Neue Heilungschancen beim Neuroblastom
Deutsche Krebshilfe fördert großes Kooperationsprojekt
Die Heilungschancen krebskranker Kinder stehen heute gut: Drei von vier Kindern können geheilt werden. Beim Neuroblastom, einer bösartigen Erkrankung der Nervenzellen, ist der Heilungserfolg abhängig vom Stadium des Tumors. Eine große Gefahr besteht darin, dass sich die krankhaft veränderten Nervenzellen im Körper ausbreiten. Wissenschaftler aus Hannover und Stuttgart wollen jetzt eine neue Therapie entwickeln, mit der die Metastasenbildung beim Neuroblastom verhindert werden kann. Das Kooperationsprojekt, das die Erfahrungen und die methodischen Kenntnisse von vier Arbeitsgruppen zusammenführt, wird von der Deutschen Krebshilfe mit rund 317.000 Euro gefördert.
Das Neuroblastom ist eine besondere Form von Nervenzellkrebs, das besonders im Kleinkindalter auftritt. Es entwickelt sich durch eine bösartige Veränderung der Vorläuferzellen, aus denen normalerweise die Nerven entstehen. Breiten sich die entarteten Zellen im Körper aus, wird es gefährlich: Lediglich bei 20 Prozent der betroffenen Kinder kann der Krebs besiegt werden, wenn die Geschwulst bereits gestreut hat. Haben sich hingegen noch keine Metastasen gebildet, können vier von fünf Kindern geheilt werden. Ein Forscherteam aus Hannover und Stuttgart möchte die Mechanismen genauer untersuchen, die zur Ausbreitung von Neuroblastomzellen im Körper führen. „Wir hoffen, neue therapeutische Konzepte entwickeln zu können, mit denen die Metastasenbildung verhindert werden kann“, erklärt Professor Dr. Sylvia Glüer von der Abteilung für Kinderchirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover.
An dem Forschungsprojekt sind neben Professor Glüer, Dr. Martina Mühlenhoff und Dr. Ulrich Lehmann von verschiedenen Instituten der Medizinischen Hochschule Hannover auch Wissenschaftler der Arbeitsgruppe von Privatdozent Dr. Herbert Hildebrandt am Institut für Zoologie der Universität Stuttgart-Hohenheim beteiligt.
Normalerweise werden Zellen durch so genannte Zelladhäsionsmoleküle – eine Art „Zell-Klebstoff“ – zusammengehalten. „Bei Nervenzell-Verbänden spielt dabei möglicherweise das neurale Zelladhäsionsmolekül eine zentrale Rolle“, vermutet Professor Glüer. Erst, wenn die Verbindung zwischen den Neuroblastomzellen unterbrochen ist, können die Tumorzellen auf ihre gefährliche Wanderschaft im Körper gehen. „Die verbindende Funktion des Zelladhäsionsmoleküls wird durch eine Substanz gestört, die sich an das Adhäsionsmolekül anheftet“, erläutert die Medizinerin. Hierbei handele es sich um die so genannte Polysialinsäure, die von Neuroblastomzellen gebildet werde. „Sie bewirkt, dass der Zusammenhalt der Zellen vermindert, ihr Kontakt zur Umgebung aufgehoben und somit die Metastasierung erleichtert wird“, erklärt die Biochemikerin Dr. Mühlenhoff. Das Fernziel der Forschergruppe ist es daher, die Bildung der Polysialinsäure zu blockieren, um die Ausbreitung der entarteten Nervenzellen zu verhindern. Dies könne neue Möglichkeiten für die Therapie des Neuroblastoms eröffnen.
Krebserkrankungen im Kindesalter
In Deutschland erkranken jedes Jahr 1.800 Kinder unter 15 Jahren an Krebs. Am häufigsten werden Leukämien (Blutkrebs), Tumoren des Gehirns und des Rückenmarks sowie Lymphknotenkrebs diagnostiziert. Am Neuroblastom (Nervenzellkrebs) erkranken jedes Jahr in Deutschland rund 130 Kinder neu. Etwa 90 Prozent aller krebskranken Kinder werden in kinderonkologischen Zentren und nach bundesweit einheitlichen Konzepten untersucht und behandelt. Die Deutsche Krebshilfe finanziert fast alle derzeit in Deutschland laufenden Therapiestudien bei Kindern. Die Erfolge stetig verbesserter Behandlungskonzepte sind beeindruckend: Kam die Diagnose Leukämie bei einem Kind noch vor drei Jahrzehnten einem Todesurteil gleich, überleben heute mehr als 70 Prozent der kleinen Patienten diese Erkrankung.
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