Molekulare Zeitreise – Europäischer Forschungsrat: 3 Millionen Euro für Bremer Meeresforscher

Prof. Hinrichs im Bremer Bohrkernlager des IODP International Ocean Drilling Programm D. Ausserhofer, DFG

Im Rahmen der prestigeträchtigen Förderlinie Exzellente Wissenschaft vergibt der Europäische Forschungsrat insgesamt 445 Millionen Euro an 190 Wissenschaftler aus ganz Europa. Die Förderlinie ist Bestandteil des EU-Forschungsrahmenplans Horizon 2020.

Eine Veröffentlichung, die 2014 im angesehenen US-Wissenschaftsmagazin PNAS erschien, lieferte die Initialzündung für den jetzt durch den Europäischen Forschungsrat bewilligten Förderantrag. Damals hatten Hinrichs und seine Gruppe knapp 10.000 Jahre alten Ablagerungen aus dem Mittelmeer Umweltinformationen im Vierjahres-Rhythmus entlockt.

Eine solch hohe zeitliche Auflösung dieser Art von Informationen war bis dato in den untersuchten Ablagerungen unvorstellbar gewesen. Im Fokus der Untersuchungen, für die das Team einen speziellen Laser mit einem Massenspektrometer koppelte, standen organische Moleküle, sogenannte Lipid-Biomarker.

Das sind Zellbausteine einzelliger Meeresorganismen, die in allen Ozeanen lebten und leben. Die in den Sedimenten abgelagerten Lipide abgestorbener Einzeller liefern stellvertretend für direkte Messungen Informationen über vorzeitliche Umweltbedingungen im Meer.

„Mit dem Projekt ZOOMECULAR können wir diese aufwändigen Forschungen jetzt fortsetzen und unsere Methodik weiter verbessern“, sagt Kai-Uwe Hinrichs. „Mit den neuartigen Methoden zoomen wir mit unseren molekularen Analysen in winzige Sedimentproben, die gerade mal einen Zehntel Millimeter Durchmesser haben, um so komplexe Klimaprozesse der jüngeren Erdgeschichte im Jahresrhythmus zu rekonstruieren und damit besser zu verstehen.“

Die molekulare Zeitreise soll neue Erkenntnisse zu hochdynamischen Klimavorgängen liefern. Beispiele dafür sind die sogenannte Kleine Eiszeit im ausgehenden Mittelalter, eine plötzliche kühle Episode am Ende der letzten Kaltzeit, die als Jüngere Dryas in die Erdgeschichte einging, oder das Auf und Ab zwischen El Nino und La Nina im Pazifik. – Als Geochemiker will Hinrichs aber auch mehr darüber herausfinden, wie einzelligen Organismen im Sediment agieren und welche Rolle sie letztlich im Rahmen globaler Stoffkreisläufe spielen.

Hinrichs, seit 2002 Professor für Organische Geochemie an der Universität Bremen, ist einer von nur sieben Erdwissenschaftlern, die in der Exzellenz-Förderrunde des Europäischen Forschungsrats erfolgreich waren – und einer von ganz wenigen Forschern, denen dies zweimal gelang. Bereits 2010 erhielt er diese Auszeichnung vom Europäischen Forschungsrat für ein fünfjähriges Projekt.

„Angesichts der intensiven Konkurrenz um die Fördermittel des Europäischen Forschungsrats ist das ein wirklich überzeugender Erfolg“, sagt MARUM-Direktor Prof. Michael Schulz: „Auch zeigt sich einmal mehr, dass die Rahmenbedingungen am MARUM der Universität Bremen solche internationale Spitzenforschung ermöglichen.“

Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Albert Gerdes
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65540
Email: agerdes@marum.de

Media Contact

Albert Gerdes idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.marum.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Lebensretter unter der Haut

Erstmals in der UMG Defibrillator mit Brustbein-Elektrode gegen den plötzlichen Herztod implantiert. Im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) wurde einem Patienten mit Herzrhythmusstörungen erstmals ein neuartiger Defibrillator mit Brustbein-Elektrode implantiert:…

Studie zeigt Zunahme der UV-Strahlung in Mitteleuropa

Langzeitanalyse zu Daten aus dem deutschen UV-Messnetz erschienen: Ausgabejahr 2024 Datum 28.11.2024 In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die UV–Strahlung in Teilen von Mitteleuropa unerwartet stark erhöht. Zwischen 1997 und…

Stundenlanges Fräsen von Umformwerkzeugen passé

Die Großserienfertigung von Bipolarplatten für Brennstoffzellen erfolgt im Sekundentakt. Um eingesetzte Umformwerkzeuge vor Verschleiß zu schützen, werden sie aus hochwertigen Metalllegierungen gefräst. Im Nationalen Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion (H2GO) geht das Fraunhofer-Institut…