Neue genetische Krankheit entschlüsselt: Privatdozent Dr. Frank Rutsch mit Adalbert Czerny-Preis ausgezeichnet

Für die Entschlüsselung einer neuen genetischen Erkrankung im Vitamin-B12-Stoffwechsel wurde Privatdozent Dr. Frank Rutsch von der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin – Allgemeine Pädiatrie – des Universitätsklinikums Münster (UKM) nun mit dem Adalbert-Czerny-Preis der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) ausgezeichnet. Die Preisverleihung erfolgte Anfang September im Rahmen des Kinder- und Jugendärztekongresses der DGKJ in Mannheim. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert.

Frank Rutsch befasste sich in seiner Arbeit mit dem Vitamin-B12-Stoffwechsel. Dieses Vitamin, auch Cobalamin genannt, wird über die Nahrung (z.B. Fleisch, Fisch, Eier) aufgenommen, gelangt über Transportproteine durch die Darmzellen hindurch ins Blut und über die Zellrezeptoren in die Lysosomen (kleine Membranbläschen) der bedürftigen Gewebezellen. Hier müsste der Stoff wieder freigesetzt werden, um seine Versorgungsfunktionen für Zellteilung, Blutbildung und für das Nervensystem voll erfüllen zu können.

Dr. Rutsch: „Eben diese Freisetzung des Cobalamins aus den Lysosomen geschieht bei dem erforschten „CblF-Defekt“ nicht, der Vitamintransport ist gestört. Die betroffenen Patienten leiden daher schon im Säuglingsalter unter Gedeihstörungen, Entwicklungsverzögerung und Anämie und werden durch ein Überangebot von Vitamin-B12 behandelt.“ Die Ergebnisse des Forschungsprojektes wurden Anfang 2009 in der renommierten Zeitschrift „Nature Genetics“ veröffentlicht.

Rutschs Forschungsarbeit entschlüsselt eine Erkrankung, die bisher an weltweit nur zwölf Patienten beschrieben wurde, aber vermutlich gibt es etliche nicht erkannte Fälle dieses Defekts, was auf die sehr aufwändige Diagnostik zurückzuführen ist.

Mit seinen Erkenntnissen über den „CblF-Defekt“ trägt Rutsch darüber hinaus zu einem wesentlich besseren Verständnis der zelleigenen Proteine und der zellulären Transportsysteme bei und schafft dadurch völlig neue Perspektiven für die Erforschung komplexer Stoffwechselerkrankungen. Rutsch betont, dass eine solche Arbeit nur in Kooperation mit anderen Wissenschaftlern zu schaffen sei, und verweist auf seine Zusammenarbeit mit Forscherteams aus Deutschland, Kanada, Frankreich und der Schweiz. Gemeinsam gelang es den Wissenschaftlern mit Hilfe von DNA-Mikrochips einen winzigen Abschnitt in der Erbinformation der untersuchten Personen zu identifizieren, der bei nahezu allen dieser Patienten identisch war und einen Defekt in einem ganz bestimmten Gen aufwies. „Demnach mussten diese Patienten alle verwandt sein und vor nicht mehr als acht bis neun Generationen einen gemeinsamen Vorfahren gehabt haben, der die krankmachende Erbinformation an seine ahnungslosen Nachfahren weitergegeben hat,“ so der UKM-Mediziner.

Den Adalbert-Czerny-Preis verleiht die DGKJ an Forscher aus dem wissenschaftlichen Nachwuchs, deren innovative Arbeit eine herausragende Leistung darstellt. Genau dies ist, so die Jury in ihrer Begründung, bei Priv.-Doz. Dr. Frank Rutschs Veröffentlichung zum CblF-Defekt der Fall. Rutsch (43) ist Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Münster, Mitarbeiter des dortigen Stoffwechselzentrums und Leiter der Poliklinik. Seit 2001 ist er auch forschend tätig.

Media Contact

Simone Hoffmann idw

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-muenster.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…