Der Geruchssinn der Fruchtfliegen

Wie Gerüche eine Handlung auslösen, ist eine Grundfrage der Neurowissenschaften. Richard Benton, ausserordentlicher Professor am Centre intégratif de génomique der Universität Lausanne, verfolgt die molekularen Spuren chemischer Signale von der Nase bis ins Hirn von Insekten. In Anerkennung seiner Arbeit verleiht ihm der Schweizerische Nationalfonds im Auftrag der Latsis-Stiftung den Nationalen Latsis-Preis 2015.

Der 38-jähige Wissenschaftler konzentriert sich in seiner Arbeit auf die Fruchtfliege Drosophila melanogaster, die heimische Essigfliege. Er erforscht die molekulare Logik der chemischen Signale, die es den Insekten möglich macht, Verwandte, Partner, Konkurrenten, Beute und Räuber voneinander zu unterscheiden.

Zu diesem Zweck identifiziert er die Rezeptoren in der Nase und die Neuronen im Hirn, die auf Informationen vom Geruchssinn der Insekten reagieren. Benton will genau nachvollziehen, wie eine Substanz in definierte Hirnregion aktiviert und dadurch ein bestimmtes Verhalten herbeiführt.

Parallelen zum Menschen

„Obwohl die Nase der Fruchtfliege viel einfacher ist als unsere, ist die Geruchswahrnehmung von Insekten unserer Wahrnehmung überraschend ähnlich“, erklärt Benton. „Das zeigt sich in der Organisation der neuronalen Schaltkreise und wie sie auf Gerüche ansprechen.“ Die Fruchtfliege bringt uns deshalb auch dem Verständnis von neuronalen Schaltkreisen in einem komplexeren Gehirn näher.

Bentons Forschungsgruppe interessiert sich insbesondere dafür, wie Pheromone erkannt werden. Wie viele andere Tiere setzen Insekten chemische Signale ein, um Wege oder ein Territorium zu markieren und auch um Gefahren zu signalisieren. Der britische Forscher studiert die molekularen Pfade der Wahrnehmung von Pheromonen, um zu erklären, wie diese wichtigen chemischen Signale auch in allerkleinsten Mengen erkannt werden und wie sie entsprechende Reaktionen auslösen.

Benton interessiert sich auch für die Evolution neuronaler Systeme über tausende von Generationen, durch die Tiere ihr Verhalten an eine veränderte Umwelt anpassen. So gibt es zum Beispiel Fruchtfliegenarten, die sich von einer einzigen Art Frucht ernähren. Diese Spezialisierung führt zu Veränderungen in den Genen der Geruchsrezeptoren und der Verknüpfung von Neuronen im Hirn. Durch das Verständnis der genetischen Veränderungen, die hinter den Anpassungen der Struktur und Funktion der neuronalen Kreisläufe stehen, lernen die Forschenden, wie Gehirne funktionieren.

Schädliche Insekten bekämpfen

Die Studien fördern aber nicht nur das neurowissenschaftliche Grundlagenwissen. „Ein kleiner Schritt genügt, um die Grundlagen-forschung meiner Gruppe in der Praxis anzuwenden“, sagt Benton.

Mit dem Wissen der molekularen Basis des Geruchssinns, können Forschende das Verhalten von Insekten in der freien Natur beeinflussen. Die Resultate mit der heimischen Fruchtfliege helfen so möglicherweise die eingeschleppte Kirschessigfliege (Drosophila suzukii), die Trauben- und Erdbeerernten beschädigt, zu bekämpfen.

„Die Resultate unserer Forschung können auch zur Bekämpfung menschlicher Krankheiten beitragen.“» Malaria, Denguefieber und auch die Schlafkrankheit werden von blutsaugenden Insekten wie Mücken und Tsetsefliegen übertragen, die sich bei der Suche nach Wirten vom Geruchssinn leiten lassen.

——

Richard Benton

Nach seinem Studium promovierte Richard Benton (1977 in Edinburgh geboren) an der University of Cambridge. Zwischen 2003 und 2007 forschte er als Postdoc an der Rockefeller University in New York. Danach wurde er Assistenzprofessor am Centre intégratif de génomique der Universität Lausanne, wo er 2012 eine ausserordentliche Professur erhielt.

Benton wurde mit mehrere Preisen ausgezeichnet und erhielt ERC Starting und Consolidator Grants. Der passionierte Pianist ist mit einer Professorin für Mikrobiologie verheiratet und Vater von zwei Kindern im Alter von 8 und 5 Jahren.

Ein Porträt von Richard Benton erscheint in der neusten Ausgabe des Schweizer Forschungsmagazins „Horizonte“.

Bilder für den redaktionellen Gebrauch von Richard Benton können Sie hier herunterladen: www.snf.ch > Fokus Forschung > Medien > Medienmitteilungen

Nationaler Latsis-Preis

Der mit 100'000 Franken dotierte Nationale Latsis-Preis ist eine der wichtigsten wissenschaftlichen Auszeichnungen der Schweiz. Der Schweizerische Nationalfonds verleiht den Preis jedes Jahr im Auftrag der Fondation Latsis Internationale an junge Forschende unter 40 Jahren, in Anerkennung von aussergewöhnlichen wissenschaftlichen Arbeiten in der Schweiz.

Die Latsis-Stiftung wurde 1975 von der Familie Latsis in Genf gegründet. Die 32. Preisverleihung findet am 22. Januar 2016 im Berner Rathaus statt. Interessierte Medienvertreter können sich via E-Mail anmelden: com@snf.ch.

Kontakt

Prof. Richard Benton
Centre intégratif de génomique
Faculté de Biologie et Médecine
Université de Lausanne
CH-1015 Lausanne
Tel.: +41 (0)21 692 39 32 und +41 (0)78 911 32 13
E-Mail: richard.benton@unil.ch

http://www.snf.ch/de/fokusForschung/newsroom/Seiten/news-151124-horizonte-frucht… Aktuelle Ausgabe – Horizonte Nr. 107, Dezember 2015
https://youtu.be/gScj4JrtOqs Das Video-Porträt des Latsis-Preisträgers „Latsis-Preis an Fruchfliegenforscher Richard Benton“ © SNF / Rhône Productions
http://www.snf.ch/de/fokusForschung/newsroom/Seiten/news-151124-medienmitteilung… Bilder für den redaktionellen Gebrauch

Media Contact

Medien - Abteilung Kommunikation Schweizerischer Nationalfonds SNF

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Lebensretter unter der Haut

Erstmals in der UMG Defibrillator mit Brustbein-Elektrode gegen den plötzlichen Herztod implantiert. Im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) wurde einem Patienten mit Herzrhythmusstörungen erstmals ein neuartiger Defibrillator mit Brustbein-Elektrode implantiert:…

Studie zeigt Zunahme der UV-Strahlung in Mitteleuropa

Langzeitanalyse zu Daten aus dem deutschen UV-Messnetz erschienen: Ausgabejahr 2024 Datum 28.11.2024 In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die UV–Strahlung in Teilen von Mitteleuropa unerwartet stark erhöht. Zwischen 1997 und…

Stundenlanges Fräsen von Umformwerkzeugen passé

Die Großserienfertigung von Bipolarplatten für Brennstoffzellen erfolgt im Sekundentakt. Um eingesetzte Umformwerkzeuge vor Verschleiß zu schützen, werden sie aus hochwertigen Metalllegierungen gefräst. Im Nationalen Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion (H2GO) geht das Fraunhofer-Institut…