Kieler Sonderforschungsbereich 754 geht in die dritte Phase

Verteilung von Sauerstoff in den Weltmeeren bei 300 bis 500 Metern Tiefe. Die Farben dunkelblau bis lila zeigen die Sauerstoffminimumzonen. Grafik: SFB 754

Schwärme bunter Fische vor noch bunteren Korallen – tropische Meere gelten gemeinhin als Oasen des Lebens. Doch dieses Bild stimmt nur teilweise. Ein genauer Blick auf die Weiten und vor allem in die Tiefen der tropischen Ozeane offenbart gewaltige Zonen, in denen Sauerstoff Mangelware ist. Diese Sauerstoffminimumzonen (SMZ) existieren aufgrund natürlicher Prozesse an den östlichen Rändern des Pazifiks, des Atlantiks und im Arabischen Meer.

Sie beeinflussen nicht nur die Biologie, indem sie die Lebensräume von Fischen eingrenzen. Sie spielen auch für globale Stoffkreisläufe, z.B. für Stickstoff als wichtigen Nährstoff und für Kohlenstoff als CO2, eine bedeutende Rolle. Messungen zeigen außerdem, dass sie sich in den vergangenen Jahrzehnten ausgedehnt haben.

Seit 2008 untersucht der an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel angesiedelte Sonderforschungsbereich (SFB) 754 „Klima-Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“, ob und wie sich diese SMZ infolge des Klimawandels verändern. Heute gab die Deutsche Forschungsgemeinschaft bekannt, dass sie eine dritte vierjährige Phase des SFB 754 mit mehr als 12 Millionen Euro fördert.

„Das ist eine großartige Nachricht, denn so können wir nach der positiven Bewertung durch ein international hochkarätiges Gutachtergremium unsere wegweisenden Arbeiten fortsetzen und in den nächsten vier Jahren ein besseres Verständnis der Dynamik der Sauerstoffminimumzonen und ihrer Rolle im Erdsystem gewinnen“, betont Prof. Dr. Andreas Oschlies vom GEOMAR, seit 2011 Sprecher des SFB 754.

CAU-Präsident Lutz Kipp betont: „Die erneute Förderung des SFB unterstreicht die jahrelange exzellente Zusammenarbeit von universitärer und außeruniversitärer Forschung. Ich gratuliere den Beteiligten zu diesem Erfolg! Jetzt wollen wir gemeinsam die nächsten Schritte in der Exzellenzinitiative gehen.“

Auch GEOMAR-Direktor Professor Peter Herzig gratulierte den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des SFB: „Seit acht Jahren arbeitet der Kieler Sonderforschungsbereich 754 daran, drängende Fragen zur Zukunft des Ozeans und des Klima zu beantworten. Das Niveau der Forschung hat ihm national und international Anerkennung eingebracht. Die Bewilligung einer dritten Phase durch die DFG ist sowohl Bestätigung der bisherigen Leistung als auch Ansporn für weitere innovative Untersuchungen.“

Insgesamt sechs Expeditionen im östlichen Pazifik und zwei wissenschaftliche Ausfahrten im tropischen Atlantik sind in der dritten Phase zwischen 2016 und 2019 geplant. Ein weiterer Höhepunkt ist ein zehnwöchiges Experiment mit den Kieler Offshore-Mesokosmen (KOSMOS) in der SMZ vor Peru. Die weltweit einzigartigen mobilen und hochseetauglichen Versuchsbehälter wurden in den vergangenen Jahren schwerpunktmäßig genutzt, um Auswirkungen der Ozeanversauerung auf Ökosysteme in den obersten Wasserschichten der Meere zu untersuchen.

„Vor Peru werden gemeinsam mit den Mesokosmen eine Vielzahl weiterer biologischer, physikalischer und geochemischer Experimente durchgeführt, um die Mechanismen zu identifizieren, die für die Ausdehnung bzw. Verringerung der weltweit größten SMZ im tropischen Ozean verantwortlich waren und sein werden. Hierzu werden ebenfalls in Kiel für diesen Zweck weiter entwickelte, auf biochemische Prozesse ausgerichtete, Klima- und Ozeanmodelle eingesetzt“, erklärt Professor Oschlies.

Dabei arbeitet der SFB 754 eng mit dem Instituto del Mar del Peru (IMARPE) und dem Instituto Geofisico del Peru (IGP) zusammen. Bei den Untersuchungen im Atlantik gibt es eine starke Kooperation mit dem Instituto Nacional de Desenvolvimento das Pescas (INDP) in Mindelo auf den Kapverdischen Inseln.

Um besser zu verstehen, wie und warum sauerstoffreiches Wasser bestimmte Bereiche der Sauerstoffminimumzonen erreicht und andere nicht, wird die Ausbreitung von Spurenstoffen verfolgt, die in den vergangenen Jahren in den SMZ des Atlantiks und des Pazifiks ausgebracht worden sind.

Zusätzlich werden Sedimentproben analysiert, die Auskünfte über vergangene Sauerstoffkonzentrationen im Ozean liefern. „Aus den Veränderungen in der Vergangenheit können wir lernen, welche Prozesse vermutlich auch für die Zukunft relevant sein werden und wie wir sie in unseren Klimamodellen berücksichtigen müssen“, so Prof. Dr. Ralph Schneider von der Universität Kiel und Vize-Sprecher des SFB 754.

Der in seiner fachlichen Breite international einmalige Sonderforschungsbereich umfasst rund 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Ozeanographie, Physik, Biologie, Chemie, Biogeochemie, Paläoontologie, Geologie, Meteorologie und Klimamodellierung. „Das System Ozean ist äußerst komplex. Um das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren zu verstehen, arbeiten wir in Kiel sehr eng über Fachgrenzen hinweg zusammen. Das ist gerade in der nun beginnenden Synthesephase des SFB 754 wichtig, um am Ende ein Gesamtbild der Entwicklung der Sauerstoffminimumzonen und ihrer Auswirkungen auf den Lebensraum Meer zu erhalten“, betont der SFB 754-Sprecher Professor Oschlies.

http://www.uni-kiel.de Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
http://www.geomar.de Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
http://www.sfb754.de Der Sonderforschungsbereich 754 „Klima-Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“

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Andreas Villwock idw - Informationsdienst Wissenschaft

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