Evaluation der Hochschulmedizin
Wie ist es um die Qualität von Lehre und Forschung bestellt? Antworten auf diese Frage fallen in der Medizin schwerer als in anderen Fakultäten. Grund ist vor allem die ausgesprochen heterogene Struktur der Hochschulmedizin mit ihrem engen Ineinandergreifen von Wissenschaft und Krankenversorgung. Kriterien zu entwickeln, die gleichwohl auf der Grundlage solider Daten eine Beurteilungen der Leistungen erlauben, war Ziel eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 320.000 Mark geförderten Pilotprojektes in Münster. Im Rahmen eines am 2. Oktober 2001 stattfindenden Symposiums zum Thema „Evaluation der Hochschulmedizin – Leistungsbewertung in Forschung, Lehre, Krankenversorgung und Verwaltung“ werden die Ergebnisse dieses Projektes vorgestellt und diskutiert. Rund 200 Vertreter aus Politik und Hochschulmedizin werden zu dieser im Schloss zu Münster stattfindenden Tagung erwartet.
Um die Leistungen der Hochschulmedizin differenziert zu beurteilen, wurde bei dem im Herbst 1998 gestarteten Pilotprojekt in Münster umfangreiches Datenmaterial aus den vier zu evaluierenden Bereichen Forschung, Lehre, Krankenversorgung und Verwaltung erhoben. Begleitet wurde diese mit Unterstützung der niederländischen Universität Leiden durchgeführte Evaluation durch einen Beirat von Evaluations-Experten aus dem In- und Ausland.
Eine anhand aussagekräftiger Kriterien durchgeführte Leistungsbewertung der Hochschulmedizin gewinnt heute unter anderem wegen des zunehmenden Wettbewerbs innerhalb der nationalen und internationalen Lehr- und Forschungslandschaft sowie der wachsenden Konkurrenz der Hochleistungskrankenhäuser untereinander immer größere Bedeutung. In dieser Situation gilt es, Profil zu entwickeln, indem Bereiche, die qualitativ gut da stehen, herausgestellt und weiter gestärkt werden. Dazu bedarf es jedoch zuvor einer Ermittlung der aktuellen Qualität, was mangels unstrittiger Kriterien nahezu unmöglich war. Insbesondere auch im Hinblick auf die in einigen Bundesländern erfolgte rechtliche Verselbstständigung der Krankenversorgung, wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen Anfang dieses Jahres mit der Überführung der Universitätskliniken in Anstalten öffentlichen Rechts geschehen, ist eine differenzierte Leistungsbewertung und eine minutiöse Trennung der Kosten unverzichtbar geworden. Da davon auszugehen ist, dass künftig ein
immer größer werdender Anteil der Landesmittel für Forschung und Lehre leistungsbezogen vergeben wird, dürfte eine Evaluierung auch Ansporn für eine Verbesserung der Qualität sein.
Im Bereich der Forschung ist am Universitätsklinikum Münster nach Angaben der Koordinatorin des Pilotprojektes, Dr. Barbara Pietz, bereits eine sichtbare Qualitätsverbesserung zu verzeichnen. Sowohl bei den Publikationen als auch bei der Einwerbung von Drittmitteln, die sich im Verlauf des Projektes als die beiden aufschlussreichsten und objektivsten Kriterien für die Bewertung von Forschungsleistungen herauskristallisiert haben, habe die auf diesen Gebieten in den letzten Jahren sehr aktive Fakultät noch einmal einen gewaltigen Sprung nach vorn getan. Anders als im Bereich der Forschung, wo die gesuchten Kriterien für eine Evaluation jetzt festliegen und auch nach Abschluss des Pilotprojektes zwecks kontinuierlicher Leistungsbewertung fortlaufend angewandt werden, werden entsprechende Kriterien für die Evaluation der Qualität der Lehre im nächsten Jahr erwartet. Hier soll die bisher quantitative Analyse des Lehraufwands in den einzelnen medizinischen Fächern durch eine Qualitätsbewertung der Lehrleistung vervollständigt werden.
Auch für den Bereich der Krankenversorgung steht eine endgültige Leistungsbewertung noch aus. Zwar ist hier bereits sehr viel Vorarbeit geleistet worden, indem unter anderem die Kosten von denen für Forschung und Lehre sauber getrennt und die behandelten Fälle quantitativ ermittelt und klinikbezogen bewertet werden. Da die Krankenhausfinanzierung jedoch im Jahr 2004 komplett auf ein Fallpauschalen-System umgestellt wird, stehen noch wichtige Informationen aus, die in die Einzelbewertung einfließen. Im Rahmen der Evaluation der Verwaltung wurden speziell die Bereiche unter die Lupe genommen, die als wichtige Schnittstelle zu Krankenversorgung, Forschung und Lehre fungieren. Ziel war es auch dort, Ansatzpunkte für qualitative Verbesserungen zu ermitteln, die letztlich allen betroffenen Bereichen zugute kommen.
Für die Hochschulmedizin in Münster hat sich das Pilotprojekt auf jeden Fall gelohnt. Koordinatorin Pietz: „Zum ersten mal können wir Mittel nach Kriterien vergeben, die auf einer soliden Datenlage basieren.“ Darüber hinaus hat das Projekt auch noch einen weiteren ganz praktischen Gewinn gebracht: Im Zuge der Verselbstständigung der Krankenversorgung in NRW müssen die anfallenden Kosten von denen in Forschung und Lehre im Rahmen einer so genannten Trennungsrechnung streng voneinander abgegrenzt werden. Diese von den anderen Uni-.Kliniken des Landes jetzt möglicherweise nach dem Münsteraner Modell zu entwickelnde, sehr komplizierte und aufwändige Trennungsrechnung lag in Münster bereits vor, bevor sie überhaupt gefordert war. Mit Spannung erwarten die Münsteraner jetzt die Diskussion beim Symposium am 2. Oktober. Sollten sich andere Kliniken dem in Münster entwickelten Modell anschließen, wäre nicht zuletzt erstmals eine Grundlage geschaffen für ein bislang mangels einheitlicher Leistungsbewertung unmögliches objektives leistungsbezogenes „Ranking“ der Hochschulmedizin in Deutschland.
Kontakt: Prof. Dr. Clemens Sorg, Dekan der Medizinischen Fakultät, Tel. 0251/8355491 oder Dr. Barbara Pietz, Koordinatorin des Pilotprojektes „Evaluation der Hochschulmedizin“, Tel. 0251/8355001, E-Mail: evalmed@uni-muenster.de
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