Energieeffizienz ist Topthema der Drucklufttechnik
Mit rund vier Fünfteln entfällt der Löwenanteil von deren Gesamtkosten auf den Stromverbrauch. Weniger Leckagen, bessere Netzauslegung, der Einsatz drehzahlgeregelter Kompressoren und die Wärmerückgewinnung sind nur einige der Stellschrauben, mit denen sich der Energieverbrauch deutlich senken lässt – in einigen Fällen um bis zu 50 Prozent.
Ein möglichst niedriger Energieverbrauch spielt bei der Entscheidung für neue Drucklufttechnik eine besondere Rolle. Bis zu 80 Prozent der Betriebskosten während der Lebensdauer einer Kompressorenanlage entfallen nämlich auf die benötigte Energie; Anschaffung und Wartung treten eher in den Hintergrund. Grund genug für die Deutsche Messe Hannover mit der Sonderschau „EnergieEffizienz in Industriellen Prozessen“ auf der HANNOVER MESSE 2009 (20. bis 24. April) die Bedeutung eines niedrigen Energieverbrauchs für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zu betonen. Ein positiver Nebeneffekt innovativer und verbrauchsärmerer Produkte, Lösungen und Verfahren ist dabei die Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes. Denn bei dem hohen Anteil fossiler Energieträger an der Stromproduktion in Deutschland sinkt mit jeder nicht benötigten Kilowattstunde auch die Menge dieses Treibhausgases, die in die Atmosphäre gelangt.
Während die Sonderschau als zentrale Informationsplattform am Beispiel einer Produktionsanlage zeigt, wo Energieeffizienz im gesamten industriellen Prozess greift, finden die Besucher der ComVac – der internationalen Leitmesse der Druckluft- und Vakuumtechnik – auf den Ständen der Hersteller ganz konkrete Ideen und Exponate rund um die Drucklufttechnik, mit denen sie den Energieverbrauch reduzieren können. Bereits im Rahmen der EU-Studie „Compressed Air Systems in the European Union“ wiesen Forscher des Karlsruher Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) darauf hin, dass Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sowohl Komponenten als auch die Auslegung der Gesamtanlage zur Drucklufterzeugung umfassen müssen. Explizit gelte dies für die folgenden Punkte, so die Karlsruher:
– Verminderung von Leckageverlusten,
– verbesserte Anlagenauslegung,
– Einsatz von drehzahlvariablen Antrieben,
– Wärmerückgewinnung.
„Zwischen fünf und 50 Prozent der Energie lassen sich auf diese Weise in den meisten betrieblichen Druckluftsystemen einsparen“, sagt Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur GmbH (Dena) in Berlin. „Aufgrund unserer Erfahrung mit der Initiative EnergieEffizienz wissen wir zudem, dass sich Energieeffizienzmaßnahmen in der Regel innerhalb von weniger als zwei Jahren amortisieren.“
Exaktes Bedarfsprofil steht am Anfang
Beginnen sollte jeder Anwender zunächst mit einer genauen Bedarfsmessung. Dafür ist insbesondere der Bedarf an Volumenstrom, Druck und Druckluftqualität zu protokollieren und zu analysieren. Erst dann lässt sich ermitteln, wie hoch das Potenzial im eigenen Unternehmen ist. „Wichtig ist es, grundsätzlich das Gesamtsystem zu betrachten“, betont auch Kohler. Nur so ließen sich maximale Energie- und Kosteneinsparungen umsetzen. „Dimensionierung und Auslegung der verschiedenen Systemkomponenten müssen auf dem konkreten Bedarfsprofil basieren, schrittweise sind die einzelnen Komponenten aufeinander abzustimmen – und zwar von den Druckluftabnehmern über das Verteilsystem und die Aufbereitung bis hin zu den Kompressoren und der Steuerung.“
Gerade die Druckluftverteilung bietet ein hohes Einsparpotenzial. „Hier lässt sich oft mit wenig Aufwand viel Energie einsparen“, erläutert der Dena-Chef. „Allein durch Leckagen können 20 bis 40 Prozent der erzeugten Druckluft verloren gehen. Sie sollten deshalb immer berücksichtigt werden.“ Als weitere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Druckluftversorgung empfehlen die Berliner:
– Abschalten der Anlage bei nicht laufender Produktion, etwa nachts oder am Wochenende,
– Absperren nicht genutzter Leitungsnetze,
– Anpassung des Druckniveaus an den tatsächlichen Bedarf,
– Optimierung des Leitungsnetzes durch geringere Strömungswiderstände über die Anpassung des Rohrleitungsdurchmessers sowie weniger Einbauten,
– Einsatz besonders energieeffizienter Kompressoren und Antriebe,
– Verwendung einer übergeordneten elektrischen Kompressorensteuerung,
– Einbau (elektronisch) niveaugesteuerter Kondensatableiter.
Wie sich das in der Praxis auswirken kann, zeigt exemplarisch das Beispiel der Paderborner Brauerei Haus Cramer, die 2007 beim 'Energy Efficiency Award' der Dena den zweiten Preis erringen konnte. „Bei unveränderten Produktionsbedingungen ließen sich durch eine Neuauslegung des gesamten Druckluftsystems 77 5000 Kilowattstunden Strom pro Jahr einsparen“, betont Stephan Kohler. „Der Energieverbrauch konnte so um 49 Prozent reduziert werden.“ Im Rahmen der Systemoptimierung führten die Paderborner zwei vorhandene Druckluftnetze zusammen, senkten Druckniveau sowie -toleranzen und setzten auf einen neuen Schraubenkompressor mit übergeordneter Steuerung.
Drehzahlregelung und Wärmerückgewinnung nutzen
„Im Zusammenhang mit einem möglichst engen Druckband können insbesondere drehzahlgeregelte Kompressoren ihre Stärken ausspielen“, fährt Kohler fort. „Vor allem dann, wenn sich der Volumenstrom stetig ändert.“ Drehzahlgeregelte Antriebe ermöglichten im Vergleich zur Verschaltung statischer Kompressoren ein exaktes Heranfahren an den tatsächlichen Bedarf. Allerdings müsse die Wirtschaftlichkeit der in der Anschaffung teureren geregelten Verdichter stets im Einzelfall durch Messungen, Simulation und Analyse des tatsächlichen Luftbedarfs bestimmt werden – was wiederum ein konkretes Bedarfsprofil voraussetzt.
Hervorzuheben sei darüber hinaus die Wärmerückgewinnung, so der Dena-Chef weiter. „Bei luftgekühlten Verdichtern stehen beispielsweise gut 90 Prozent der zugeführten Energie in Form von Abwärme wieder zur Verfügung.“ Diese könne zur Raumbeheizung oder als Prozesswärme verwendet werden. „Die Technologien zur Abwärmenutzung bei Druckluftsystemen sind vorhanden – Unternehmen können sich auf diesem Gebiet nach wie vor noch viele Einsparpotenziale erschließen.“ Ein weiteres Beispiel aus den Einsendungen zum Energy Efficiency Award belege das. „Dabei nutzt ein Metallverarbeitungsbetrieb aus der Automobilzulieferbranche die Abwärme von drei luftgekühlten Schraubenkompressoren zur Raumbeheizung und Erwärmung eines Heizwasserkreislaufes“, führt Kohler ein weiteres Beispiel an. „Bei einer Investition von 12 000 Euro senkte diese Maßnahme die Heizkosten um rund 83 000 Euro pro Jahr.“
Übrigens: Zusammen mit der Deutschen Messe vergibt die Dena auch 2009 den mit insgesamt 30 000 Euro dotierten 'Energy Efficiency Award'. Bis zum 31. Januar 2009 können sich innovative Unternehmen aus Industrie und Gewerbe, die herausragende Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz – auch außerhalb der Drucklufttechnik – umgesetzt haben, an dem Wettbewerb beteiligen. Die Preisträger werden am 21. April 2009 auf der HANNOVER MESSE ausgezeichnet.
Über die ComVac
Die ComVac findet vom 20. bis 24. April unter dem Dach der HANNOVER MESSE 2009 statt. Das Portfolio der ComVac umfasst alle Bereiche der Druckluft- und Vakuumtechnik – von der Erzeugung über Aufbereitung und Verteilung bis hin zur Anwendung in Maschinen und Systemen. Im Blickpunkt stehen moderne elektronische Steuerungen und Regelungen. Dienstleistungen wie Ist-Analysen oder Druckluft-Contracting runden das Angebot der ComVac ab. Die ComVac wird 2009 in der Halle 26 zu finden sein.
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Weitere Informationen:
http://www.hannovermesse.de http://www.dena.de http://www.industrie-energieeffizienz.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: HANNOVER MESSE
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