DFG richtet elf weitere Graduiertenkollegs ein
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) intensiviert ihre Bemühungen zur Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Der zuständige Bewilligungsausschuss von Deutschlands zentraler Forschungsförderorganisation beschloss jetzt auf seiner Herbstsitzung in Bonn die Einrichtung von elf weiteren Graduiertenkollegs. In ihnen können Doktorandinnen und Doktoranden in einem strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramm auf hohem fachlichen Niveau promovieren.
Die neuen Graduiertenkollegs befassen sich unter anderem mit Erkrankungen der Skelettmuskulatur, mit der neuronalen Informationsverarbeitung bei Wahrnehmungsprozessen oder mit grafischen Wahrscheinlichkeitsmodellen und deren komplexen Anwendungen. Serviceorientiertere Softwaresysteme in der Medizin und im Gesundheitswesen beziehungsweise die Verbindung des internationalen Rechts mit der Ökonomik sind die Ziele zweier weiterer Einrichtungen. Ebenfalls im Blick der künftigen Doktorandinnen und Doktoranden sowie der sie betreuenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter sind eine „nachhaltige Chemie“, Mikrostrukturen im technischen Einsatz und die Bedeutung des Realen und Faktischen in den Kulturen der Moderne.
Zwei der Neueinrichtungen sind Internationale Graduiertenkollegs, in denen die Geförderten eng mit Universitäten in Japan beziehungsweise Frankreich zusammenarbeiten.
Die neuen Graduiertenkollegs werden in der ersten Förderperiode von viereinhalb Jahren mit insgesamt rund 36,8 Millionen Euro gefördert. Zusätzlich zu den elf Einrichtungen beschloss der Bewilligungsausschuss auch die Verlängerung von 16 Graduiertenkollegs für weitere viereinhalb Jahre.
Insgesamt fördert die DFG derzeit 226 Graduiertenkollegs, davon 61 Internationale Kollegs.
Die neuen Graduiertenkollegs im Einzelnen
(in alphabetischer Reihenfolge der Sprecherhochschule)
Aufgrund weltweit schwindender Rohstoffe ist die Entwicklung grundlegend verbesserter Katalysatoren ein dringliches Forschungsziel. Im Internationalen Graduiertenkolleg „Selektivität in der Chemo- und Biokatalyse“ der RWTH Aachen und der Osaka University sollen die Grundlagen für neuartige Umwandlungsprozesse an der Schnittstelle von Chemo- und Biokatalyse erarbeitet werden. Die deutschen und japanischen Forscherinnen und Forscher wollen interdisziplinär Aspekte effizienter Chemo- und Biokatalysatoren sowie integrierter Methoden verbinden, mit dem Ziel, die nachhaltige Produktion chemischer Zwischenstufen und Produkte sicherzustellen. (Sprecherhochschule: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen; Sprecher: Professor Dr. Jun Okuda; Kooperationspartner: Osaka University, Japan)
Viele Skelettmuskelerkrankungen sind in ihren Pathomechanismen bislang nur wenig verstanden. Dies zu ändern ist Ziel des Internationalen Graduiertenkollegs „MyoGrad“. Die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Freie Universität Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin wollen darin gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern der Université de Paris VI die verschiedenartigen Ursachen für Muskelschwund und Muskelschwäche genauer erforschen und die Forschungsergebnisse für die klinische Anwendung nutzbar machen. Auch die bereits erfolgreiche Kooperation zwischen Berlin und Paris in der Skelettmuskelforschung soll hier noch weiter ausgebaut werden. (Sprecherhochschulen: Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin / Charité Universitätsmedizin Berlin; Sprecherin: Professor Dr. Simone Spuler; Kooperationspartner: Université de Paris VI, Frankreich)
„Serviceorientierte Architekturen zur Integration softwaregestützter Prozesse am Beispiel des Gesundheitswesens und der Medizintechnik“ heißt das neue Graduiertenkolleg der Humboldt-Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin. Forscherinnen und Forscher aus Informatik und Medizin wollen die Beherrschung komplexer Softwaresysteme verbessern. Prinzipien der Serviceorientierung sollen dabei praxisnah erforscht und exemplarisch auf Prozesse der Medizin und des Gesundheitswesens angewendet werden. (Sprecherhochschule: Humboldt-Universität zu Berlin; Sprecher: Professor Dr. Wolfgang Reisig)
Das Graduiertenkolleg „Verarbeitung sensorischer Informationen in neuronalen Systemen“ will Konzepte und Methoden aus den Forschungsgebieten maschinelles Lernen, theoretische Neurobiologie und Systemneurobiologie kombinieren, um neuronale Informationsverarbeitung bei Wahrnehmungsprozessen zu untersuchen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Berliner Hochschulen wollen dabei auch Wechselwirkungen zwischen der Verarbeitung sensorischer Reize und kognitiven Prozessen in ihre Forschung einbeziehen und ein neues theoretisches Rahmenwerk zur Untersuchung neuronaler Informationsverarbeitung entwickeln. (Sprecherhochschule: Technische Universität Berlin; Sprecher: Professor Dr. Klaus Obermayer)
„Wert“ und „Äquivalent“ sind grundlegende Konzepte in allen Gesellschaften. Diese zu erforschen ist Ziel des neuen Graduiertenkollegs der Universität in Frankfurt am Main. Unter dem Titel „Wert und Äquivalent – Über Entstehung und Umwandlung von Werten aus archäologischer und ethnologischer Sicht“ wollen die beteiligten Forscherinnen und Forscher aus Archäologie, Ethnologie und weiteren Geisteswissenschaften die beiden Konzepte in ihren gesellschaftlichen Zusammenhängen von Religion, Politik, Wirtschaft und Kultur interdisziplinär untersuchen. (Sprecherhochschule: Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main; Sprecher: Professor Dr. Hans-Markus von Kaenel)
Das neue Graduiertenkolleg „Posttranskriptionelle Regulation der Genexpression – Mechanismen und Rolle in der Pathogenese“ an der Universität Halle-Wittenberg verbindet klinische Fragestellungen mit Grundlagenforschung im Bereich der Kontrolle der Genexpression. Forscherinnen und Forscher wollen regulatorische Mechanismen der posttranskriptionellen Kontrolle der Genexpression charakterisieren. Dabei kombinieren sie naturwissenschaftlich orientierte Grundlagenforschung und medizinische Fragen und richten ihren Fokus besonders auf Mechanismen der Krankheitsentstehung. So soll die Rolle verschiedener Ribonukleinsäuren in der Entstehung und Entwicklung von Erkrankungen genauer analysiert werden. (Sprecherhochschule: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Sprecher: Dr. Stefan Hüttelmaier)
Das noch junge juristische Phänomen der Internationalisierung des Rechts mit der Ökonomik verbinden, das wollen Forscherinnen und Forscher der Universität Hamburg. Ziel des Graduiertenkollegs „Ökonomik der Internationalisierung des Rechts“ ist es, das Instrumentarium der Ökonomischen Analyse des Rechts auf das Europa- und Völkerrecht und dessen wechselseitige Abhängigkeit mit nationalen Rechtsnormen anzuwenden. Untersucht werden unter anderem drängende Fragestellungen zur optimalen Zuweisung von Nutzungsrechten an international genutzten Ressourcen sowie die Motive und Auswirkungen der Umsetzung und Sanktionierung internationalen Rechts. Damit sollen die Schnittstellen zwischen Ökonomik und Recht gestärkt und eine rechtswissenschaftlich geprägte Weiterentwicklung von ökonomischer Methodik erzielt werden. (Sprecherhochschule: Universität Hamburg; Sprecher: Professor Dr. Thomas Eger)
Grafische Wahrscheinlichkeitsmodelle und ihre komplexen Anwendungen werfen weiterhin zahlreiche offene Forschungsfragen auf. Das Graduiertenkolleg „Spatio / Temporal Probabilistic Graphical Models and Applications in Image Analysis“ soll daher räumliche und zeitliche Wahrscheinlichkeitsmodelle erweitern und so neue Forschungsansätze anregen. Forscherinnen und Forscher der Universität Heidelberg wollen dazu Angewandte Mathematik, Informatik und Physik verbinden. Untersucht werden außerdem Anwendungsprobleme der Bildverarbeitung in den Umweltwissenschaften, den Biowissenschaften und in der Industrie. (Sprecherhochschule: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; Sprecher: Professor Dr. Christoph Schnörr)
Nachdem in den Geistes- und Kulturwissenschaften die Theoriedebatten lange Zeit von der Sprach-, Zeichen- und Medienzentriertheit unseres Verhältnisses zur Wirklichkeit bestimmt waren und die Selbstreferentialität von Texten und anderen kulturellen Gegenständen betont haben, lässt sich inzwischen ein Unbehagen an der Selbstbezüglichkeit kulturwissenschaftlicher Diskurse und eine neue Hinwendung zur Frage nach dem Realen oder Faktischen beobachten. Die Frage, die in diesem Kolleg die Zusammenarbeit von Literatur- und Medienwissenschaftlern, Philosophen, Soziologen und Wissenschaftshistorikern antreibt, lautet dabei, wie und wo solche Unterscheidungen in der Moderne produktiv wurden und es Kulturen erlaubten, ihre Bezogenheit auf das Reale jeweils zu organisieren und zu reflektieren. Dies soll an Auseinandersetzungen und Konzepten aus der Wissenschaftsgeschichte, der Erkenntnistheorie, in der Kultursoziologie, der Geschichte der Fotografie und der Erzählforschung exemplarisch verfolgt werden. (Sprecherhochschule: Universität Konstanz; Sprecher: Professor Dr. Albrecht Koschorke)
Um das mechanische Verhalten von Materialien mit Mikrostruktur im technischen Einsatz besser simulieren zu können, wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Magdeburg auf dem Gebiet metallischer Festkörper sowie in Systemen fester Partikel, die von Fluiden durchströmt sind, ein tieferes Verständnis der physikalischen Vorgänge erarbeiten. Im Graduiertenkolleg „Mikro-Makro-Wechselwirkungen von strukturierten Medien und Partikelsystemen“ sollen dazu Kopplungen zwischen Mikro- und Makroebene detailliert erforscht werden. (Sprecherhochschule: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg; Sprecher: Professor Dr.-Ing. Albrecht Bertram)
Ziel des Graduiertenkollegs „Chemische Fotokatalyse“ ist es, eine breite Nutzung von Sonnenenergie für chemische Reaktionen zu ermöglichen. Dazu sollen an der Universität Regensburg spezielle chemische Fotokatalysatoren entwickelt werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen damit einen wichtigen Beitrag im Hinblick auf eine „nachhaltige“ Chemie und bessere Möglichkeiten zur Energieeinsparung jenseits von Methoden der Fotosynthese oder fotovoltaischen Systemen leisten. (Sprecherhochschule: Universität Regensburg; Sprecher: Professor Dr. Burkhard König)
Weiterführende Informationen
Mehr zu den Graduiertenkollegs unter:
www.dfg.de/gk/
Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle:
Dr. Annette Schmidtmann
Leiterin der Gruppe Graduiertenkollegs, Graduiertenschulen, Nachwuchsförderung
Tel. +49 228 885-2424
Annette.Schmidtmann@dfg.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.dfg.de/gk/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Bildung Wissenschaft
Neueste Beiträge
Experte für verteilte Satellitensysteme
Kleine Satelliten, die Weltraummüll finden und einsammeln: Auf dieses Ziel arbeitet Mohamed Khalil Ben-Larbi hin. Er ist neuer Professor für Raumfahrtinformatik und Satellitensysteme an der Uni Würzburg. Die Menschheit hinterlässt…
BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
Umweltfreundliche Thermoplaste aus nachwachsenden Rohstoffen lassen sich nach Gebrauch recyclen. Ihre Belastbarkeit lässt sich verbessern, indem man sie mit anderen Thermoplasten mischt. Um optimale Eigenschaften zu erzielen, kommt es jedoch…
Gesichert gesundes Krabbeln
Krankheitserreger in Insektenfarmen schnell erkennen. Es ist Bewegung gekommen in unsere Eiweißversorgung – Bewegung auf sechs Beinen: Insekten sind eine Proteinquelle, die zu erschließen in jeder Hinsicht ressourcenschonender ist als…