Leibniz-Preis für Peter Gumbsch
Professor Peter Gumbsch, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg und Halle und Leiter des Instituts für Zuverlässigkeit von Bauteilen und Systemen IZBS an der Universität Karlsruhe erhält für seine herausragenden Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Verformungs- und Bruchprozesse von Werkstoffen den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis 2007.
Das gab die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) am heutigen Donnerstag bekannt. Der Leibnizpreis ist der renommierteste und mit 2,5 Millionen Euro höchst dotierte Forschungspreis in Deutschland. Das Fraunhofer IWM ist damit als erstes Fraunhofer-Institut, das einen zweiten Leibnizpreisträger stellt. Bereits 1991 hatte Professor Hermann Riedel den Preis erhalten.
»Eine sehr große Ehre und natürlich eine ideale Basis, weiter in ergebnisoffene Grundlagenforschung zu investieren«, freute Gumbsch sich, als er erfuhr, dass sich die Jury der DFG für ihn als einen der Preisträger entschieden hatte. Die Forschungsschwerpunkte des Physikers liegen im Grenzgebiet zwischen der Physik und den Ingenieurwissenschaften. Zum heutigen Verständnis der Verformung und des Bruchs von Werkstoffen hat Peter Gumbsch elementare Beiträge geleistet, lobt der Preisträger von 1991 und IWM-Mitarbeiter Professor Hermann Riedel die Arbeit seines Kollegen.
Die Simulation von Werkstoffen und hier insbesondere die Multiskalen-Materialmodellierung, also die mathematische Beschreibung von Werkstoffen über mehrere Größen- und Zeitskalen – von der atomaren Ebene über die Kristalle bis zum ganzen Werkstück – prägen Gumbschs Forschungsarbeiten. Um die Veränderung von Werkstoffeigenschaften in Fertigungsprozessen wie dem Formen von Metallteilen, oder im Einsatz von Bauteilen z.B. bei hohen Temperaturen oder unter Verschleiß genau beschreiben zu können, müssen werkstoffphysikalische Prozesse bis hinunter zur atomaren Ebene verstanden werden. Dieses elementare Verständnis wiederum muss via Multiskalensimulation in ingenieurwissenschaftliche Simulationen Eingang finden. Zur Kopplung von Finite-Elemente-Simulationen mit atomistischen Techniken hat er maßgebliche methodische Beiträge geleistet.
Mit Molekulardynamik und atomistischer Simulation ist Gumbsch und Kollegen jüngst ein Durchbruch gelungen. Ihre Arbeiten erklären, wie Oberflächenstrukturen bei Beschichtungsprozessen entstehen und wachsen. Die von Gumbsch entwickelten Simulationsmethoden sind ein entscheidender Schritt hin zum virtuellen Oberflächendesign und zum virtuellen Beschichtungsprozess.
Ideen für die Verwendung des Preisgeldes hat Peter Gumbsch viele. Sein Forschungsinteresse konzentriert sich, wie er sagt, »auf das Niemandsland der Plastizitäts- und Bruchforschung. Die Entstehungsprozesse von Rissen und Versetzungen sind bislang nur ungenügend beschrieben«, erläutert er, »hierfür müssen Modelle entwickelt werden«. Für das Ermüdungsverhalten von technischen Bauteilen, deren Festigkeit aber auch den Verschleiß seien diese Prozesse von zentraler Bedeutung.
Peter Gumbsch hat Physik an der Universität Stuttgart studiert, parallel dazu studierte er Wirtschaftswissenschaften. Nach seiner Promotion in Physik in Stuttgart war er ab 1991 als Gastwissenschaftler in London und Oxford tätig, bevor er ans Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart zurückkehrte. 2000 und 2001 lehnte er Rufe an die TU Braunschweig und an die Ohio State University ab, um eine C4-Professur in Karlsruhe anzunehmen. Zurzeit ist er Ordinarius für Werkstoffmechanik und Leiter des Instituts für Zuverlässigkeit von Bauteilen und Systemen der Universität Karlsruhe sowie Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg und Halle, das er seit 2001 führt.
Der Leibnizpreisträger 2007 ist international anerkannt und gefragt – bei internationalen Konferenzen und Workshops und in einschlägigen Berufungskommissionen. Er leitet EU-Netzwerke und EU-Projekte zu größenabhängigen mechanischen Phänomenen sowie der Multiskalensimulation von Funktionskeramiken. Er wurde bereits mehrfach ausgezeichnet: mit dem Peter Haasen Preis der Universität Göttingen, dem Masing-Gedächtnispreis der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde (DGM) und einem Lectureship der Federation of European Materials Societies (FEMS).
Peter Gumbsch hat auch die Forschungslandschaft in Deutschland geprägt. So ist es ihm im vergangenen Jahr erstmalig gelungen, zusammen mit Professor Dierk Raabe von Max-Planck-Institut für Eisenforschung eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Max-Planck-Gesellschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft aufzubauen. Das Team arbeitet an neuartigen, präzisen Simulationsmodellen für Metalle und metallische Bauteile.
Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis
Der zuständige Hauptausschuss der DFG hat heute zwei Wissenschaftlerinnen und acht Wissenschaftler für die Auszeichnung mit dem höchstdotierten deutschen Förderpreis bestimmt. Die neuen Leibniz-Preisträger erhalten 2007 erstmals eine Fördersumme von bis zu 2,5 Millionen Euro (vormals: 1,55 Millionen Euro) und können diese Mittel in einem Zeitraum von bis zu sieben Jahren (vormals: fünf Jahre) flexibel für ihre Forschungsarbeiten einsetzen.
Das Leibniz-Programm wurde 1985 eingerichtet mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen herausragender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verbessern, ihre Forschungsmöglichkeiten zu erweitern, sie von administrativem Arbeitsaufwand zu entlasten und ihnen die Beschäftigung besonders qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler zu erleichtern.
Mit der heutigen Entscheidung erhöht sich die Zahl der bisher im Leibniz-Programm vergebenen Preise auf 249. Davon kommen 54 aus den Geisteswissenschaften, 70 aus den Biowissenschaften, 89 aus den Naturwissenschaften und 36 aus den Ingenieurwissenschaften.
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