Physik-Nobelpreis für Messungen an rätselhaften Neutrinos

Wissenschaftler bei der Arbeit an den Detektoren im Aachener Labor. Copyright: RWTH Aachen

Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr an die Teilchenforscher Takaaki Kajita (56) aus Japan und Arthur McDonald (72) aus Kanada für den Nachweis, dass Neutrinos eine Masse besitzen.

Neutrinos sind elementare Bausteine unseres Universums, die Materie nahezu ungehindert durchdringen und Teilchenforschern viele Rätsel aufgeben. Riesige Detektoren sind notwendig, um Neutrinos zu stoppen und nachweisen zu können.

Aachener Forscher unter der Leitung von Dr. Stefan Roth vom III. Physikalischen Institut der RWTH Aachen sind an der Entwicklung neuer Technologien für den Teilchennachweis mit dem Nahdetektor ND280 beteiligt.

Der Detektor steht im Forschungszentrum JPARC (Japanese Proton Accelerator Research Complex) an der japanischen Ostküste. Hier werden aus einem intensiven Protonenstrahl Neutrinos erzeugt und 295 Kilometer weit durch die Erde zu dem weltweit erfolgreichsten Neutrinodetektor Super-Kamiokande an der japanischen Westküste geschickt.

Mit diesem Detektor hat Takaaki Kajita die Messungen gemacht, die jetzt mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden. Der ND280 vermisst den Strahl, bevor er auf die Reise durch die Erde geht und mit Super-Kamiokande als Ferndetektor nachgewiesen wird. Mit diesem Projekt gelang es 2011 nachzuweisen, dass sich nicht nur die Neutrinos aus der Atmosphäre in andere Neutrinos umwandeln, sondern dass sich alle untereinander umwandeln.

Mittlerweile haben sich die Forscher um den ND280 und Super-Kamiokande der nächsten Aufgabe zugewandt: Der Frage, ob Neutrinos sich anders umwandeln als deren Antimaterie, die Antineutrinos, und ob in diesem Unterschied die Ursache zu finden ist, warum im Laufe der Entwicklung des Universums die anfänglich zahlreich vorhandene Antimaterie verschwunden ist.

Der Super-Kamiokande Detektor wurde 1996 in Betrieb genommen und beobachtete in den ersten Jahren Neutrinos, die in der Atmosphäre und in der Sonne auf natürlichem Wege entstehen. Einige Jahre später entschied man, die Messungen durch einen künstlichen Neutrinostrahl zu erweitern. An dieser Erweiterung ist auch das III. Physikalische Institut der RWTH beteiligt.

Im Forschungszentrum JPARC haben die Aachener Wissenschaftler am Aufbau des ND280 mitgearbeitet und tragen nun zum Betrieb bei. Den Kern des Detektors bilden drei große Spurkammern, sogenannte Time Projection Chambers, die Teilchenspuren aufzeichnen. Dr. Stefan Roth hat mit seiner Gruppe ein umfangreiches System zur Überwachung und kontinuierlichen Kalibration dieser Time Projection Chambers aufgebaut.

Mehrere dieser Einheiten sind in Japan installiert. Sie werden von Aachen aus betrieben, die Daten werden an der RWTH ausgewertet und in eine Datenbank in Japan übertragen. Mit ihnen erreicht der Detektor seine beste Auflösung. „Der Nobelpreis an unseren Kollegen Takaaki Kajita zeigt, dass wir mit unserem Engagement am japanischen Neutrinoprogramm den richtigen Weg eingeschlagen haben“, kommentiert Roth den Nobelpreis. „Wir gratulieren ihm und sind gespannt, welche Entdeckungen noch vor uns liegen.“

Kontakt:

Prof. Dr. Achim Stahl
Lehrstuhl für Experimentalphysik III B und III. Physikalisches Institut
Tel: 0241 80-27302
E-Mail: achim.stahl@physik.rwth-aachen.de

Prof. Dr. Christopher Wiebusch
Lehrstuhl für Experimentalphysik III B und III. Physikalisches Institut
Tel: 0241 80-27300
E-Mail: christopher.wiebusch@physik.rwth-aachen.de

Dr. Stefan Roth
Lehrstuhl für Experimentalphysik III B und III. Physikalisches Institut
Tel: 0241 80-27296
E-Mail: stefan.roth@physik.rwth-aachen.de

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Thomas von Salzen idw - Informationsdienst Wissenschaft

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