Die Leisen kommen!
Der Albtraum aller Autofahrer: Ein Reifenplatzer bei Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn. Theoretisch muss jeder Fahrzeughalter alle 100 000 bis 150 000 Kilometer mit einer Reifenpanne rechnen. Führende Automobilzeitschriften und Reifenhersteller raten deshalb zum 14-tägigen Check. Runflat-Reifen, Reifen mit Notlauf-eigenschaften – engl. „Run Flat Tyre“ -, bieten hier mehr Sicherheit.
Sie sind sozusagen Normal- und Ersatzrad in einem. Selbst mit plattem Reifen kann der Fahrer eine bestimmte Wegstrecke weiter fahren, denn ein zusätzliches Gummielement im Inneren verhindert das Einfallen des beschädigten Reifens. Runflat-Reifen sind seit 2001 auf dem Markt, konnten sich bisher aber nicht durchsetzen. Denn sie sind nicht nur teurer, sondern auch deutlich lauter als herkömmliche Reifen. Hier könnten Fraunhofer-Forscher mit der Adaptronik helfen. Mit adaptronischen Maßnahmen werden etwa die Geräuschpegel im Fahrzeuginneren reduziert, indem die Ausbreitung von Störungen aktiv unterbrochen wird.
„Bauteilverkleidungen von laufenden Maschinen dröhnen, in der Fertigung vibrieren Werkzeuge, Aggregate und Antriebe produzieren unerwünschte Schwingungen und belasten Mensch und technische Systeme: Technischer Fortschritt, Leichtbau, Vibrationen, Zuverlässigkeit und auch Lärm gehören eng zusammen“, weiß Tobias Melz vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt, der auch die Geschäfte der Fraunhofer-Allianz Adaptronik führt. „Aktive adaptronische Strukturen sorgen dafür, dass Maschinen- oder Fahrzeugvibrationen – und damit auch der Lärm – geringer werden. So profitieren nicht nur die Hersteller von Runflat-Reifen von der Adaptronik. Auch in der Fertigung wird es mehr Präzision geben, weil die Maschinen noch genauer arbeiten. Bei Bauteilen und Produkten ergeben sich vor allem für den Leichtbau wesentlich mehr Möglichkeiten. Letztlich bietet die Adaptronik in allen Bereichen mehr Komfort, Funktion und Sicherheit.“
In Projekten der Fraunhofer-Allianz Adaptronik entwickeln verschiedene Fraunhofer-Institute Lösungen für Maschinenbaustrukturen. Dabei decken sie das gesamte Spektrum von der Materialwissenschaft bis zur Systemzuverlässigkeit ab. „Unsere Projektziele erreichen wir zunehmend schneller, preiswerter und besser. Jetzt sind wir auch an seriennahen Fertigungsverfahren dran“, sagt Prof. Holger Hanselka, Institutsleiter am LBF und Sprecher der Allianz.
Die Forscher reduzieren Vibrationen, indem sie sensorische und aktorische Funktionen über elektronische Regler verknüpfen. Sensoren und Aktoren reagieren gezielt auf veränderliche Betriebsbedingungen. Damit lassen sich mechanische Eigenschaften wie das Dämpfungsverhalten oder die Steifigkeit per Software künstlich ändern. So lassen sich Schwingungen mindern, Lärm reduzieren oder auch die Kontur von Bauteilen kontrollieren. Da adaptronische Bauteile sich im Bedarfsfall zudem gezielt ihrer Umgebung anpassen können, werden sie häufig „intelligent“ genannt.
Im Projekt „Quiet Car“ wurden zwei adaptronische Lösungen in ein Kleinfahrzeug – einen VW-Lupo – eingebaut. Die Forscher integrieren vier aktive Lagereinheiten im hinteren Fahrwerkbereich und testen diese im Fahrbetrieb. Parallel arbeiten sie an der aktiven Bedämpfung der „Firewall“, die den Insassen- vom Motorraum trennt. Ab dem Frühjahr laufen die Fahrversuche auf einer Teststrecke des LBF bzw. der TU-Darmstadt am Flughafen Griesheim. Das Projekt „Quiet Car“ soll helfen, Fragen der „Systemintegration“ in eine anspruchsvolle technische Umgebung zu klären. Zudem wollen die Ingenieure die Technologie kommunizieren können, denn in ihrer täglichen Forschungs- und Entwicklungsarbeit sind sie zur Vertraulichkeit verpflichtet.
Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Tobias Melz
Telefon: 0 61 51 / 7 05-2 52
Fax: 0 61 51 / 7 05-2 14
tobias.melz@lbf.fraunhofer.de
Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF
Bartningstr. 47
64289 Darmstadt
Telefon: 0 61 51 / 7 05-1
Fax: 0 61 51 / 7 05-2 14
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