968 die DDR-Hochschulen reformiert wurden, wurde daraus der „Lehr- und Wissenschaftsbereich Plast- und Elasttechnik“, der in die Sektion Verarbeitungstechnik eingegliedert wurde.
Die Professoren und Dozenten des Fachgebietes mussten eine Lehrbefähigung, die Facultas docendi, besitzen. Die war an den Nachweis hoher wissenschaftlicher Leistungen gebunden. In der Regel setzte sie die „Promotion B“ voraus, die der westdeutschen Habilitation entsprach. Wer sie schaffte, erhielt den Grad eines Doktors der Wissenschaften (Dr. sc.), der nach der Wende in Dr.-Ing. habil. umgewandelt werden konnte. Aber auch auf die pädagogischen Eignung und möglichst auch auf einen Studien- oder Forschungsaufenthalt im „sozialistischen Ausland“ und auf Erfahrungen in Forschung und Lehre legte man Wert.
Mehr als 1.100 Diplom-Ingenieure bildeten die Chemnitzer Wissenschaftler in den vergangenen 40 Jahren aus, teils im Direkt-, teils im Fernstudium. Dazu kamen noch einmal 112 Vertreter aus der Industrie, die hier ein Aufbaustudium zum „Fachingenieur für Plastanwendung“ absolvierten. 83 Diplom-Ingenieure qualifizierten sich zum Dr.-Ing. weiter, und zehn schafften gar die Promotion B zum Dr. sc. techn.
Natürlich ging auch die Wende nicht spurlos an der Plast- und Elasttechnik vorüber: 1994 wurde das „Institut für Allgemeinen Maschinenbau und Kunststofftechnik“ gegründet. Bereits vorher waren die ehemaligen Sektionen aufgelöst worden – die Sektion Verarbeitungstechnik ist nun Teil der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrentechnik. Die Professur Kunststoffverarbeitungstechnik wird jetzt von Prof. Günter Mennig geleitet, der die künftigen Diplom-Ingenieure im Haupt- und im Nebenfach „Kunststofftechnik“ ausbildet.
Und noch etwas ist geblieben: Die erstklassige Forschung der Chemnitzer Wissenschaftler. So entwickelten sie vor einiger Zeit ein wegweisendes Recycling-Verfahren für Gummi, das endlich eine Lösung für das immer drängender werdende Altreifenproblem verspricht. Daneben erkunden sie neue Anwendungen für so genannte flüssigkristalline Kunststoffe (LCPs), die besonders stabil sind. Außerdem organisiert das Institut für Allgemeinen Maschinenbau und Kunststofftechnik nun schon seit 30 Jahren die TECHNOMER, eine international angesehene Fachtagung zur Verarbeitung und Anwendung von Polymeren.
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