Kleine Proteine in Prokaryoten: Die Erforschung einer neuen Welt
Erneuter Erfolg für den Forschungsstandort Schleswig-Holstein: Nach der Bewilligung gleich drei neuer Leibniz-WissenschaftsCampi Mitte März in Kiel ist es nun die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) weitere umfangreiche Förderung zusagt. Zur Einrichtung des neuen Schwerpunktprogramms (SPP) „Kleine Proteine in Prokaryoten, eine unbekannt Welt“ stellt die DFG einem interdisziplinären bundesweiten Forschungskonsortium unter der Leitung der CAU nun rund 6 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre zur Verfügung.
Schon jetzt stehen drei Forschungsgruppen an den Universitäten Würzburg, Freiburg und Braunschweig aus der Mikrobiologie, Infektionsforschung und Biochemie als führende Projektpartner fest. „Den Auftrag zur Einrichtung eines solchen umfangreichen nationalen Verbundes durch die Uni Kiel sehen wir als weitere Bestätigung unserer exzellenten Forschungsarbeit. Bundesweit wird jetzt anerkannt, dass sich Kiel zu einem herausragenden Wissenschaftsstandort und Impulsgeber entwickelt, und das nicht nur in den Lebenswissenschaften“, bewertet CAU-Vizepräsidentin Professorin Karin Schwarz die Entscheidung der DFG.
Während die Lebensprozesse vielzelliger Organismen seit vielen Jahren intensiv erforscht werden, gibt es auch heute noch beinahe vollständig unbekannte Gebiete in den Lebenswissenschaften. Ein solches neuartiges Forschungsfeld, das die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des SPP nun erschließen wollen, konzentriert sich auf die Welt der sogenannten Prokaryoten. Diese Gruppe einzelliger Lebewesen ist durch das Fehlen eines Zellkerns charakterisiert und umfasst Bakterien und Archaeen, auch Urbakterien genannt. Sie kommen in großer Anzahl in den verschiedensten Umgebungen vor und spielen eine wichtige Rolle zum Beispiel für Gesundheit und Umwelt. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die Rolle neu entdeckter, besonders kleiner Proteine der Prokaryoten, den bisher wenig erforschten sogenannten µ-Proteinen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen die Funktionen und molekularen Mechanismen dieser kleinen Proteine untersuchen, was erst durch die jüngsten Fortschritte in den Analysetechniken möglich geworden ist. „Mit der Erforschung der µ-Proteine betreten wir wissenschaftliches Neuland. Dank der Förderzusage der DFG sind wir nun in der Lage, über die kommenden Jahre die Grundlagen zur Beschreibung und Funktionsanalyse einer völlig neuen Proteinklasse zu schaffen und möglicherweise gänzlich neuartige Prinzipien der Regulation und der Zusammensetzung von Proteinkomplexen zu entschlüsseln“, freut sich Professorin Ruth Schmitz-Streit, Mikrobiologin an der CAU und Leiterin des neuen Schwerpunktprogramms.
Erste Studien weisen darauf hin, dass die neuentdeckten kleinen Proteine möglicherweise für ein breites Spektrum an zellulären Prozessen von der Energiegewinnung bis hin zum Transport verantwortlich sind. Die Forschenden haben sich nun vorgenommen, die bislang weitgehend unbekannte Vielfalt der kleinen prokaryotischen Proteine einschließlich ihres Funktionsumfangs zu entschlüsseln. Dabei erwarten sie, hunderte neuer Proteine in verschiedenen Spezies und neuartige Funktionen zu entdecken. Diese Bestandsaufnahme der Gesamtheit der prokaryotischen Mikroproteine wird dazu beitragen, das Wissen über ihren Beitrag zu regulatorischen und strukturellen Prozessen zu erweitern.
Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es damit, die Klasse der µ-Proteine zu charakterisieren und so grundlegende Prinzipien des prokaryotischen Lebens zu entschlüsseln. Langfristig erhoffen sie sich davon unter anderem neuartige Therapieansätze, zum Beispiel die Entwicklung von alternativen Methoden zur Bekämpfung von mikrobiellen Krankheitserregern. Bis zum Start des wissenschaftlichen Programms im kommenden Jahr gilt es nun, aus den rund 30 designierten teilnehmenden Arbeitsgruppen verschiedener Forschungsinstitutionen bundesweit das thematische Netzwerk des neuen SPP „Kleine Proteine in Prokaryoten, eine unbekannt Welt“ zu formen.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet 17 neue Schwerpunktprogramme (SPP) für das Jahr 2017 ein, insgesamt werden damit bundesweit rund 100 dieser Projekte gefördert. Die SPP dienen dazu, wissenschaftliche Grundlagen besonders aktueller oder sich gerade bildender Forschungsgebiete zu untersuchen. Weiterhin verlangt das Modell nach überregionalen Kooperationen von Forschenden und Institutionen als Voraussetzung der Förderung. Von ihren Schwerpunktprogrammen erhofft sich die DFG spürbare Impulse zur Weiterentwicklung der Wissenschaft dank einer gezielten Förderung wichtiger neuer Themen.
Es steht eine Grafik zum Download bereit:
http://www.uni-kiel.de/download/pm/2016/2016-103-1.jpg
Strukturvorhersage eines kürzlich identifizierten stickstoffregulierenden µ-Proteins des Urbakteriums Methanosarcina mazei.
Abbildung: Prof. Ruth Schmitz-Streit
Kontakt:
Prof. Ruth Schmitz-Streit
Molekularbiologie der Mikroorganismen,
Institut für Allgemeine Mikrobiologie, CAU
Telefon: 0431 880-4334
E-Mail: rschmitz@ifam.uni-kiel.de
Weitere Informationen:
Molekularbiologie der Mikroorganismen (AG Schmitz-Streit),
Institut für Allgemeine Mikrobiologie, CAU
http://www.mikrobio.uni-kiel.de/de/ag-schmitz-streit
Schwerpunktprogramme der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG):
http://www.dfg.de/foerderung/programme/koordinierte_programme/schwerpunktprogram…
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Text / Redaktion: Christian Urban
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