Louis-Jeantet-Preis für Medizin 2005 vergeben
Preisträger sind Prof. Alan Hall, Medical Research Council, London, und Prof. Svante Pääbo, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Der Louis-Jeantet-Preis für Medizin ehrt jedes Jahr Wissenschaftler in Europa, deren Forschungsarbeiten in der biomedizinischen Forschung sich durch höchste Qualität auszeichnen. Alan Hall, Professor für Molekularbiologie und Direktor des Labors für Molekulare Zellbiologie des Medical Research Councils in London, erhält den Preis für seine grundlegenden Arbeiten über die Regulation der Zytoskelettdynamik in der Adhäsion, Migration und Polarität von Zellen. Mit dem Preis will er unsere Kenntnisse gewisser Enzyme, den so genannten kleinen GTPasen und Guanin-Nukleotide-Austauschfaktoren im Zusammenhang mit dem Zytoskelett vertiefen, da sie wahrscheinlich eine wichtige Rolle bei der Metastasebildung von Tumorzellen spielen. Svante Pääbo, Professor für Genetik und Evolutionsbiologie an der Universität Leipzig und Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig erhält den Preis für seine innovative Forschung über die Evolution des menschlichen Genoms im Vergleich zu dem anderer Primaten. Pääbo will mit dem Preis jene Gene identifizieren, die für die einzigartigen Eigenschaften des Menschen bestimmend sind, wie die Fähigkeit zu sprechen, eine Sprache zu gebrauchen, aber auch besondere kognitive Fähigkeiten zu besitzen. Die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin überreicht den zwei Preisträgern eine Gesamtsumme von 0,8 Millionen Euro für die Durchführung ihrer neuen Forschungsprojekte. Darüber hinaus erhält jeder Preisträger eine persönliche Zuwendung von 75.000 Euro. Die Preisverleihung findet am Freitag, dem 22. April 2005, in Genf, Schweiz, statt.
Professor Alan HALL
Alan Hall ist Professor für Molekularbiologie und Direktor des Labors für Molekulare Zellbiologie des Medical Research Councils in London. Er ist britischer Staatsbürger und wurde 1952 geboren.
Das Zytoskelett bestehend aus Aktin und Myosin ist wichtig, damit Epithelzellen die Zellpolarität entwickeln, Zell-Zellkontakte herstellen und sich auf diese Weise stark an Nachbarzellen binden, um eine Schicht von Zellen zu bilden. Das Zytoskelett wird ebenfalls stark modifiziert, wenn Zellen migrieren. Alan Hall erhält den Louis-Jeantet Preis für seine Entdeckung, dass gewisse Enzyme, die als kleine GTPasen mit den Namen Rho und Rac bekannt sind, lokal die Zusammensetzung des Zytoskeletts verändern und auf diese Weise die Adhäsion und Migration von Zellen beeinflussen. Da Tumorinvasion sowohl eine Verringerung der Zell-Zellkontakte sowie eine Erhöhung der Zellmigration benötigt, sind die Arbeiten von Alan Hall von größter Wichtigkeit, um zu verstehen, wie epitheliale Tumore metastatisch werden. Alan Hall ist besonders interessiert herauszufinden, welche genetischen Veränderungen die Signalwege der Rho-GTPasen beeinflussen, so dass sich die Kontrolle des Zytoskeletts ändert und damit den epithelialen Tumorzellen erlaubt, aus dem Primärtumor auszubrechen.
Mit dem Louis-Jeantet-Preis für Medizin beabsichtigt Alan Hall die Frage zu erforschen, wie sich die Spezifität der Rho-GTPasen für ihr Substrat herstellt. Er plant etwa 85 verschiedene Guanine-Nukleotide-Austauschfaktoren, die wahrscheinlich mit Rho-GTPasen zusammenwirken, in ihrer Expression entweder zu erhöhen oder zu erniedrigen, und zu messen, wie dies die Migration von Krebszellen beeinflusst. Alan Hall sieht dazu vor, seine Arbeitsgruppe um zwei neue Mitarbeiter zu vergrössern.
Professor Svante Pääbo
Svante Pääbo ist ehrenamtlicher Professor für Genetik und Evolutionsbiologie an der Universität Leipzig und Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Er ist schwedischer Staatsbürger und wurde 1955 geboren.
Svante Pääbo ist ein Pionier in der Untersuchung von uralter DNS. Er hat Techniken entwickelt, die es ermöglichen, DNS aus Spezimen von Museumssammlungen und archäologischen Funden zu isolieren, und er hat Kontrollen eingeführt, die heute die Norm in diesem Gebiet sind. In letzter Zeit hat er sich auf vergleichende Untersuchungen der Evolution der Genome von Primaten konzentriert. Seine Arbeit hat zum Ziel zu entdecken, welche spezifischen genetischen Veränderungen während der menschlichen Evolution stattgefunden haben, als sich unsere Spezies neue phänotypische Merkmale aneignete, die sie klar von unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen, unterscheidet. Indem er das menschliche Genom sowie seine funktionelle Expression mit denen anderer Primaten vergleicht, macht er es möglich, alle die Veränderungen zu identifizieren, die sich im Genom durch positive Selektion fixiert haben und die den menschlichen Vorfahren möglicherweise einen Vorteil brachten. Die Genetik dieser Eigenschaften zu verstehen erweitert nicht nur unsere fundamentalen Kenntnisse über die Evolution und die Biologie des Menschen, sie könnte zudem eine wertvolle Basis darstellen, um Krankheiten zu erklären, die spezifisch menschliche Eigenschaften beeinträchtigen, wie zum Beispiel das Sprechen oder andere kognitive Fähigkeiten.
Mit dem Louis-Jeantet-Preis für Medizin plant Svante Pääbo die Funktion jener Gene zu studieren, die einen Unterschied zwischen Menschen und Affen zeigen und für die es Evidenzen gibt, dass sie während der menschlichen Evolution positiv selektiert wurden. Eines dieser Gene, FOX P2, ist an der Entwicklung des Sprechens und der Sprache beteiligt. Um die Funktion dieses Gens zu verstehen möchte er transgene Mäuse untersuchen die entweder das menschliche oder das Schimpansen-Gen tragen. Svante PÄÄBO plant für dieses Projekt zwei neue Mitarbeiter anzustellen.
Die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin
Die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin wurde auf Grund des letzten Willens von Louis Jeantet, einem französischen Geschäftsmann, der 1981 in Genf (Schweiz) verstarb und eine beträchtliches Vermögen besaß, gegründet. Mit Sitz in Genf vergibt die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin jährlich einen der größeren europäischen Wissxenschaftspreise, den Louis-Jeantet-Preis für Medizin. Die Stiftung will damit die innovative Forschung in der biomedizinischen Wissenschaft fördern.
Zusätzlich unterstützt die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin hervorragende Forschung an der medizinischen Fakultät der Universität von Genf, indem sie ehrenamtliche Professuren fördert. Louis-Jeantet-Professoren erhalten Mittel für Forschung und Personal.
Der Louis-Jeantet-Preis für Medizin
Der Louis-Jeantet-Preis für Medizin ist nicht dazu bestimmt, frühere, bereits anerkannte Fortschritte zu würdigen, sondern will neue Forschungsprojekte von höchster Qualität fördern, die durch die Institution, in der die Preisträger arbeiten, mangels Mitteln nicht vollständig unterstützt werden können.
Preisträger sollten in der Grundlagen- oder klinischen Forschung der Medizin tätig sein und in einem Mitgliedstaat der Europarats arbeiten, müssen aber nicht selbst europäischer Staatsangehöriger sein.
Seit seiner Gründung im Jahre 1986 wurde der Louis-Jeantet-Preis für Medizin an sechzig Forscher in Europa vergeben: neunzehn in Grossbritannien, zwölf in der Schweiz, zehn in Deutschland, neun in Frankreich, drei in den Niederlanden, drei in Schweden, zwei in Belgien, einen in Finnland und einen in Österreich.
Die Preisträger erhalten jeweils eine Förderung für Forschungsprojekte sowie einen persönlichen Preis. Die Gesamtsumme, die die Stiftung seit 1986 an sechzig Preisträger vergeben hat, beläuft sich auf etwa 25 Millionen Euro.
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Prof. Bernard C. Rossier (Sekretär des wissenschaftlichen Komitees)
Louis-Jeantet Stiftung für Medizin, Genf/Schweiz
Tel.: +41 21 69253-51, Sekretärin -50 oder -60
E-Mail: bernard.rossier@unil.ch
Prof. Alan Hall
MRC Laboratory for Molecular Cell Biology,
University College, London/Großbritannien
Tel.: +44 20 7679-7909
Fax: +44 20 7679-7804
E-Mail: alan.hall@ucl.ac.uk
Prof. Svante Pääbo
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Tel.: 0341 3550-501, Sekretärin -500
Fax: 0341 3550-555
E-Mail: paabo@eva.mpg.de
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