Versteckte Gesundheitsrisiken durch Umwelthormone?

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Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors/der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder der European Health and Digital Executive Agency (HADEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können für sie verantwortlich gemacht werden.

Fraunhofer IBMT Partner in neuem EU-gefördeten Forschungsprojekt »ENDOMIX«.

Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT ist mit seiner langjährigen Expertise in Zellmodellen und Toxikologie an einem neuen EU-geförderten Projekt zu Gesundheitsrisiken endokriner Disruptoren beteiligt. Umwelthormone sind chemische Substanzen, die ähnlich wie körpereigene Hormone wirken können. Im Organismus greifen sie in das Hormonsystem und verbundene Körperprozesse ein. Die gesundheitlichen Risiken soll das im Januar 2024 gestartete internationale Forschungsprojekt »ENDOMIX« aufklären. Die Forschenden werden Empfehlungen erarbeiten, wie Belastungen mit Alltagschemikalien mit hormonähnlicher Wirkung gesenkt und so mögliche Gesundheitsrisiken reduziert werden können.

Tagtäglich sind wir einer Vielzahl von Umwelthormonen ausgesetzt: Sie kommen beispielsweise als Weichmacher in Plastikprodukten vor und können über die Nahrung, die Haut oder durch das Einatmen kleinster Partikel in unseren Körper gelangen.

»Die Aufnahme von nur kleinsten Mengen dieser Substanzen, dies aber über einen längeren Zeitraum, kann zu ernsthaften Auswirkungen auf unsere Gesundheit führen«, sagt Dr. Yvonne Kohl, Leiterin des Projekts am Fraunhofer IBMT. »Leider gibt es in diesem Forschungsbereich immer noch sehr viele Datenlücken, um das Gesundheitsrisiko von endokrinen Disruptoren besser bewerten zu können«. Umwelthormone werden auch als endokrine Disruptoren bezeichnet. Sie stören hormonell gesteuerte Prozesse im Körper, indem sie diese zum Beispiel anstoßen, verstärken oder hemmen. Was bedeuten solche Störungen des Hormonsystems für unsere Gesundheit? Welche Erkrankungen können sie auslösen? Und wo und wie genau wirken endokrine Disruptoren im Körper – insbesondere auch als Mischung?

Kohortenstudien dienen als Datenschatz

»ENDOMIX« soll Antworten auf diese wichtigen Fragen finden. Hierzu arbeiten elf Partnereinrichtungen aus sieben Staaten zusammen. Die Basis für das Forschungsvorhaben bilden mehrere europäische Kohortenstudien. Damit steht ein wertvoller Datenschatz zur Verfügung. Da die biologischen Proben der Teilnehmenden bereits chemisch analysiert sind, ist dem Forschungsteam bekannt, welchen Umwelthormonen welche Personen zu welchem Zeitpunkt ausgesetzt waren. In einem ersten Schritt wollen die Forscherinnen und Forscher herausfinden, welche Gemische von endokrinen Disruptoren – so wie sie tatsächlich in den Bioproben der Probandinnen und Probanden vorkommen – besonders starke gesundheitsrelevante Effekte hervorrufen können. Dafür nutzen sie computerbasierte Modellierungsverfahren sowie tierversuchsfreie Hochdurchsatz-Zellkulturversuche.

Die Mischungen, die besonders starke Wirkungen zeigen, werden für weiterführende Untersuchungen genutzt, um Ansatzpunkte, molekulare Zusammenhänge und betroffene Stoffwechselwege besser zu verstehen. Dabei werden unter anderem verschiedene In-vitro-, In-vivo- und In-silico-Verfahren sowie moderne OMICS-Technologien um Einsatz kommen.

Auswirkungen von Chemikalien-Gemischen auf das Immunsystem

Eine Kernfrage von »ENDOMIX« ist, wie sich Mischungen von Umwelthormonen auf das Immunsystem auswirken. Immunzellen spielen bei der Entstehung vieler chronischer Erkrankungen wie etwa Asthma, Allergien, reproduktiven Störungen und Stoffwechselerkrankungen eine zentrale Rolle. Daher ist es wichtig, dass die Wirk-zusammenhänge zwischen endokrinen Disruptoren und dem Immunsystem besser verstanden werden. Das »ENDOMIX«-Forschungsteam wird – unter anderem mithilfe von KI – untersuchen, ob die Daten und Ergebnisse aus den unterschiedlichen Versuchen mit bestehenden Erkrankungen der Probandinnen und Probanden aus den Kohorten in Zusammenhang stehen.

»Mit »ENDOMIX« möchten wir die realen Auswirkungen endokriner Disruptoren auf die menschliche Gesundheit aufdecken und dabei auch mögliche Unterschiede zwischen Alter und Geschlecht identifizieren«, sagt Professor Ana Zenclussen, »ENDOMIX«-Koordinatorin und Leiterin des Departments für Umweltimmunologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, Deutschland.

»ENDOMIX« verfolgt den besonderen Ansatz die Exposition gegenüber endokrinen Disruptoren und damit einhergehende gesundheitliche Auswirkungen über die gesamte Lebensspanne hinweg unter die Lupe nehmen. Ziel ist, die kritischen Zeitfenster zu identifizieren, in denen der Körper besonders empfindlich auf Umwelthormone reagiert. Wenn diese Zeitfenster bekannt sind, können Gesundheitsrisiken minimiert werden.

Effekt auf biologische Barrieren und spezifische Organe

Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT leitet in diesem Projekt das Arbeitspaket zur Untersuchung den Einfluss von endokrinen Disruptoren und ihren Gemischen auf physiologische Barrieren des menschlichen Körpers, wie z. B. der Lungen-, der Darm- oder Plazentabarriere sowie der Blut-Hirn-Schranke. Hierzu werden neuartige In-vitro-Modelle entwickelt und optimiert, um vor allem den Einfluss des Immunsystems auf die EDC-Wirkung zu bestimmen. Mit seiner Expertise im Bereich Advanced Zellmodelle und Toxikologie, nutzt das Fraunhofer IBMT eigens entwickelte Stammzell-basierte Zellmodelle zur Nachbildung der Blut-Hirnschranke und der Lungenbarriere des menschlichen Körpers. Auch dreidimensionale Zellsysteme kommen zum Einsatz, um organspezifische Effekte in der Lunge und der Leber zu untersuchen.

Projektförderung: »ENDOMIX« wird vom Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe der Europäischen Union unter dem Förderkennzeichen 101136566 mit 6.488.875 € gefördert.

Von der Europäischen Union finanziert. Die geäußerten Ansichten und Meinungen entsprechen jedoch ausschließlich denen des Autors bzw. der Autoren und spiegeln nicht zwingend die der Europäischen Union oder der Europäischen Exekutivagentur für Gesundheit und Digitales (HaDEA) wider. Weder die Europäische Union noch die HaDEA können dafür verantwortlich gemacht werden.

Laufzeit: 01/2024- 12/2027

Koordinator:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ, Deutschland

Projektpartner:
Institut national de la santé et de la recherche médical INSERM, Frankreich
Fundación Privada Instituto de Salud Global Barcelona, Spanien
Fundación para el Fomento de la Investigación Sanitaria y Biomedica de la Comunitat Valencia, Spanien
Imperial College of Science Technology and Medicine, Großbritannien
Universiteit Utrecht, Niederlande
Erasmus Univeritair Medisch Centrum Rotterdam, Niederlande
Bundesinstitut für Risikobewertung, Deutschland
Masarykova univerzita, Tschechische Republik
EIBIR gemeinnützige GmbH zur Förderung der Erforschung der biomedizinischen Bildgebung, Österreich

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Ansprechpartnerin am Fraunhofer IBMT:
Dr. Yvonne Kohl
Arbeitsgruppe Zellmodelle & Toxikologie
Telefon: +49 6897 9071 256
E-Mail: yvonne.kohl@ibmt.fraunhofer.de

Weitere Informationen:

https://endomix.eu/
http://www.ibmt.fraunhofer.de

https://www.ibmt.fraunhofer.de/de/ibmt-presse-uebersicht-2024/presse-ibmt-endomix-23102024.html

Media Contact

Dipl.-Phys. Annette Maurer-von der Gathen Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT

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