Prof. Peter Zipfel erhält Hauptpreis der DGHM
Prof. Peter Zipfel, Abteilungsleiter am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – und Professor für Infektionsbiologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena wurde auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie mit dem Hauptpreis der DGHM ausgezeichnet.
Die renommierte medizinische Fachgesellschaft würdigt mit dem Preis Zipfels grundlegende Forschungsarbeiten zur Rolle des Komplementsystems für die Regulation der antimikrobiellen Abwehr.
Zipfel erforscht mit seinem Team die Immunevasion von krankheitserregenden Mikroorganismen. Darunter versteht man molekulare Vorgänge, die eine Erkennung des Krankheitserregers im menschlichen Organismus erschweren. Viele Bakterien und Pilze bedienen sich dazu eines Tricks, der sie als Wolf im Schafspelz erscheinen lässt: Die Erreger binden, sobald sie in das Gewebe oder die Blutbahn des Menschen eingedrungen sind, bestimmte Eiweiße ihres Wirtes an ihre Oberfläche.
Damit erscheinen sie dem Immunsystem wie körpereigenes Gewebe und werden nicht erkannt und angegriffen. Die Erreger können sich dann nahezu ungehindert vermehren und durch Ausschüttung verschiedener Giftstoffe den Krankheitsverlauf bestimmen. Dabei verwenden die Erreger fatalerweise Substanzen, die selbst zum komplexen System der Immunabwehr gehören und nutzen damit die eigentlich gegen sie gerichteten Waffen des Wirtsorganismus für ihre eigenen Zwecke.
Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Peter Zipfel mit seinem Team an diesem Phänomen. Dabei konnte er eine ganze Reihe menschlicher Immunproteine identifizieren, welche Krankheitserreger an ihre Zelloberflächen heften. Viele dieser Proteine gehören dem Komplementsystem an. Dies ist ein ursprünglicher Abwehrmechanismus, der Fremdpartikel, wie eben Krankheitserreger, erkennt und zerstört. Antikörper spielen hierbei keine Rolle. Vielmehr beruht das Komplementsystem ähnlich wie die Blutgerinnung auf einer Kaskade sich gegenseitig aktivierender Proteine. Manche dieser Komponenten werden nun von den Erregern missbraucht und für die eigene Maskierung verwendet. Zipfel untersuchte außerdem, welche Bindungspartner die Mikroorganismen selbst auf ihrer Zelloberfläche präsentieren, um die begehrten Schutzmoleküle einzufangen. Für viele Krankheitserreger konnte er solche Moleküle aufspüren, sie werden heute in der Gruppe der CRAS-Proteine (Complement Regulator Aquiring Surface Proteins) zusammengefasst. So beschrieb er diese Faktoren zunächst bei Streptokokken und Staphylokokken, später auch für den Erreger der Zeckenborreliose Borrelia burgdorferi und für den Auslöser der Hirnhautentzündung, Neisseria meningitidis. Seit einigen Jahren befasst Zipfel sich vor allem mit der Hefe Candida albicans, einer der am weitesten verbreiteten krankheitserregenden Pilze. Auch hier konnte er – obwohl verwandtschaftlich weit entfernt von den Bakterien, solche CRAS-Proteine nachweisen.
Zipfels Arbeiten sind von grundlegender Bedeutung für die Erforschung von Krankheitsmechanismen und eröffnen auch neue Möglichkeiten für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Wenn es gelingt, die Maskierung der Erreger durch geeignete Medikamente zu unterbinden, dann hat das Immunsystem wieder Gelegenheit, sich selbst zur Wehr zu setzen und die Mikroben zu zerstören. Einen auf diesem Prinzip basierenden Impfstoff gibt es bereits, er richtet sich gegen den Auslöser der oft tödlich verlaufenden Hirnhautentzündung Neisseria meningitidis.
Axel Brakhage, der Direktor des Hans-Knöll-Instituts freut sich besonders über die Auszeichnung seines Kollegen: „Die DGHM ist eine sehr renommierte Fachgesellschaft mit großer Tradition. Ihr gehören in der Mehrzahl medizinische Mikrobiologen an, die sich vor allem in den Universitätskliniken um die Krankenversorgung und Diagnostik kümmern. Mit Peter Zipfel wurde nun ein Wissenschaftler geehrt, der eine exzellente grundlagenorientierte Forschung betreibt. Dies zeigt, dass wir mit unserer wissenschaftlichen Ausrichtung nah an den wirklich wichtigen Themen arbeiten und dass Grundlagenforschung und Klinik immer enger vernetzt werden. Hiervon können beide Seiten stark profitieren zum Nutzen für den einzelnen Menschen, der sich eine schnelle Heilung erhofft.“
Peter Zipfel kooperiert weltweit mit Forschern zu den Wechselbeziehungen zwischen Immunsystem und Krankheitserregern. Er kann eine beachtliche Liste von über 200 wissenschaftlichen Veröffentlichungen in angesehenen Fachjournalen vorweisen. Seine Arbeiten finanziert er großenteils über Drittmittelprojekte, darunter sogar Gelder der US-amerikanischen NIH (National Institutes of Health).
Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM, http://www.dghm.org) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die sich der Förderung von Forschung und Lehre auf den Gebieten Mikrobiologie und Infektionsimmunologie sowie der Hygiene und des Gesundheitswesens widmet. Die DGHM unterstützt den Austausch wissenschaftlicher und praktischer Erfahrung durch wissenschaftliche Veranstaltungen und gemeinsame wissenschaftlichen Vorhaben. Sie wurde 1906 als „Freie Vereinigung für Mikrobiologie“ gegründet. Heute gehören der DGHM über 1900 Mitglieder aus dem In- und Ausland an. Sie ist damit eine der größten mikrobiologischen Fachgesellschaften Deutschlands. Ihre Jahrestagung – sie gehört zu den wichtigsten Fachkongressen für Mikrobiologie in Europa – ging soeben in Göttingen zu Ende.
Informationen zum HKI http://www.hki-jena.de
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre Wirksamkeit gegen Pilzerkrankungen untersucht und zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt derzeit über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen jeweils fünf Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Zur Zeit arbeiten etwa 280 Menschen am HKI, darunter 93 Doktoranden.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft http://www.leibniz-gemeinschaft.de
Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute arbeiten strategisch und themenorientiert an Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 14.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 6.500 Wissenschaftler, davon wiederum 2.500 Nachwuchswissenschaftler.
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