Technische Innovationen führen aus der Klimafalle
Nach Industrieangaben sind über 25 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen mit technischen Innovationen im Energiesektor vermeidbar; allein in Deutschland müssen 40 000 Megawatt fossile und nukleare Kraftwerkskapazität ersetzt und 55 000 Megawatt fluktuierende Leistung aus Wind- und Solaranlagen integriert werden.
Technische Innovationen sind ein entscheidender Hebel, um dem Klimawandel wirksam zu begegnen. Doch Technologien allein entfalten noch nicht ausreichend Wirkungskraft. Es bedarf ebenso politischer Rahmenbedingungen und eines geschärften Bewusstseins. Auf dem WORLD ENERGY DIALOGUE, dem Energiegipfel der HANNOVER MESSE, stellen sich hochrangige internationale Vertreter aus Politik, Energiewirtschaft und Industrie den akuten Herausforderungen.
Der globale Technologiekonzern Siemens betrachtet die aktuelle Situation auch als Chance. „Trotz der enormen Herausforderungen, die vor uns liegen, können wir zuversichtlich in die Zukunft blicken. Viele der Technologien für die Energieversorgung von morgen sind bereits heute verfügbar. Nun gilt es, diese auch konsequent einzusetzen und gleichzeitig die Entwicklung CO2-armer Technologien mit Nachdruck weiter voranzutreiben“, sagt Wolfgang Dehen, CEO von Siemens Energy Sector.
Die Wirtschaft wächst weltweit und mit ihr die Nachfrage nach Leistungen, die von Energie abhängen, wie Heizungen, Kühlsysteme, die Mobilität oder Kommunikationstechnologien. Ohne eine konsequente Effizienzstrategie könnte sich der Energiebedarf der Menschheit bis zum Jahr 2030 verdoppeln. Dazu erklärt Wolfgang Dehen: „Die dringende Frage lautet, wie können wir die steigende Energienachfrage lösen und gleichzeitig das Klima schützen? Unsere Antwort darauf ist klar. Wir müssen den wachsenden Energieverbrauch zum einen mit hocheffizienten fossilen Kraftwerken und zum anderen durch den Ausbau der erneuerbaren Energien befriedigen. Darüber hinaus müssen wir das Stromversorgungsnetz zu einem effizienten, zuverlässigen und vor allem nachhaltigen Energiesystem ausbauen.“
Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) und Chairman des WORLD ENERGY DIALOGUE, plädiert für die Versachlichung der Energie- und Klimadebatte. Die Drohkulisse einer angeblich bevorstehenden Lücke bei der Stromversorgung führe laut Kohler am Thema vorbei: „Fakt ist, dass derzeit zu wenig innovative Kraftwerke in Deutschland gebaut werden, um die Stromnachfrage zukünftig effizient und klimaschonend zu decken. Daraus folgt, dass bestehende ineffiziente Kohlekraftwerke mit ungleich höheren CO2-Emissionen länger laufen und die Strompreise kräftig steigen. Das schadet den Klimaschutzanstrengungen ebenso wie den Verbrauchern.“
Deutschland will seine CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent reduzieren. Laut dena müssen rund 40 000 Megawatt fossile und nukleare Kraftwerkskapazität ersetzt und 55 000 Megawatt fluktuierende Leistung aus Windkraft und Solaranlagen integriert werden. Dafür bedarf es hocheffizienter Kraftwerke. Während Industrieländer ihre Versorgung auf hohem Niveau umstrukturieren, sind Schwellenländer wie China und Indien dabei, in kurzer Zeit neue Kraftwerkskapazitäten in großem Stil aufzubauen. Dadurch eröffnen sich weltweit große Chancen für Hersteller von innovativen Kraftwerkstechnologien.
Michael Feist, Präsident des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), beobachtet mit Sorge den Widerstand gegen neue Kraftwerksprojekte. „Proteste richteten sich aktuell sowohl gegen Kohlekraftwerke als auch gegen Wasserkraftwerke, die Windenergie oder den Bau von Stromleitungen. Woher soll der Strom künftig kommen, wenn am Kraftwerksstandort Deutschland die Erzeugung zunehmend blockiert wird“, fragt Feist.
Laut TÜV NORD befinden sich bei konventionellen Anlagen das 700°C-Kraftwerk sowie die CCS-Techniken noch in der Entwicklung. Zu den technischen Herausforderungen zählten unter anderem Werkstoffeigenschaften im Hochtemperaturbereich, die Qualitätssicherung bei der weltweit verteilten Komponentenherstellung sowie die betriebsbegleitende Lebensdauerüberwachung. Bei der dezentralen Stromerzeugung stehen Kraftwerksanlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung im industriellen Bereich sowie Brennstoffzellen im Fokus. Die Erzeugung regenerativer Energien erfolgt zurzeit im Wesentlichen mittels Biomasse-Kraftwerken und Windenergieanlagen. Auch Solarthermische Kraftwerke gewinnen an Bedeutung.
Die Dringlichkeit eines Innovationsschubes wird durch den jüngsten Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) unterstrichen. Das UN Development Programm ruft die Industrieländer dazu auf, beim Klimaschutz eine Führungsrolle zu übernehmen und die Emissionen an Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent zu senken. Technologien dafür stehen zur Verfügung. So haben laut Siemens zehn der zum Siemens-Portfolio gehörenden Technologien zusammengenommen bereits ein Reduktionspotenzial von zehn Gigatonnen CO2 p. a. bis zum Jahr 2050. Dies entspricht knapp einem Viertel der gesamten weltweiten CO2-Emissionen.
Der WORLD ENERGY DIALOGUE findet am 22. und 23. April auf dem Messegelände (Halle 27) in Hannover statt.
Ansprechpartner für die Redaktion:
Ralph Kappler
Halo Energy, Brüssel
Tel. +32 (0) 2850 3671
Mail: rkappler@halo-energy.com
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