Programmierbare Biochips mit Nanopumpen
Für seine Arbeit an der Schnittstelle zwischen Physik und Biologie wurde der neu nach Augsburg berufene Physiker Achim Wixforth im Rahmen des Bayerischen Innovationspreises 2002 ausgezeichnet.
Der zu Beginn dieses Sommersemesters an die Universität Augsburg berufene Experimentalphysiker Prof. Dr. Achim Wixforth ist im Rahmen des Bayerischen Innovationspreises 2002 mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung gilt dem unter Federführung Wixforths am Center for NanoScience (CeNS) der LMU München und in der von ihm mitbegründeten Advalytix AG entwickelten „ArrayBooster“. Kern dieses Analysegerätes für Genschnelltest ist ein von Wixforth erfundener progammierbarer Biochip, auf dem mittels integrierter Nanopumpen Reagenzien und Probenmaterial elektronisch gesteuert zur Reaktion gebracht werden können.
Am 6. Juni hat er vom Bayerischen Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (links) einen Innovations-Anerkennungspreis erhalten: der neue Inhaber des Augsburger Lehrstuhls für Experimentalphysik I, Prof. Dr. Achim Wixforth. – Foto: Faces by Frank
Spätestens seit die Entschlüsselung des menschlichen Genoms mit großem Medienecho verkündet wurde, ist die Bedeutung der Genforschung für die Zukunft der medizinischen Diagnostik und Therapie auch über die Fachwelt hinaus bekannt. Immer tiefer stößt die Pharmaforschung auf die molekularbiologische Ebene vor. Aus dem Verständnis der Vorgänge im Zellinnern hoffen die Wissenschaftler, neue Wirkstoffe zur Bekämpfung von Krankheiten ableiten zu können. Auch den Alltag in Arztpraxis und Krankenhaus werden die Erkenntnisse aus den Genlabors verändern: Gentests werden Krankheitserreger schneller und genauer aufspüren können, das Erbgut der Patienten wird Unverträglichkeiten von Medikamenten verraten. Dieser Trend könnte sogar eine weitgehend individualisierte Medizin mit maßgeschneiderten Medikamenten hervorbringen, die effektiver wirken und besser verträglich sind.
GRUNDLAGE FÜR ROBUSTE UND SCHNELL ARBEITENDE ANALYSEGERÄTE
Damit solche Visionen Wirklichkeit werden, brauchen die Forscher entsprechende Werkzeuge: präzise Laborgeräte, die mit wertvollem Probenmaterial in winzigen Mengen umgehen können – kleine robuste Analysegeräte für den Schnelltest am Krankenbett. Die programmierbaren Biochips, die Achim Wixforth erfunden hat, geben dieser Entwicklung wichtige neue Impulse. Die Chips enthalten Nanopumpen, die Reagenzien und Probenmaterial auf dem Chip elektronisch gesteuert zur Reaktion bringen. Integrierte Sensoren ermöglichen die gleichzeitige Analyse. Diese Chips werden mit denselben Methoden hergestellt, die sich in der Fertigung elektronischer Bauelemente bewährt haben. Sie sind dadurch in großer Stückzahl kostengünstig herzustellen.
VOM HANDY-CHIP ZUR NANOPUMPE
Die Technik, mit der diese neue Generation von Biochips funktioniert, ist schon heute weit verbreitet. In jedem Mobiltelefon finden sich Bauelemente, die mit so genannten Oberflächenwellen arbeiten. Wixforth erkannte, dass sich das Prinzip auch zweckentfremden lässt: Aus den Handy-Chips wurden Nanopumpen, die ohne bewegliche Teile robust und wartungsfrei arbeiten und so Biologie und Elektronik verbinden.
AM CeNS ERDACHT, IN DER ADVALYTIX AG ZUR MARKTREIFE GEBRACHT
Nach ersten erfolgreichen Versuchen mit seiner Idee am Center for NanoScience an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität, wagte Achim Wixforth im November 2000 mit ehemaligen Doktoranden die Gründung der Advalytix AG. Auch Infineon Technologies erkannte das Marktpotential, das hinter der Idee steckte, und stieg als strategischer Investor in das junge Unternehmen ein. In nur 18 Monaten gelang es der heute 30 Mitarbeiter zählenden Advalytix AG, ein erstes Produkt zur Marktreife zu entwickeln: Der „ArrayBooster“ verbessert dank der eingebauten Nanopumpen die Analyse-Ergebnisse von Genchips.
WACHSENDE ZAHL VON ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN
Advalytix ist fest in ein enges Netz von Industriekooperationen und von Forschungsprojekten eingebunden, die aus Bundes- und Landesmitteln gefördert werden. Im Rahmen dieser Kooperation werden stetig mehr Anwendungsmöglichkeiten dieser neuen Technologie erkennbar. Sie reichen von der Proteinforschung über die Suche nach Tumorspuren in Gewebeproben bis zur Diagnose von Infektionskrankheiten.
ZUM EINSTAND IN AUGSBURG
Mit dem Bayerischen Innovationspreis werden Unternehmen, Einzelpersonen, Wissenschaftler, Teams und Unternehmensgründer für herausragende und praxisorientierte innovative Leistungen ausgezeichnet, die sich auch auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Bayern auswirken. Wixforth bringt die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung, die ihm am 6. Juni 2002 von Wissenschaftsminister Zehetmair überreicht wurde, sozusagen zum Einstand nach Augsburg mit. Erst seit Ende April dieses Jahres nämlich ist er als Nachfolger von Prof. Dr. Konrad Samwer (jetzt Göttingen) Inhaber des Lehrstuhls für Experimentalphysik I am Institut für Physik der Universität Augsburg, wo er das neue Forschungsfeld an der Schnittstelle von Biologie und Physik weiter vorantreiben will.
ACHIM WIXFORTH: IN HAMBURG PROMOVIERT, AN DER LMU HABILITIERT
1956 in Bielefeld geboren, schloss Wixforth 1984 sein Physikstudium an der Universität Hamburg mit dem Diplom ab, blieb dann als Wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Physik der Universität Hamburg und promovierte dort 1987 mit einer Dissertation über „Wechselwirkung von akustischen Oberflächenwellen mit einem zweidimensionalen Elektronensystem“. Seine Zeit als Hochschulassistent in Hamburg (1987-1990) war von einem einjährigen Aufenthalt als „Research Assistant Engineer“ am Materials Department der University of California, Santa Barbara, unterbrochen. Im Mai 1990 wechselte er als wissenschaftlicher Assistent an die Sektion Physik der LMU München, an der 1994 die Habilitation bei Prof. Dr. Jörg Kotthaus und die Erteilung der Lehrbefugnis für das Fachgebiet Experimentalphysik folgten. 1998 bekam Wixforth von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft den Walter-Schottky-Preis für Festkörperforschung verliehen. Zwei Jahre später gründete er gemeinsam mit Doktoranden die Advalytix AG, eine der erfolgreichen Start-Up Gründungen, die aus dem Center for NanoScience der LMU hervorgegangen sind, dessen Mitglied Wixforth ist. Als er im Oktober 2001 den Ruf auf den Augsburger Lehrstuhl erhielt, war er außerplanmäßiger Professor an der LMU München.
KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN:
Prof. Dr. Achim Wixforth, Lehrstuhl für Experimentalphysik I, Universität Augsburg, 86135 Augsburg, Telefon: 0821/598-3327, Telefax: -3225, e-mail: achim.wixforth@physik.uni-augsburg.de
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Weitere Informationen:
http://www.advalytix.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise
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