Intelligenter Werkstattwagen unterstützt Mensch in der Produktion
Der Industrie stehen große Änderungen bevor: Die Produktion soll digital und intelligent werden. In einem ersten Ansatz versucht man daher, die Informationsflüsse zu digitalisieren, in einem zweiten Schritt soll dann die Automatisierung folgen. Doch nicht bei allen Arbeitsschritten ist es sinnvoll, sie durch Maschinen oder Roboter durchführen zu lassen: Schließlich ist der Mensch den Maschinen in vielen Dingen überlegen – etwa wenn es um Entscheidungen geht, die Erfahrung und Detailwissen erfordern.
Künstliche Intelligenz führt den Menschen durch komplexe Prozesse
Da die Produktion künftig immer flexibler werden soll und die Fertigung hin zum individuellen Produkt geht, ist bei den menschlichen Mitarbeitern stets höchste Konzentration gefordert. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD in Rostock haben sich zum Ziel gesetzt, den Menschen besser in die Produktion der Zukunft und die Produktionsflüsse einzubinden.
»Mit unserem Plant@Hand Werkstattwagen haben wir eine intelligente Produktionsumgebung geschaffen, die den Menschen in seinen Aufgaben optimal unterstützt«, erklärt Mario Aehnelt, Wissenschaftler am Fraunhofer IGD. »Das System überprüft die Qualität des Produkts, erkennt Störungen und übermittelt aktuelle Betriebsdaten an die Produktionssysteme. Auf diese Weise kann es den Arbeitsfortschritt von umfangreichen und komplexen Montagearbeiten minutengenau verfolgen und die Mitarbeiter optimal durch die Prozesse führen.«
Möglich machen es unter anderem Sensoren, die im Werkstattwagen integriert sind: Sie erfassen, welche Bauteile, Werkzeuge oder Materialien der Werker genommen hat. Doch das allein reicht nicht aus: Methoden der künstlichen Intelligenz und das entsprechende Modellwissen in punkto Montage bilden quasi das Herzstück des Systems. Über das Modellwissen weiß das System beispielsweise, welcher Schritt als nächstes ansteht und welche Werkzeuge dazu gebraucht werden. Und per künstlicher Intelligenz leitet das System anhand der Sensordaten ab, woran der Mensch momentan arbeitet und wo er Unterstützung benötigt.
Je nach Wünschen skalierbar
Damit das System den Mitarbeitern jeweils die Unterstützung bietet, die sie brauchen, ist es skalierbar. Im Alltag heißt das: Sollen beispielsweise Leiharbeiter eingearbeitet werden, die die Abläufe wenig bis gar nicht kennen, führt das System sie sehr engmaschig durch den Arbeitsprozess. Der intelligente Werkstattwagen zeigt also visuell den jeweils anstehenden Arbeitsschritt an, ebenso wie die zu verwendenden Materialien und Werkzeuge, und liefert eine Erklärung, was als nächstes zu tun ist.
Bei »alten Hasen« in der Produktion ist dies nicht nötig, es kann sogar als störend empfunden werden. Bei ihnen greift die künstliche Intelligenz daher nur dann ein, wenn die Qualität des Produkts gefährdet wäre. Kurzum: Das System lässt sich individuell an die Bedürfnisse der Mitarbeiter anpassen.
Endgerät: AR-Brille
Als Anzeige dient ein Touch-Display bzw. ein Tablet oder auch eine AR-Brille. Mit dieser Brille auf dem Kopf sieht der Werker eine Visualisierung der Arbeitsschritte, die in die reale Umgebung eingeblendet wird. Über Sprache oder Gesten können die Mitarbeiter die Anzeige steuern. Auf der Hannover Messe vom 24. bis 28. April 2017 präsentieren die Forscher den intelligenten Plant@Hand Werkstattwagen (Halle 7, Stand D11). Besucher können dann selbst einmal einen Blick durch die AR-Brille werfen und die Unterstützung live erleben.
Weiterführende Informationen – Fraunhofer IGD auf der HMI 2017: www.fh-igd.de/hmi
Institusprofil:
Das vor 30 Jahren gegründete Fraunhofer IGD ist heute die international führende Einrichtung für angewandte Forschung im Visual Computing. Visual Computing ist bild- und modellbasierte Informatik. Vereinfacht gesagt, beschreibt es die Fähigkeit, Informationen in Bilder zu verwandeln (Computergraphik) und aus Bildern Informationen zu gewinnen (Computer Vision). Die Anwendungsmöglichkeiten hieraus sind vielfältig und werden unter anderem bei der Mensch-Maschine-Interaktion, der interaktiven Simulation und der Modellbildung eingesetzt.
Unsere Forscher an den Standorten in Darmstadt, Rostock, Graz und Singapur entwickeln neue technische Lösungen und Prototypen bis hin zur Produktreife. In Zusammenarbeit mit unseren Partnern entstehen dabei Anwendungslösungen, die direkt auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten sind.
Unsere Ansätze erleichtern die Arbeit mit Computern und werden effizient in der Industrie, im Alltagsleben und im Gesundheitswesen eingesetzt. Schwerpunkte unserer Forschung sind die Unterstützung des Menschen in der Industrie 4.0, die Entwicklung von Schlüsseltechnologien für die „Smart City“ und die Nutzung von digitalen Lösungen im Bereich der „personalisierten Medizin“.
Durch angewandte Forschung unterstützen wir die strategische Entwicklung von Industrie und Wirtschaft. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sowie Dienstleistungszentren können davon profitieren und mit Hilfe unserer Spitzentechnologien am Markt erfolgreich sein.
Kontakt:
Daniela Welling | Leiterin Unternehmenskommunikation
Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD
Fraunhoferstraße 5 | 64283 Darmstadt
Telefon +49 6151 155-146 | Fax +49 6151 155-199
Daniela.Welling@igd.fraunhofer.de | www.igd.fraunhofer.de
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: HANNOVER MESSE
Neueste Beiträge
Lange angestrebte Messung des exotischen Betazerfalls in Thallium
… hilft bei Zeitskalenbestimmung der Sonnenentstehung. Wie lange hat eigentlich die Bildung unserer Sonne in ihrer stellaren Kinderstube gedauert? Eine internationale Kollaboration von Wissenschaftler*innen ist einer Antwort nun nähergekommen. Ihnen…
Soft Robotics: Keramik mit Feingefühl
Roboter, die Berührungen spüren und Temperaturunterschiede wahrnehmen? Ein unerwartetes Material macht das möglich. Im Empa-Labor für Hochleistungskeramik entwickeln Forschende weiche und intelligente Sensormaterialien auf der Basis von Keramik-Partikeln. Beim Wort…
Klimawandel bedroht wichtige Planktongruppen im Meer
Erwärmung und Versauerung der Ozeane stören die marinen Ökosysteme. Planktische Foraminiferen sind winzige Meeresorganismen und von zentraler Bedeutung für den Kohlenstoffkreislauf der Ozeane. Eine aktuelle Studie des Forschungszentrums CEREGE in…