Biosensor unterstützt maßgeschneiderte Therapie

Schneller zum besseren Medikament ist für die Pharmaindustrie oberstes Ziel. Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT in St. Ingbert im Saarland haben einen Biosensor entwickelt, mit dem sich biopharmazeutische Wirkstoffe und medizinische Therapien schnell und aussagekräftig evaluieren lassen. Dafür erhielten die Forscher auf der Messe „Sensor“ in Nürnberg den vom AMA Fachverband für Sensorik ausgelobten Sensor Innovationspreis.

Vielen kranken Menschen kann es gar nicht schnell genug gehen mit der Entwicklung neuer Medikamente. Besonders unheilbar Kranke setzen oft ihre ganze Hoffnung auf neue Therapien. Doch Medikamentenentwicklung ist langwierig und teuer. 10 bis 12 Jahre dauert es in der Regel von der Wirkstoffforschung bis zum fertigen Arzneimittel, die Kosten liegen bei 800 Millionen Euro. Doch die Entwicklungszeiten könnten schon bald verkürzt werden. Forscher am Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT haben mit dem Biosensor wichtige Voraussetzungen für maßgeschneiderte Therapien sowie für die beschleunigte Wirkstoff- und Therapieentwicklung geschaffen. Das biohybride Sensorsystem kann erstmals kleinste 3-D-Gewebeproben im Labor schnell und zerstörungsfrei charakterisieren.

„Um die Situation im Zellverband – beispielsweise im Tumor eines Patienten – möglichst wirklichkeitstreu abzubilden, brauchen Pharmaforscher dreidimensionale Zellaggregate“, erläutert Dr. Hagen Thielecke, Leiter der Arbeitsgruppe Zell-basierte Sensorik & Biomonitoring der Abteilung Biohybride Systeme am IBMT. Doch diese 3-D-Modelle konnten bisher nur mit hohem Aufwand charakterisiert werden und waren deshalb für den Routineeinsatz nicht geeignet. Zellkulturen, wie sie normalerweise im Labor verwendet werden, sind zweidimensional.

„Die physiologischen und morphologischen Eigenschaften – beispielsweise Zusammensetzung, externe und interne Struktur der Zellen – eines Gewebes bestimmen die elektrischen Gewebeeigenschaften. Durch die Aufnahme der elektrischen Impedanz über einen bestimmten Frequenzbereich können wir physiologische Vorgänge und Gewebemorphologie erfassen“, erläutert Thielecke die Idee hinter dem neuen Verfahren. Im Biosensor werden die Gewebeproben in eine vertikal angeordnete Messzelle gespült. Ober- und unterhalb des Messbereichs sind Elektroden positioniert, über die Strom eingespeist und der Spannungsabfall erfasst wird. Der Biosensor charakterisiert die Zellaggregate mittels Impedanzspektroskopie oder Poten-zialableitung. „Damit können wir 3-D-Gewebeproben aus Biopsien mit einer Größe vom 100 bis 500 Mikrometer zerstörungsfrei charakterisieren“, erklärt der Wissenschaftler das Messprinzip.

Die Forscher können mit dem Sensor die Wirkungsweise von Medikamenten oder Therapien auf die Zellaggregate beobachten, ohne dabei die Zellen zu zerstören. „Dazu erstellen wir elektrische Ersatzschaltbildmodelle für bestimmte Gewebeeigenschaften“, beschreibt Thielecke die Vorgehensweise der Wissenschaftler. Tumorgewebe hat eine andere Struktur als gesundes Gewebe, also auch andere elektrische Eigenschaften. Werden die Tumorproben bestrahlt, kann man anhand des vorher bestimmten Modells und der Messdaten exakt die Strahlendosis bestimmen, bei der die Zellen im Gewebe absterben. Das kann den Arzt bei der Auswahl einer für jeden Patienten individuellen Strahlentherapie unterstützen. Nach demselben Prinzip lässt sich die Wirkungsweise von Medikamenten in kurzer Zeit bestimmen.

Erste Praxistests sowohl bei der Evaluierung von Antitumortherapien als auch bei Herz-Kreislauferkrankungen hat der Biosensor bereits positiv bestanden. Der Biosensor könnte künftig auch die Forschung und Qualitätssicherung im Bereich Tissue Engineering (Gewebeersatz) unterstützen.

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Marion Horn idw

Weitere Informationen:

http://www.fraunhofer.de

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