Factory Automation: Industrial Ethernet macht Tempo
Das Industrial Ethernet etabliert sich immer mehr auch in der Automatisierungstechnik. Die enormen technischen Fortschritte wie Fast Ethernet, Switching und Full-Duplex-Übertragung haben aus dem anfänglich skeptisch gesehenen Ethernet ein leistungsstarkes Kommunikationssystem gemacht. Wegen seiner vielen Vorteile übt dieses aktuell eine große Anziehungskraft auf Anwender und Hersteller in der Industrie aus. Eine Anziehungskraft, die auch die HANNOVER MESSE 2007 vom 16. bis 21. April 2007 für Interessenten des Industrial Ethernet ausüben dürfte, schließlich werden dort in einem Sonderausstellungsbereich (Halle 17) im Rahmen der Factory Automation die neuesten Trends und Produkte der Branche vorgestellt.
Als einige wenige Unternehmen wie Hirschmann vor Jahren auf die Entwicklung und Vermarktung von Produkten und Systemen für das Industrial Ethernet setzten, sahen sich die Hersteller großen Vorbehalten der Anwender ausgesetzt. Inzwischen zeigen zahlreiche Anwendungen in allen Bereichen der Automation, dass sich die Scheu vor dem „Netz der Netze“ in den Produktionshallen weitgehend gelegt hat.
Dr. Klaus Zwerina, Marketing Direktor bei Hirschmann Automation and Control, illustriert die aktuelle Entwicklung anhand eines „historischen“ Beispiels: „Hier wiederholt sich die Geschichte der industriellen Nutzung von PC nahezu 1:1. Viele Anwender zögerten, und die Anbieter konventioneller Steuerungstechnik rollten der neuen Systemalternative verständlicherweise keinen roten Teppich aus.“
Dem Industrial Ethernet sei es geraume Zeit ganz ähnlich ergangen, und es habe anfangs in der Tat noch an industrietauglichen Produkten, wie zum Beispiel abgedichteten Steckverbindern, gemangelt. „Darüber hinaus machten die Sicherheitstechniker die Möglichkeit aus, dass ein Telegramm zur sofortigen Notabschaltung einer Maschine im Datenstau stecken bleiben könnte. Doch wie beim PC sind auch beim Industrial Ethernet heute all diese Probleme gelöst“, so Klaus Zwerina weiter.
Um dieses Ziel zu erreichen und im Markt des Industrial Ethernet zum Weltmarktführer für Switches zu werden, musste Hirschmann allerdings einen hoch aufwändigen Entwicklungsmarathon absolvieren. Klaus Zwerina: „Heute sind wir froh, diesen nicht immer ganz leichten Weg eingeschlagen zu haben, denn nicht zuletzt durch die Steigerung der Performance, die beim Schritt vom Industrial Ethernet zum Fast Ethernet den Faktor zehn ausmachte, sowie durch neue Hubs und Switches konnten wir dem ,Netz der Netze' auch in der Produktion zum Durchbruch verhelfen.“
Die anfänglichen Bedenken vieler Anwender kreisten bekanntermaßen insbesondere um die Frage der Echtzeit-Fähigkeit des IT-basierten Ethernet. Auch zu Zeiten des Fast Ethernet sind diese Vorbehalte noch nicht ganz verstummt. Das treibt Klaus Zwerina allerdings keine Sorgenfalten auf die Stirn: „Anstatt Anwender missionieren zu wollen, spielen wir lieber auf Zeit, zumal mit dem Gigabit-Ethernet eine weitere Leistungssteigerung von 100 Mbit/s auf ein Gbit/s bereits auf der Startrampe steht. Damit werden auch hartgesottene Zweifler einsehen, dass das Industrial Ethernet keine exotische Alternative zu Feldbussystemen ist, sondern eher eine willkommene Ergänzung.“
Ein weiterer Bereich, in dem das Ethernet mit beträchtlichen Vorbehalten zu kämpfen hatte, waren Sicherheitsaspekte. Wie konnte sichergestellt werden, dass bei einem Systemausfall keine Gefahrensituationen entstehen, wenn eine Notmeldung als Datenpaket im Netz auf die Reise geht? Die Tatsache, dass führende Unternehmen des Marktsegments „Sichere Automatisierung“ selbst auf das Fast Ethernet einschwenkten, hat zur Akzeptanz der neuen Vernetzungstechnologie erheblich beigetragen. Klaus Zwerina ist überzeugt: „Bei richtiger Konfiguration können mit den geeigneten Komponenten des Fast Ethernet sehr wohl Notabschaltungen in Echtzeit erreicht werden. Dabei denke ich an die Übertragung priorisierter Datenpakete über intelligente Switches, die sofort alle Daten hoher Priorität bevorzugen und weniger wichtige Nachrichten in einem Puffer speichern, bis die Performance des Netzwerks wieder für deren Übertragung ausreicht.“ Mit dem Gigabit-Ethernet seinen auch diese „Vorfahrtregelungen“ im Prinzip nicht mehr notwendig.
Dass die aus der Bürowelt kommende Technik des Ethernet mit der rauen Umgebung einer Produktionshalle gut zurechtkommt, belegen heute zahlreiche Anwendungsbeispiele. „Auf starke elektrische Felder in der Produktion haben die Hersteller von Industrial-Ethernet-Systemen mit der Möglichkeit reagiert, je nach Anwendungsumgebung Daten über Kupferkabel oder Lichtwellenleiter zu übertragen“, so Klaus Zwerina.
Bleibt noch das „Schreckgespenst“ der schädlichen Codes aus dem Internet wie Viren, Trojaner, Würmer etc., denen via Ethernet der Zugang zu hochsensiblen Produktionsbreichen gelingen könnte. Hier räumt Klaus Zwerina ein, dass diese Gefahr prinzipiell besteht, wenn Anwender die innerbetrieblichen Netze mit dem Internet verbinden. „Um unseren Kunden hier die notwendige Sicherheit zu bieten, haben wir unseren ,Eagle' entwickelt. Diese Hardware trennt Netzbereiche physikalisch und lässt lokal die Definition zu, dass Telegramme welcher Absender, also IP-Adressen durchgelassen werden, aber auch welche Struktur diese Datenpakete haben müssen.“
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