Umfangreiche Fördermaßnahmen für Forschung an Chromatin, Nebenniere und Krebstherapie

Chromatindynamik (SFB 1064)

Im Rahmen des verlängerten Sonderforschungsbereichs „Chromatindynamik“ widmen sich die Forscherinnen und Forscher den Vorgängen im Umfeld der DNA. Denn unsere Zellen verstauen ihr Erbgut innerhalb der Zellkerne in einer als „Chromatin“ bekannten Struktur.

Vor allem die Histonproteine, um die die DNA gewickelt ist, stehen im Fokus. Bestimmte chemische Veränderungen der Histone können dazu führen, dass Gene abgelesen werden oder gerade nicht. Dieses Zusammenspiel zu verstehen und neue relevante Veränderungen zu entdecken, ist das Ziel der breit gefächerten Projekte des SFBs.

Dabei arbeiten zahlreiche Fachbereiche zusammen: Epigenetik, Entwicklungsbiologie, Endokrinologie, Virologie und die molekulare Physiologie. Das verwundert insofern nicht, als dass Modifikationen der Histone durch zahlreiche Prozesse wie Alterung, Stoffwechselvorgänge oder Ernährung beeinflusst werden können. Umgekehrt kann ein verändertes Chromatin beispielsweise Entzündungs- oder Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes, Adipositas oder Krebs begünstigen.

Entsprechend hoffen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, diese molekularen Prozesse zu verstehen, um künftig gezielt darin eingreifen zu können. Darüber hinaus werden Teilprojekte die Embryogenese und die menschliche Fruchtbarkeit ins Visier nehmen, genau wie das therapeutisch interessante Feld der gezielten Stammzellerzeugung.

Koordiniert wird das Projekt durch Prof. Dr. Peter Becker von der LMU. Beteiligt von Seiten des Helmholtz Zentrums München sind Prof. Dr. Maria Elena Torres-Padilla (IES), Dr. Nina Henriette Uhlenhaut (IDO), Prof. Dr. Dirk Eick (MEG), Prof. Dr. Wolfgang Hammerschmidt (AGV) und Prof. Dr. Robert Schneider (IFE). Für ihre Arbeit erhalten sie insgesamt rund 2,8 Millionen Euro.

Die Nebenniere: Zentrales Relais in Gesundheit und Krankheit (SFB/ Transregio 205)

In diesem neu bewilligten SFB wollen die Forscherinnen und Forscher grundlagenwissenschaftliche und translationale Fragestellungen rund um die Nebenniere beantworten. Diese könnte auch als das Stressorgan des Menschen bezeichnet werden: Die Nebennierenrinde stellt Steroidhormone her (etwa Cortisol) und ist am Wasser-, Mineralstoff- und Zuckerhaushalt beteiligt.

Das Nebennierenmark bildet Adrenalin und Noradrenalin und ist dem sympathischen Nervensystem zuzurechnen. Das Organ spielt also eine entscheidende Rolle bei Stressreaktionen und hat durch unseren modernen Lebenswandel stark an Bedeutung gewonnen. Beispielsweise geht die rasante Ausbreitung von Diabetes wohl teilweise auch auf Hormonwirkungen zurück. Funktionsstörungen oder Tumore der Nebenniere können zudem überlebenswichtige Prozesse beeinflussen.

Ziel des SFBs ist es, die komplexen Wechselwirkungen innerhalb der Nebenniere sowie mit anderen Organsystemen zu verstehen. Ein Beispiel ist die bildgebende Massenspektrometrie (MALDI Imaging), mit der das Team am Helmholtz Zentrum München Gewebeproben auf Hormone und verschiedene Stoffwechselprodukte untersucht. Deren Visualisierung war bisher nicht möglich.

Die Ergebnisse sollen die etablierte Hormonanalytik im Blut unterstützen und mit den Befunden im Nebennierengewebe verknüpfen. Ein weiteres Teilprojekt am Helmholtz Zentrum München beleuchtet in einem genomweiten Ansatz mit Hilfe von Next Generation Sequencing (NGS) die Wirkung von Stresshormonen auf das Fettgewebe. Darüber hinaus sollen im Rahmen des SFBs die molekularen Mechanismen entschlüsselt werden, die zur Entstehung von Nebennierentumoren führen. Langfristiges Ziel ist die Identifikation von neuen Therapiemöglichkeiten.

Sprecher des Projekts ist Prof. Dr. Stefan R. Bornstein von der Technischen Universität Dresden. Beteiligt von Seiten des Helmholtz Zentrums München sind Dr. Natalia S. Pellegata (IDC), Dr. Nina Henriette Uhlenhaut (IDO), Prof. Dr. Stephan Herzig (IDC) und Prof. Dr. Axel Karl Walch (AAP). Ihre Arbeit wird mit rund 1,7 Millionen Euro unterstützt.

Bildgebung zur Selektion, Überwachung und Individualisierung der Krebstherapie (SFB 824)

Ziel des ebenfalls verlängerten Verbundprojektes zur Bildgebung in der Krebstherapie ist es, Methoden zur bildlichen Darstellung der Tumorbiologie zu entwickeln, um damit die Therapie bei Patienten mit Krebserkrankungen individuell anzupassen und zu überwachen.

Verschiedene Bildgebungsverfahren wie MRT, PET oder MSOT sollen genutzt werden, um langfristig die Erfolge von Krebstherapien zu verbessern.* Gleichzeitig wollen die beteiligten Wissenschaftler auch neue Methoden molekularer Bildgebung entwickeln, mit denen sie Therapieeffekte besser voraussagen und objektiv auswerten können.

Darüber hinaus soll es möglich werden, Tumorgewebe frühzeitig zu erkennen und Stoffwechsel- und zellbiologische Vorgänge (Proliferation, Gefäßneubildung und Substrattransport) darin sichtbar zu machen. Aus den zellbiologischen Signalen könnte man dann beispielsweise die Aggressivität eines Tumors abschätzen.

Konkrete Teilprojekte am Helmholtz Zentrum München umfassen etwa die Analyse von Stoffwechselunterschieden innerhalb einzelner Pankreaskarzinome. Sie sollen mit bildgebender Massenspektrometrie (MALDI Imaging) sichtbar gemacht werden. Auch hinsichtlich der sogenannten Krebskachexie werden Experimente mit metabolischer Bildgebung stattfinden.

Dieser krebsbedingte Körpergewichtsverlust ist ein klinisches Problem, das wesentlich zur Sterblichkeit bei verschiedenen Tumorerkrankungen beiträgt. Zudem werden die beteiligten Forscher nach Markern suchen, um Therapien zu überwachen, die die Durchblutung von neuroendokrinen Tumoren hemmen.

Das Klinikum rechts der Isar in München stellt mit Thorsten Geerken und Prof. Dr. Markus Schwaiger sowohl den Koordinator als auch den Sprecher des SFBs. Beteiligt von Seiten des Helmholtz Zentrums München sind Dr. Natalia S. Pellegata (IDC), Dr. Mauricio Berriel Diaz (IDC), Prof. Dr. Stephan Herzig (IDC), Prof. Dr. Vasilis Ntziachristos (als Lehrstuhlinhaber für Biologische Bildgebung an der TU München) und Prof. Dr. Axel Karl Walch (AAP). Ihre Arbeit wird mit rund 760.000 Euro unterstützt.

Weitere Informationen:

* MRT steht für Magnetresonanztomographie, ein bildgebendes Verfahren, das vor allem in der medizinischen Diagnostik zur Darstellung von Struktur und Funktion der Gewebe und Organe im Körper eingesetzt wird. PET bezeichnet die Positronen-Emissions-Tomographie, ein Verfahren der Nuklearmedizin. Es erzeugt Schnittbilder von lebenden Organismen und bildet biochemische und physiologische Funktionen ab. MSOT steht für die multispektrale optoakustische Tomografie, die unter anderem für Untersuchungen in Körpergewebe eingesetzt werden kann ohne eine Strahlenbelastung darzustellen.

Sonderforschungsbereiche (SFB) sind auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren (in der Regel drei mal vier Jahre) angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über die Grenzen ihrer jeweiligen Fächer, Institute, Fachbereiche und Fakultäten hinweg im Rahmen eines übergreifenden und wissenschaftlich exzellenten Forschungsprogramms zusammenarbeiten.

Der klassische Sonderforschungsbereich (SFB) wird in der Regel von einer Hochschule beantragt. Der SFB-Transregio (TRR) wird von mehreren (in der Regel bis zu drei) Hochschulen gemeinsam beantragt. Die Förderung ermöglicht eine enge überregionale Kooperation zwischen Hochschulen und den dort Forschenden sowie eine Vernetzung und gemeinsame Nutzung der Ressourcen. Für SFB/TRR stehen im Haushalt der DFG insgesamt jährlich knapp 600 Millionen Euro zur Verfügung. Die DFG fördert damit ab Juli 2017 insgesamt 267 Sonderforschungsbereiche.

Weiterführende Links:

Hier geht es zur Webseite des Sonderforschungsbereichs „Chromatindynamik“
http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/213249687

Hier geht es zur Webseite des Sonderforschungsbereichs „Bildgebung zur Selektion, Überwachung und Individualisierung der Krebstherapie“
http://www.sfb824.de/de/index.php

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. http://www.helmholtz-muenchen.de

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