Deutsche Krebshilfe fördert Studie zur Kapsel-Endoskopie

Mini-Kamera spürt Dünndarmtumoren auf

Es klingt praktisch und elegant: Der Patient schluckt zur Untersuchung des Dünndarms eine Mini-Kamera und kann anschließend wieder nach Hause gehen. Währenddessen macht die Video-Kapsel acht Stunden lang Aufnahmen von seinem Darm. Anschließend können krankhafte Veränderungen im Dünndarm als Film sichtbar gemacht werden. Ob die noch relativ neue Kapsel-Endoskopie, deren Vorteile und Chancen häufig hervorgehoben werden, tatsächlich so sicher und effektiv ist, möchte die Deutsche Krebshilfe klären: Sie fördert jetzt an der Medizinischen Universitätsklinik in Bochum ein Forschungsprojekt, das die Wertigkeit der Kapsel-Endoskopie im Vergleich zu etablierten Vorsorgeuntersuchungen bei erblichen Darmkrebserkrankungen untersucht. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt die Studie mit rund 249.000 Euro.

Polypen sind die Vorstufen vieler Darmtumoren. Diese zunächst gutartigen Gewebevermehrungen der Darmschleimhaut können auch im Bereich des Dünndarms auftreten und zu bösartigen Tumoren ausarten. „Insbesondere bei Betroffenen mit erblich bedingten Polypen ist eine Beteiligung des Dünndarms häufig“, erläutert Professor Dr. Wolff Schmiegel, Direktor der Medizinischen Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus Bochum und Leiter des Projektes. Für eine Heilung ist die frühzeitige Diagnose der Gewebeveränderungen besonders wichtig. „Doch Dünndarmkarzinome sind schwer zu entdecken und die etablierten Methoden weisen erhebliche Nachteile auf“, so der Mediziner. „Sie führen entweder zu einer hohen Strahlenbelastung, sind invasiv oder technisch sehr aufwändig und in ihrer Aussagekraft begrenzt. Die Kapsel-Endoskopie eröffnet neue Möglichkeiten der Diagnostik und Überwachung des Dünndarms zur Früherkennung von Tumoren.“

Bei der Kapsel-Endoskopie schluckt der Patienten eine erdnussgroße Kapsel, die eine Chip-Kamera mit Batterie, einen Sender und eine Lichtquelle enthält. Über einen Zeitraum von gut acht Stunden nimmt die Mini-Kamera Bilder des Dünndarms auf und übermittelt diese an ein tragbares Aufnahmegerät, das der Betroffene an seinem Gürtel bei sich trägt. Die Kapsel wird auf natürlichem Wege über den Darm ausgeschieden. „Im Gegensatz zur herkömmlichen Darmspiegelung ist die Kapsel-Endoskopie ein nicht-invasives Verfahren, was gerade im Bereich des Dünndarms vorteilhaft ist“, erklärt Professor Schmiegel. Die Untersuchung per Mini-Kamera ist in der Regel ambulant durchführbar. Die Aufnahmen werden anschließend in der Klinik als Film durch ein Computerprogramm sichtbar gemacht.

Bisher gibt es jedoch noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen, welche die Effektivität und die Genauigkeit dieser neuartigen Methode belegen. Die Studie der Deutschen Krebshilfe soll die Kapsel-Endoskopie mit den etablierten Methoden, der Dünndarmspiegelung, dem Dünndarm-Röntgen nach Sellinck und gegebenenfalls weiteren Verfahren wie der Dünndarm-Kernspintomographie vergleichen. Untersucht wird, wie aussagekräftig und komplikationsarm dieses Verfahren ist. An der dreijährigen Studie nehmen pro Jahr etwa 75 Patienten aus den sechs Zentren des Verbundprojektes „Familiärer Darmkrebs“ der Deutschen Krebshilfe teil. Dieses Verbundprojekt wurde bereits 1999 von der Deutschen Krebshilfe initiiert, um Ratsuchende und Betroffene mit erblichem Darmkrebs zu beraten, zu betreuen und zu versorgen. Die Standorte der universitären Zentren sind Bochum, Bonn, Dresden, Düsseldorf, Heidelberg und München/Regensburg.

Info-Kasten: Erblicher Darmkrebs

Jährlich erkranken rund 57.000 Menschen in Deutschland neu an Dickdarmkrebs. Fünf bis zehn Prozent der Krankheitsfälle sind erblich bedingt und umfassen mehrere unterschiedliche Krankheitsbilder. Im Vordergrund steht HNPCC (erbliches kolorektales Karzinom ohne Polyposis): Bei dieser Erkrankung ist auch das Risiko für Tumoren der Gebärmutter, des Nieren-beckens, der Harnleiter, des Magens und anderer Organe erhöht. Außerdem stellen die Erkrankungen FAP (Familiäre Adenomatöse Polyposis) sowie weitere, seltene Erkrankungen wie das Peutz-Jeghers-Syndrom und die Familiäre Juvenile Polyposis, die Basis für erbliche Darmtumoren dar. Die Diagnose einer FAP kann bei einem Patienten in der Regel schon aufgrund der klinischen Befunde gestellt werden. Die Diagnose von HNPCC ist dagegen schwieriger zu stellen, da das Krankheitsbild nur durch eine Verbindung von ausführlicher Familienanamnese und Molekulargenetik erkannt werden kann.

Media Contact

Dr. med. Eva M. Kalbheim idw

Weitere Informationen:

http://www.krebshilfe.de

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