Warum die Autobremse einer Geige gleicht: Beitrag zur Schallerzeugung ausgezeichnet
Für seine veröffentlichten Forschungsergebnisse zur Schallerzeugung, bei welchen er das sogenannte „Bremsenknarzen“ eines Fahrzeugs mit den Schwingungsphänomenen einer Geige verglich, hat Prof. Dipl.-Ing. Holger Marschner, Professor für Fahrzeugtechnik, den Publikationspreis der Frankfurter Stiftung für Forschung und Bildung erhalten. Der Preis wird jährlich an Lehrende und Forschende der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) vergeben und ist mit 1.000 € dotiert.
Die Stiftung will mit dem Preis Lehrende und Forschende der Frankfurt UAS weiter bestärken, fachspezifische und aktuelle Themen aus der Hochschule praxisnah und für einen breiten Leserkreis allgemeinverständlich zu vermitteln.
Die Jury aus Medien, Wissenschaft und Wirtschaft zeichnete vor diesem Hintergrund den Artikel „Untersuchung der Wirkmechanismen reiberregter Haft-Gleit-Schwingungen am Beispiel des Bremsenknarzens und analoger Schwingungsphänomene“ des Ingenieurwissenschaftlers Prof. Holger Marschner in der Fachzeitschrift „Fortschritt-Berichte VDI: Reihe 12, Verkehrstechnik/Fahrzeugtechnik, Nr. 800“, S. 84-104 (deutsch), S. 206-224 (englisch) aus.
Der Artikel behandelt vor dem Hintergrund eines Forschungsprojekts die Entstehung von Schwingungen bei Autobremsen und vergleicht diese mit der Schwingungserregung bei Streichinstrumenten. Geigen und Autobremsen haben gemeinsam, dass sie Geräusche erzeugen, wenn sie zum Schwingen angeregt werden. Dabei konnten verschiedene Lösungsansätze zur Lärmverminderung bei Fahrzeugen erarbeitet werden.
Die sichtbaren Schwingungen einer Geigen-Saite lassen sich gut mit einer Hochgeschwindigkeitskamera filmen und berechnen. Diese Berechnungen können auf das Schwingverhalten einer Bremse übertragen werden, welches mit dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar ist. Wie bei der Bremse ist bei der Geige die richtige Kombination aus Anpresskraft, (Streich-)Geschwindigkeit und Reibwert entscheidend.
Das sogenannte „Bremsenknarzen“ lässt sich reduzieren, indem die Haft-Gleitreibwerte zwischen Bremsbelag und Scheibe angeglichen werden, die Strukturdämpfung erhöht wird sowie die Bewegungsspielräume der Einzelteile der Bremse verringert werden. Ein weiterer Ansatz bei der Geräuschminimierung ist, einzelne Resonanzfrequenzen zu separieren. Weitere Einflussgrößen bilden Massen, Trägheitsmomente und Elastizitäten des Rades und des Fahrwerks.
„Die Publikationen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Frankfurt UAS sind eine positive Werbung für die Forschung und Lehre an der Hochschule. Ziel dieser öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten ist es, Netzwerke aufzubauen, Kooperationspartner zu finden und Drittmittel einzuwerben. Deshalb würdigt die Stiftung das Engagement dieser Forscherinnen und Forscher durch den jährlich ausgelobten Publikationspreis, und in diesem Jahr besonders den Einsatz von Prof. Holger Marschner“, erklärt Karen Hoyndorf, Vorsitzende der Jury, stellvertretende Vorsitzende der Stiftung und stellvertretende Präsidentin der IHK Frankfurt.
„Ergebnisse der Forschung an unserer Hochschule sollen nicht allein in die Lehre fließen, sondern gerade als Hochschule für Angewandte Wissenschaften wollen wir mit unseren Erkenntnissen und Lösungsansätzen an die Öffentlichkeit treten und der Gesellschaft etwas zurückgeben“, so Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich, Präsident der Frankfurt UAS.
„Die Verbindung zur Wirtschaft und die Implementierung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in der Praxis sind für uns von großer Bedeutung. Prof. Holger Marschner spricht mit seinem äußerst kreativen Forschungsansatz zu Schwingungen Entwicklungsingenieurinnen und -ingenieure in den unterschiedlichsten Bereichen auch außerhalb der KFZ-Branche an.“
Die Jury betonte ihre Entscheidung v.a. mit der Kreativität des Forschungsthemas, das auf gemeinsame Schwingungsphänomene in Musik und Technik abzielt und dass Marschner dieses komplexe Vorhaben in der VDI-Veröffentlichung praxisnah vermittele. Das in vielen Bereichen relevante Thema der Schwingungen und der Geräuschreduzierung wird hier einem breiten ingenieurwissenschaftlichen Fachpublikum deutschlandweit vermittelt.
Mit der Interdisziplinarität der Herangehensweise ist einer der Schwerpunkte der Frankfurt UAS vertreten. Zudem waren beim Forschungsprojekt sowie in der Ko-Autorenschaft des Artikels ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, Alexander Pfaff, und zwei Studierende, Paul Leibold und Christopher Morschel, aktiv eingebunden, die unzählige Schwingungsanalysen durchführten und mathematische Simulationsmodelle erstellten, was durch die Auszeichnung ebenfalls gewürdigt wird.
Zu Prof. Dipl.-Ing. Holger Marschner:
Marschners Interesse für Automobiltechnik zieht sich wie ein roter Faden durch seinen Lebenslauf: Geboren 1965 in Darmstadt, erhielt er während seines Wehrdienstes eine Grundausbildung als Kfz/Pz-Schlosser. Später studierte er an der Technischen Hochschule Darmstadt den Diplomstudiengang Allgemeiner Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Fahrzeug- und Messtechnik. Als wissenschaftliche Hilfskraft am Fachgebiet Fahrzeugtechnik arbeitete er an unterschiedlichen Projekten und Fragestellungen mit. Ab 1996 arbeitete Marschner bei Continental Teves AG & Co. oHG, in Frankfurt zunächst als Versuchsingenieur im dynamischen Bremsenprüffeld, dann als Leiter „NVH (Noise, Vibration, Harshness)- und Methodenentwicklung“ im Bereich „Entwicklung Radbremse“, ab 2007 als Leiter „NVH“ im Geschäftsbereich „Hydraulische Bremssysteme“ und ab 2009 zusätzlich als „Principal Technical Expert NVH“.
2013 übernahm er einen Lehrauftrag an der Frankfurt UAS, seit 2015 ist er Professor für Maschinenbau – KFZ Technik – NVH am Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften. Industrieweit ist Marschner als Autor zahlreicher Publikationen und Fachvorträge und als Chairman internationaler Tagungen bekannt. Neben seinen hochschulischen Tätigkeiten ist er Fachgremiumsmitglied „Straßenverkehrsunfälle“ der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar und Arbeitskreisleiter „Fahrzeug- und Verkehrstechnik (FVT)“ des VDI-Bezirksvereins Frankfurt-Darmstadt.
Im vergangenen Jahr ging der Publikationspreis an den Juristen Prof. Dr. Peter Wedde, dessen Artikel sich vor dem Hintergrund wiederholter Terroranschläge mit dem gesetzlich vorgeschriebenen „Anti-Terror-Screening“ beschäftigte.
Die 2014 gegründete Frankfurter Stiftung für Forschung und Bildung ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts, die speziell die Förderung von Lehre, Forschung und Lebenslangem Lernen an der Frankfurt University of Applied Sciences zum Ziel hat. Weitere Informationen finden sich unter: http://www.frankfurt-university.de/stiftung
Kontakt: Frankfurter Stiftung für Forschung und Bildung, Geschäftsführung, Monika Rosenberger, Telefon: 069/1533-2166, E-Mail: stiftung-forschung-bildung@fra-uas.de; Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 2: Informatik und Ingenieurwissenschaften, Prof. Dipl.-Ing. Holger Marschner, Telefon: 069 1533-3940, E-Mail: marschner@fb2.fra-uas.de
Näheres zum Labor für Kraftfahrzeugtechnik der Frankfurt UAS unter: http://www.frankfurt-university.de/kfz-labor
Bildunterzeile 1:
Verleihung des Publikationspreises (v.r.n.l.): Prof. Dr. Ulrich Schrader, Vizepräsident der Frankfurt UAS, Preisträger Prof. Holger Marschner, Karen Hoyndorf, Vorsitzende der Jury, stv. Vorsitzende der Stiftung und stv. Präsidentin der IHK Frankfurt, sowie drei Absolventen der Frankfurt UAS, Christopher Morschel , Paul Leibold und Alexander Pfaff.
Quelle: Frankfurt UAS/Benedikt Bieber
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