Evolution: Zusammenspiel von Bakterien und Insekten
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) nimmt den Biologen Dr. Michael Gerth in das Emmy Noether-Programm auf und unterstützt seine Arbeit in den kommenden Jahren mit bis zu 1,4 Millionen Euro. Mit der Förderung wird Gerth aus Großbritannien an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) wechseln und seine eigene Arbeitsgruppe am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) etablieren. Im Fokus seiner Forschung steht die Evolution von speziellen Bakterien, die in Fliegen, Bienen und anderen Insekten leben.
Die Bakterien, mit denen sich Gerth beschäftigt, sind für ihre Wirtstiere oft von großem Nutzen: Die winzigen Mitbewohner bilden zum Beispiel Gifte, die bei der Abwehr von Parasiten helfen, oder wichtige Nährstoffe, wie Vitamine. Die Beziehung zwischen Bakterien und Wirt kann sogar so weit gehen, dass die Bakterien Einfluss auf die Fortpflanzung der Tiere nehmen können. Bei einigen Insekten kann sich der Nachwuchs auch aus unbefruchteten Eizellen entwickeln; bei Bienen entstehen so normalerweise die männlichen Drohnen. „Wolbachia-Bakterien können ihren Wirt so manipulieren, dass nur noch weibliche Nachkommen geboren werden, die für die Übertragung der Bakterien zentral sind“, sagt Dr. Michael Gerth.
Teilweise wechseln die Bakterien auch zwischen verschiedenen Tierarten. „Bisher ist noch wenig darüber bekannt, was die Bakterien beim Wirtswechsel erfolgreich macht und welche Folgen die neue Umgebung für sie hat, also wie sich zum Beispiel ihr Erbgut durch den Wechsel verändert“, sagt Gerth. Hier setzt die neue Noether-Gruppe an: In Laborversuchen mit verschiedenen Arten der Taufliege Drosophila erforscht das Team um Gerth, wie sich die DNA von Spiroplasma-Bakterien verändert, wenn sie von einer Art zur nächsten übertragen werden. In Untersuchungen mit Wildbienen soll das Erbgut von Wolbachia-Bakterien näher untersucht werden.
„Wir wollen herausfinden, welche Stämme besonders häufig und welche besonders selten in Wildbienen vertreten sind. Über den Vergleich der genomischen Daten, die wir im Labor und der Natur gewinnen, wollen wir untersuchen, ob es genetische Muster gibt, die im Zusammenhang mit einem erfolgreichen Wirtswechsel stehen“, fasst Gerth zusammen. Zudem soll geprüft werden, welchen Einfluss Umweltfaktoren, wie steigende Temperaturen, auf diese Prozesse haben.
Der Biologe findet für seine Forschung in Mitteldeutschland optimale Voraussetzungen: „iDiv bietet eine einzigartige Forschungsumgebung in Deutschland und eine sehr gute Infrastruktur für meine Arbeit. Die MLU verfügt über eine international ausgewiesene Zoologie, deren Themen sich mit meinen Forschungsgebieten sehr gut ergänzen“, sagt der Wissenschaftler.
Michael Gerth, Jahrgang 1985, studierte von 2005 bis 2010 Biologie an der Universität Leipzig. 2015 wurde er dort mit einer Arbeit über Wolbachia-Bakterien in Bienen promoviert. Anschließend forschte er zwei Jahre über ein Marie-Sklodowska-Curie-Stipendium der Europäischen Union an der University of Liverpool in Großbritannien. Bis zuletzt war Gerth dann an der Oxford Brookes University als Lecturer tätig.
Das Emmy Noether-Programm der DFG richtet sich an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in einer frühen Karrierephase. Durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe sollen sie sich über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren für die Laufbahn als Professorin oder Professor qualifizieren. Benannt ist das Programm nach der Mathematikerin Emmy Noether, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts als erste deutsche Frau im Bereich der Mathematik habilitierte.
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