Frankfurter Umweltpreis für engagierten Naturschützer aus Tansania

Der Tansanier Joe ole Kuwai setzt sich in der Serengeti für ein verträgliches Zusammenleben von Menschen und Wildtieren ein. Am 26. Juni 2003 erhält Kuwai im Frankfurter Römer den Bruno H. Schubert-Preis, Kategorie II überreicht. Eine Würdigung für einen engagierten internationalen Naturschützer, der einst als Hirtenjunge die Liebe zu den Wildtieren entdeckte.

Joseph Loipukie ole Kuwai ist Maasai und lebt in Tansania. Doch wer sich nun den großen hageren Kuhhirten mit dem traditionellen roten Umhang vorstellt, ist schief gewickelt. Joe ole Kuwai ist eher klein, trägt eine Brille und ist ganz der professionelle „Conservation Manager“. Seit 15 Jahren arbeitet er für die Zoologische Gesellschaft Frankfurt in deren Büro in Seronera, im Herzen der Serengeti. Und seit dieser Zeit kämpft Joe ole Kuwai für das Zusammenleben von Menschen und Wildtieren. Heute, am 26. Juni 2003 wird in Frankfurt seine Leistung gewürdigt. Kuwai erhält im Kaisersaal des Frankfurter Römers den Bruno H. Schubert Preis 2003 in der Kategorie II. Der jährlich von der gleichnamigen Stiftung vergebene Preis würdigt Menschen, die sich über das normale Maß hinaus persönlich für den Natur- und Umweltschutz engagieren.

Vom Hirtenjungen zum internationalen Naturschutzmanager

Joe ole Kuwai stammt aus einer kleinen Maasai Siedlung in den Gol-Bergen am Rande der Serengeti. Seine Kindheit verbrachte der junge Maasai als Hirte mit Kühen, Ziegen und Wildtieren. Mitte der 50er Jahre „verschleppten“ christliche Missionare den Jungen regelrecht in eine Schule. Seine Eltern dachten sogar, ihr Sohn sei umgekommen, erst einen Monat später erfuhren sie, wo er war. Joe passte das mit der Schule überhaupt nicht, er wollte zurück zu seinen Tieren in der Serengeti. Doch sein Vater wusste um die Macht, die mit Bildung und Wissen einhergeht und bestand darauf, dass sein Sohn die Schulbank weiter drücken würde. Und so folgte der Schule eine Ausbildung in Sambia und Kenia und schließlich das Studium in den USA und Großbritannien. Mit einem Diplom in „Wildlife Science“ kehrte der Tansanier in seine Heimat zurück und erhielt als frischgebackener Absolvent eine einmalige Chance: die Stelle des Referatsleiters der neu gegründeten Ngorongoro Conservation Area Authority. Dort konnte Joe erstmals seine beiden Hauptanliegen vereinen, zum einen etwas zu tun für seine Stammesangehörigen und den Erhalt ihres traditionellen Lebensstils und zum anderen beizutragen zum Schutz der Serengeti und ihrer einzigartigen Wildtierbestände. „Joe ist einer der wenigen Maasai, die in beiden Welten leben können, der westlichen wie der traditionellen“, sagt sein Chef Markus Borner über ihn. „Unter der Woche ist er ein moderner Naturschutzmanager hinter dem Computer im Büro. Das Wochenende verbringt er in die traditionellen, farbigen Tücher gehüllt in seinem bescheidenen Haus und bei seinen Kühen am Hang des Ngorongoro Kraters.“

Wo Wohlstand wächst, bleibt Wildnis auf der Strecke

Was in Joes Jugend in den Gol-Bergen selbstverständlich war, wurde in den letzten Jahrzehnten immer schwieriger: Das friedliche Zusammenleben von Menschen und Wildtieren. Die Bevölkerung und ihre Bedürfnisse sind auch rund um die Serengeti immens gewachsen. Die Landnahme wird immer intensiver, der Tourismus wächst weiter und der Druck auf die Naturgebiete steigt unaufhörlich. Neue Wege des Zusammenlebens waren und sind gefragt. Joe ole Kuwai wurde nicht müde, diese neuen Konzepte zu entwickeln, zu testen und immer wieder seine Landsleute mit seiner Begeisterung und seiner Überzeugung anzustecken, dass Tier und Mensch in der Serengeti zusammenleben können.

Der Schwerpunkt seiner Arbeit heute liegt in der Einrichtung von lokal verwalteten Wildschutzgebieten (sog. Wildlife Management Areas) in den Pufferzonen um den Serengeti Nationalpark. „In diesen Gebieten wird die Verantwortung für den Schutz aber auch die Nutzung des Wildes an die Dorfgemeinschaften übergeben“, erläutert Kuwai. „Zum ersten Mal sind mit diesem Konzept Wildtiere in den besiedelten Gebieten nicht nur geduldet, sondern werden fester Bestandteil der lokalen Wirtschaft. Die Dörfer können mit den Tieren einen Tourismus entwickeln und gleichzeitig wird mit den Wildschutzgebieten ein weiterer Teil des Naturerbes Serengeti erhalten.“ Für die Serengeti ist dies die umfassenste Naturschutzaktivität seit der Einrichtung der Schutzgebiete durch Julius Nyerere und Bernhard Grzimek in den 50er Jahren.

Seit der Unabhängigkeit Tansanias 1969 sind in dem Land über ein Dutzend Nationalparks gegründet worden. Mehr als ein Viertel des Landes steht unter Naturschutz (in Deutschland sind es gerade einmal 1,5 Prozent). Joe ole Kuwai steht stellvertretend für viele Tansanier, die ihre spektakulären Wildnisgebiete nicht nur für sich selbst sondern als Erbe der gesamten Menschheit erhalten wollen.

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