Elektromobilität – Mit hohem Tempo zu Innovationen
33 Fraunhofer-Institute arbeiten in fachübergreifender Kooperation an vielfältigen Themen der Elektromobilität. Ziel ist, Unternehmen dabei zu unterstützen ihr Innovationstempo zu beschleunigen. Auf der Hannover Messe 2010 präsentieren die Forscher erste Ergebnisse (19. – 23. April, Halle 2, Stand D22).
Vieles wird sich ändern beim Umstieg auf Elektroautos: Die Fahrzeugindustrie wird einige Bauteile für Pkws bald nicht mehr herstellen – dafür kommen neue hinzu. Die Energiekonzerne benötigen veränderte Geschäftsmodelle und Tarifstrukturen für die Stromversorgung der Fahrzeuge. Elektromobilität muss in Deutschland systematisch, ganzheitlich und unter dem Blickwinkel eines komplexen Systems vorangetrieben werden.
„Wir arbeiten umfassend am Thema Elektromobilität: an Konzepten, Systemintegration, Energieerzeugung- und -verteilung, Speichertechnologien und vielem mehr. Die Kompetenzen sind in der Fraunhofer-Gesellschaft in einmaliger Weise vorhanden und in unserem Zusammenschluss 'Fraunhofer- Systemforschung Elektromobilität' gebündelt“, betont Forschungsvorstand Professor Ulrich Buller. Ziel der Fraunhofer-Forscher ist die Entwicklung von Prototypen für Hybrid- und Elektrofahrzeuge, um den Einstieg der deutschen Automobilindustrie in die Elektromobilität zu unterstützen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF fördert dieses Vorhaben mit insgesamt 44 Millionen Euro aus den Konjunkturprogrammen I und II.
Demonstratorfahrzeug als wissenschaftliche Versuchsplattform
So arbeiten die Forscher des Verbundprojekts nicht nur an neuen Bauteilen, sondern auch an einem elektrisch betriebenen Demonstrator-Fahrzeug, dem „Frecc0“, das ist die Abkürzung für „Fraunhofer e-concept car Typ 0“. Dieses im Aufbau befindliche Fahrzeug dient als wissenschaftliche Integrationsplattform und soll die Systemkompetenz der Fraunhofer-Institute demonstrieren. Den „Frecc0“ können auch Automobilhersteller und Zulieferer nutzen, um ab 2011 gemeinsam mit Fraunhofer neue Komponenten zu testen. Basis ist ein bestehendes Fahrzeug: Der neue Artega GT der Fa. Artega Automobil GmbH bietet eine optimale Plattform für die Integration der Fraunhofer-Komponenten. Die Forscher testen zum Beispiel, wie sich ein crashsicheres Batteriesystem, ein Radnabenmotor oder ein Ladegerät im Gesamtsystem Auto verhalten.
Vernetzt forschen am Batteriesystem
An dem Batteriesystem arbeiten Experten aus elf Fraunhofer-Instituten unter Hochdruck – keine einfache Aufgabe, denn an Batterien und elektrische Systeme im Fahrzeug werden höchste Anforderungen gestellt. Sie müssen sicher, langlebig und effizient sein. Und der Fahrer muss jederzeit wissen, wie weit er noch kommt, bis er die Batterie wieder aufladen muss. Er will über Störungen informiert werden, damit er im Fall des Falles rechtzeitig eine Werkstatt aufsuchen kann. Während sich der Füllpegel eines Benzintanks leicht ermitteln lässt, ist dies bei der Batterie eines Elektroautos nicht so einfach. Denn ein solches Lithium-Ionen-Batteriesystem besteht meist aus mehreren hundert Zellen, und die entladen sich nicht immer gleichmäßig schnell. Und wenn einzelne Zellen ausfallen oder nicht mehr die vorgesehene Leistung bringen, kann die gesamte Batterie in Mitleidenschaft gezogen werden.
Um diesen Problemen zu begegnen, werden ausgefeilte und miteinander vernetzte Batteriemanagementsysteme und ein übergeordnetes Energiemanagementsystem eingesetzt. Die Forscher entwickeln ein solches System, für das es bisher nur Vorbilder bei stationären Batteriesystemen gibt. Projektleiter Dr. Matthias Vetter vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, der das Vorhaben koordiniert, erklärt das Grundprinzip: „Die Elektronik misst in Bruchteilen von Sekunden den Strangstrom, die Einzelzellspannung sowie die Temperatur jeder Zelle und ermittelt daraus deren Lade- und Alterungszustand. So lässt sich für jede einzelne Zell erkennen, ob Überladungen, Tiefentladungen, zu starke Erwärmung oder vorzeitige Alterung drohen.“
Eine Herausforderung für die Wissenschaftler ist es, während des laufenden Betriebs zuverlässige Werte zu ermitteln. Die Daten können hier meist nicht in der benötigten Qualität erfasst werden. Man muss von unsicheren Messungen auf den eigentlichen Messwert und innere Zustände wie Lade- und Alterungszustand Rückschlüsse ziehen. Vetter erklärt das komplexe Auto-Batteriesystem: „Es enthält zwei Stränge mit je acht Modulen à zwölf Zellen. Zur Steuerung werden insgesamt 16 miteinander vernetzte Batteriemanagementsysteme eingesetzt. Diese kommunizieren über den in der Automobilindustrie weit verbreiteten Datenbus CAN (Controller Area Network) mit einem in das Batteriepack integrierten Energiemanagementsystem. Das System kann beispielsweise unterschiedliche Ladezustände der Zellen ausgleichen und so immer maximale Leistung und Energie bereitstellen. Dabei gelingt es auch, Prognosen abzugeben“. Die Elektronik misst auch die Vor- und Rücklauftemperaturen des angeschlossenen Kühlkreises. Dessen Pumpe soll einerseits dafür sorgen, dass keine Überhitzung entsteht, andererseits selbst so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Dazu steuert das System auch den Kühlkreislauf mittels einer modellbasierten Regelung und optimiert so den Energieverbrauch, verringert die Temperaturspitzen und erhöht die Zuverlässigkeit.
Gleichzeitig übernimmt das System die Kommunikation mit dem Fahrzeug. Es gibt zum Beispiel Prognosen ab zu Reichweite und Grenzwerten sowohl für die Antriebsregelung als auch für den Ladebetrieb. Zudem überwacht es selbst, ob die geforderten Leistungen kritische Strom- und Spannungsgrenzen verletzen. Der Fahrer kann dann jederzeit an seiner Instrumententafel ablesen, wie weit er noch fahren kann, bis er die Batterie aufladen muss.
Auch bei einem Unfall sorgt das System vor: Über Leistungsschalter ist das übergeordnete Energiemanagement in der Lage, die Batterie insgesamt oder auch nur strangweise abzuschalten. Dies könnte nötig sein, falls einzelne Zellen sich überhitzen, einen internen Kurzschluss erleiden oder komplett gealtert sind. Auch im Falle eines Unfalls muss gewährleistet sein, dass keine Spannung an der Karosserie liegt, damit Rettungskräfte das Auto gefahrlos öffnen können. Ent-sprechende Sensoren sorgen dafür.
Die Wissenschaftler bringen ihr Know-how ein – von der Konzeption des Batteriesystems über Sicherheitstests, von der Verbindungstechnik bis zum Recycling. Durch gemeinsame Anstrengungen ist es möglich, die Forschungsprojekte rasch voranzutreiben und zur Marktreife zu bringen. Denn wenn die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb mithalten will, muss sie ihr Innovationstempo beschleunigen.
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Weitere Informationen:
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