Bericht hält Forschung und Innovation für den Schlüssel zum Wachstum in Europa

Ein von Kommissionspräsident Romano Prodi in Auftrag gegebener Bericht einer unabhängigen hochrangigen Studiengruppe hat einen Weg zum Wachstum in Europa aufgezeigt, der vorwiegend auf Innovation, Forschung und Hochschulbildung ausgerichtet ist.

„Die Gruppe sieht das unbefriedigende Wachstum in Europa in den letzten Jahrzehnten als Symptom für die gescheiterte Umwandlung Europas in eine innovationsbasierte Wirtschaft“, heißt es in dem Bericht.

Diese Umwandlung, so der Bericht, sei sowohl im Kontext der Globalisierung als auch deshalb notwendig, weil sich Europa nicht mehr darauf konzentrieren muss, die USA nachzuahmen, sondern darauf, wie man es besser machen kann.

„Im Gegensatz zur Nachkriegszeit, in der das Wachstum und das Aufholen gegenüber den USA hauptsächlich durch Häufung von Faktoren und Nachahmung erreicht werden konnte, ist nun, nachdem die europäischen Länder näher an die technologische Spitze gerückt sind und auch neue technologische Revolutionen stattgefunden haben, […] Innovation an vorderster Front zum wichtigsten Wachstumsmotor geworden.“

Der Wettbewerb seinerseits schafft einen verstärkten Bedarf an Forschung und Entwicklung (FuE) und Hochschulbildung.

„Europa leidet unter dem Mangel an Investitionen des privaten Sektors in FuE, den sinkenden Niveaus öffentlicher FuE-Investitionen und einer wenig effizienten Verteilung der verfügbaren öffentlichen Mittel“, so die hochrangige Sachverständigengruppe. Zur Behebung dieser Schwächen werden Steuererleichterungen für Investitionen in FuE und Innovation sowie zusätzliche öffentliche Mittel für die Forschung sowohl auf Ebene der Einzelstaaten als auch der EU vorgeschlagen.

Der Bericht stellt die Modelle für die Zuweisung von Forschungsmitteln in ganz Europa in Frage. Er kritisiert ihr Prinzip des „juste retour“, bei dem jede Partei den Gegenwert ihrer Ausgaben zurückerstattet bekommt, da es Prioritäten und Spitzenleistungen nicht ausreichend berücksichtigt.

Auch zentral gesteuerte Forschungsprogramme wie z.B. die Rahmenprogramme für Forschung der Europäischen Kommission werden hinterfragt. Nach Ansicht der hochrangigen Sachverständigengruppe kann das Finanzierungsprogramm allgemein zu langwierig und bürokratisch sein, und die zur Finanzierung ausgewählten Projekte fallen eher groß aus und „können sich leicht als so genannte ’weiße Elefanten’ (d.h. nutzlos und teuer) erweisen“.

Das nach Ansicht des Papiers schlimmste Förderszenario kommt dann zustande, „wenn die Elemente der beiden funktionsunfähigen Modelle kombiniert werden“. Die EU wird dringend aufgefordert, die Forschungsbewertung effizienter zu organisieren, sodass sie „als Katalysator für die länderübergreifende Verbreitung besserer Praktiken fungiert“. Der Bericht empfiehlt ferner, dass stets für Wettbewerb um die Förderung, gegenseitige Bewertung und Nachbewertung durch unabhängige und international anerkannte Forscher gesorgt sein sollte, um wiederholte Förderung schlechter Projekte und das Entstehen „weißer Elefanten“ zu verhindern.

Die Gruppe empfiehlt ferner die Einrichtung einer unabhängigen europäischen Agentur für Wissenschaft und Forschung (EASR) nach dem Vorbild der US-amerikanischen National Science Foundation und der nordischen und britischen Forschungsräte. Die neue Einrichtung würde eher finanzielle Hilfe als Beratung anbieten, ein „Bottom-Up“-Konzept zur Förderung von Vorschlägen zur Finanzierung verfolgen, alle wissenschaftlichen Disziplinen abdecken, ihre Entscheidungen nach wissenschaftlichen Kriterien fällen, ein transparentes Verfahren zur gegenseitigen Bewertung anwenden, ihren Geldgebern gegenüber verantwortlich sein, aber selbstständig arbeiten und von hoch angesehenen Wissenschaftlern geleitet werden.

Innovation und Unternehmergeist in Europa könnten nach Ansicht der hochrangigen Sachverständigengruppe auch dadurch angeregt werden, dass der Kontinent eine positive Haltung gegenüber Einwanderern aus Drittländern entwickelt, was den bedeutenden Beitrag der Einwanderer hervorhebt.

Der Bericht unterstützt das Konzept des Europäischen Forschungsraums (EFR), obwohl dieser Gedanke in den Augen der Sachverständigengruppe „durch einige strukturelle Eigenschaften der europäischen Forschung konterkariert wird, insbesondere durch ihre zersplitterte Natur und die Schwierigkeit, das zweifellos vorhandene wissenschaftliche Potenzial Europas sowohl für die Schaffung neuen Wissens als auch für die Umsetzung dieses Wissens in kommerziell nutzbare Innovationen optimal zu nutzen“.

Hinsichtlich der Bildung ist die hochrangige Sachverständigengruppe der Ansicht, dass die Anzahl der Schulabgänger, die eine abgeschlossene Hochschulbildung anstreben, für die wissensintensive Wirtschaft eindeutig unzureichend sei, und fordert die Schaffung der Gleichwertigkeit zwischen Studienabschlüssen und Lehrplänen in den Ländern der EU. Der Bericht empfiehlt weiter, durch finanzielle Anreize zur Gründung neuer Spitzenforschungszentren oder Forschergruppen anzuregen.

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