Zwei ERC Advanced Grants an Düsseldorfer Biologen und Chemiker

Die Europäische Union wird in den kommenden fünf Jahren den Evolutionsbiologen Prof. Dr. William Martin und den Chemiker Prof. Dr. Claus Seidel mit jeweils rund 2,5 Millionen Euro fördern. Beide Forscher der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) konnten die hoch renommierten Advanced Grants 2014 des European Research Council (ERC) einwerben. Diese Advanced Grants werden in einem sehr strikten Auswahlverfahren nur an etablierte, erfolgreiche Spitzenforscher verliehen und gelten damit als besondere wissenschaftliche Auszeichnung.

Prof. Dr. William F. Martin vom Institut für molekulare Evolution der HHU konnte bereits den zweiten ERC Advanced Grant einwerben. In seinem aktuellen Projekt „eMicrobevol – Early Microbial Evolution“ wird er den Verlauf der frühen Evolution auf der Erde erforschen.

Seit mehr als 3,8 Milliarden Jahren gibt es Leben auf der Erde, aber erst seit einer Milliarde Jahren in Form makroskopisch sichtbarer Lebensformen. Der größte Teil der Evolution lief also auf Basis der Kleinstlebewesen, der Mikroben, ab. Prof. Martin wird sich auf drei Aspekte der frühen Zellevolution konzentrieren:

1. Wie unterscheiden sich die Evolutionsprozesse zwischen den beiden grundlegenden Formen von Einzellern, den Eukaryoten (Zellen mit Zellkern) und den Prokaryoten (solche ohne Zellkern)? Während Prokaryoten in der Natur untereinander Gene austauschen, wurde dies bei Eukaryoten bisher nur im Labor nachgewiesen. Ob dieser Austausch während der Evo-lution stattfand, soll geklärt werden.

2. Welche Rolle spielt die Symbiose bei der Entstehung komplexen Lebens? Bekannt ist, dass die Mitochondrien – die „Kraftwerke“ tierischer Zellen – und die Plastiden – in denen in Pflanzen die Photosynthese geschieht – ursprünglich eingewanderte Bakterien waren. Mit neuen Verfahren der evolutionären Genomanalyse will Prof. Martin klären, ob ähnliche Gentransferereignisse von anderen Bakterien auf Eukaryoten während der Evolution stattgefunden haben, oder ob die Natur die genetischen Grenzen zwischen den Prokaryoten und den Eukaryoten respektiert.

3. Wie und wo haben die allerersten Zellen gelebt, wovon haben sie sich ernährt? Und vor allem, wie und woraus sind sie entstanden? Bei diesen sehr grundsätzlichen Fragen wird Prof. Martin interdisziplinär mit Geochemikern und Mikrobiologen zusammenarbeiten, um ein konsistentes Bild der frühen Evolution zu erhalten.

Prof. Dr. Claus Seidel vom Lehrstuhl für Molekulare Physikalische Chemie war mit seinem Projektantrag „hybridFRET – deciphering biomolecular structure and dynamics“ erfolgreich. Der Fokus seines Projekts liegt in der Entschlüsselung biomolekularer Strukturen und ihrer Dynamik.

Proteine sind Schlüsselspieler in den Prozessen des Lebens, weil sie viele Aufgaben und Funktionen in lebenden Organismen haben. Um biologische Prozesse in Zellen zu verstehen und beeinflussen zu können, benötigt man molekulare Modelle für die räumlichen und zeitlichen Zusammenhänge in den verantwortlichen Proteinen. In seinem Forschungsprojekt wird Prof. Seidel dazu einen neuartigen integrativen Hybrid-Ansatz verfolgen. Die in den letzten Jahren er-reichten großen Fortschritte in der fluoreszenz-basierten Spektroskopie und Bildgebung sowie in der computergestützten Modellierung von komplexen biologischen Systemen sollen zusammengeführt werden.

Hierfür soll eine neuartige Plattform entwickelt werden, um die Struktur und Dynamik von Proteinen mit einer ultimativen räumlichen (kleiner ein Nanometer, ein Milliardstel Meter) und zeitlichen (kürzer eine Pikosekunde, eine Billionstel Sekunde) Auflösung zu charakterisieren und zu simulieren. Dazu ist es nötig, bestimmte zum Leuchten anregbare Moleküle (sogenannte Fluorophore) an ausgewählten Positionen des Proteins einzubauen und aus den gemessenen Eigenschaften ihres Fluoreszenzsignals auf die Struktur und die Dynamik des mar-kierten Proteins zurückzuschließen. Eine Schlüsseltechnik ist der abstandsabhängiger Förster-Resonanz-Energietransfer (FRET) zwischen zwei unterschiedlichen Fluorophoren: hierüber werden Abstände im Bereich von Nanometern vermessen. Die entwickelte Hybridtechnik wird an Proteinen mit medizinischer Relevanz angewendet, so werden die unterschiedlichen Herausforderungen in der Biophysik, Biochemie und Zellbiologie integrativ angegangen.

Die Universitätsleitung beglückwünscht beide HHU-Forscher sehr zu diesem großen Erfolg. „Die Verleihung eines ERC Advanced Grants ist eine besondere Auszeichnung für einen Wissenschaftler, denn diese wird nur an international ausgewiesene Spitzenforscher mit hoher wissenschaftlicher Reputation und einer beeindruckenden Publikationsliste verliehen“, so Prof. Dr. Peter Westhoff, Prorektor für Forschung und Transfer der HHU. „Gleich zwei ERC Advanced Grants einzuwerben, ist ein besonderer Erfolg für unsere Wissenschaftler und ein internationales Aushängeschild für die hervorragende Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.“

Beide Projekte werden für die Dauer von fünf Jahren mit insgesamt jeweils rund 2,5 Millionen Euro vom European Research Council gefördert. Die Forschungsarbeiten werden voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen.

ERC Advanced Grant

Das European Research Council ist die Förderorganisation für grundlagenwissenschaftliche Spitzenforschung der Europäischen Union. Sie ermutigt Wissenschaftler aus der EU, in wettbewerblichen Verfahren ihre Vorschläge für neue Forschungsprojekte einzureichen. In verschiedenen Förderlinien werden sowohl Nachwuchswissenschaftler als auch etablierte Forscher angesprochen.

Zielgruppe der ERC Advanced Grants sind etablierte, aktive Wissenschaftler mit einer herausragenden wissenschaftlichen Leistungsbilanz. Bei der Begutachtung der wissenschaftlichen Leistung sind die letzten zehn Jahre vor der Antragstellung maßgeblich. In die Bewertungen gehen Publikationen in internationalen Zeitschriften, Patente, Konferenzbeiträge, Forschungspreise und Akademiemitgliedschaften ein. ERC Advanced Grants werden in der Regel mit maximal 2,5 Millionen Euro für eine maximal fünfjährige Laufzeit gefördert. Projektan-träge werden in einem mehrstufigen Peer Review-Verfahren von unabhängigen Experten allein auf Basis der wissenschaftlichen Exzellenz bewertet.

Die besondere Auszeichnung, einen ERC Advanced Grant zu erhalten, dokumentiert auch durch die Erfolgsquote: Sie lag bei der aktuel-len Ausschreibung bei lediglich 5%.
Weitere Informationen: http://www.eubuero.de/erc-adg.htm

http://www.uni-duesseldorf.de/home/startseite/news-detailansicht/article/zwei-er…

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Dr.rer.nat. Arne Claussen idw - Informationsdienst Wissenschaft

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