Patent-Diskussion: Erfindungen gehören künftig der Hochschule
Professorinnen und Professoren sind privilegierte Arbeitnehmer. Das ist bekannt. Weniger allerdings, dass ein „Hochschullehrerprivileg“ auch gesetzlich verankert ist. Das soll nun geändert werden. Komisch dabei: Viele Hochschullehrer finden das richtig.
Das spiegelte jedenfalls jetzt eine Diskussion an der Uni Dortmund wider, wo Hochschullehrer von nordrhein-westfälischen Universitäten und Fachhochschulen sich über Erfindungen und Patente austauschten. Macht ein Hochschulprofessor quasi „im Dienst“ eine Erfindung, so ist diese bislang „frei“ und ihre Verwertung ist dem Hochschullehrer vorbehalten. Die Hochschule selbst hat nichts davon, jedenfalls nicht direkt. Kommt es, wie noch dieses Jahr geplant, zu einer Änderung des Gesetzes für Arbeitnehmererfindungen, so wird der Professor behandelt wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Die Erfindung gehört dann zunächst einmal dem Arbeitgeber – in diesem Fall also der Hochschule. Ziel der Gesetzesänderung: Steigerung des Patentaufkommens an den Hochschulen, welche derzeit am Gesamtvolumen nur einen Anteil von rund vier Prozent haben.
Ob dieses Ziel allerdings erreicht werden kann, wird von vielen bezweifelt. Derzeit würden mehr als die Hälfte aller Hochschulpatente von Geldgebern aus der Industrie angemeldet, berichtete Ingo Böhringer vom Bundesforschungsministerium. Wichtig für die Karriere bei Professoren ist darüber hinaus die Publizierung von Forschungsergebnissen – was aber eine anschließende Patentierung unmöglich macht, weil die Erfindung dann eben nicht mehr neu ist. „Kommerzialisierung oder wissenschaftliche Reputation, nur eines geht“, wie Informatikprofessor Dr. Peter Haas von der FH Dortmund anmerkte. Das gelte besonders für den Software-Bereich.
Allerdings sei die Patentierung einer Erfindung auch nicht das eigentliche Problem, wie Dr. Bernard Hertel von der Garching GmbH, einer Verwertungsfirma der Max-Planck-Gesellschaft, berichtete. Die Schwierigkeiten fangen erst an, so Hertel ,wenn es darum geht, passende Lizenznehmer zu finden.“ Verwerten und Vermarkten von Erfindungen also – und nicht etwa ihre Schutzanmeldung.
Von einem „Paradigmenwechsel“ sprach Prof. Dr. Detlef Müller-Böling, ehemaliger Rektor der Uni Dortmund und heute Leiter des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE). Professoren müssten heute eine andere Einstellung zu ihrer Hochschule entwickeln als „die Kosten trägt die Gemeinschaft – die Gewinne gehören mir“. Der Wegfall des Hochschullehrerprivilegs könne so auch für die zusätzliche Einnahmen der Hochschulen sorgen und ihre Abhängigkeit vom Staat verringern. Wie hoch diese aber ausfallen, ist auch in Zukunft äußerst fraglich. „Die deutschen Unternehmen sind gewohnt“, so Dietrich Groh, Haushaltsdezernent der Uni Dortmund, „dass die Hochschulen Forschungsleistungen gegen Erstattung der Barauslagen erbringen.“ Das decke noch nicht einmal die Kosten und sei im Ausland völlig undenkbar.
Im Ausland funktioniert ohnehin vieles anders. So gibt es an der Metropolitan University der Dortmunder Partnerstadt Leeds in England eine eigenständige Einrichtung namens „UniVentures“, die sich mit der Vermarktung von Forschungsergebnissen der Hochschule beschäftigt. UniVentures trägt sich selber und kostet die Hochschule keinen Pfennig. „Im Gegenteil, die Universität bekommt Geld von uns“, berichtete Geschäftsführer Andrew Burton stolz.
Wie aber soll die Verwertung der Professorenerfindungen in Deutschland künftig organisiert werden? Dies könne nur eine große, landesweite Agentur leisten, ist Heinz Krommen vom Düsseldorfer Wissenschaftsministerium sicher. Völlig anderer Ansicht hingegen war ein Patentanwalt: „Das läuft überhaupt nicht, dazu muss man spezielle Leute kennen und individuelle Kontakte haben.“Wenn die Hochschulen selbst die Verwertungsaufgaben übernehmen, käme auf die ohnehin schon überlasteten Verwaltungen noch einiges zu. Joachim Hübner von der Uni Münster: „Da wird es noch reichlich blutige Nasen geben.“
Um sie zu verwerten muss ein Professor allerdings erst einmal eine Erfindung machen. Oder auch nicht, wie Prof. Dr. Hermann Fahse, ehemaliger Kanzler der Universität Kaiserslautern, meint: „Viele haben ihren Studenten die Erfindungen doch geklaut.“
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