Mobil mit Strom – Fraunhofer auf der Hannover Messe, 4.-8. April

Damit die Stromer eine Alternative zu herkömmlichen Pkws werden können, bedarf es noch vieler Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Bereits im Juni 2009 hat die Fraunhofer-Gesellschaft das Projekt »Systemforschung Elektromobilität« aufgelegt. Darin arbeiten insgesamt 33 Fraunhofer-Institute.

Das Forschungsvorhaben wird aus Mitteln des Konjunkturpakets II vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit 34,5 Millonen Euro unterstützt. Zusätzlich wurden im Konjunkturprogramm I Investitionen in Höhe von 14 Millionen Euro gefördert. »Unser Ziel ist es, Wissen und Technologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette und insbesondere an den Schnittstellen zu generieren und dann der Industrie in Fraunhofer-Manier zur Verfügung zu stellen«, sagt Professor Holger Hanselka, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt, der das Gesamtvorhaben koordiniert.

Das Forschungsprojekt gliedert sich in fünf Schwerpunkte: Fahrzeugkonzepte; Energieerzeugung, -verteilung und -umsetzung; Energiespeichertechnik, technische Systemintegration und gesellschaftspolitische Fragestellungen.Neu hinzugekommen ist vor wenigen Wochen der Schwerpunkt »Sicherheit und Zuverlässigkeit.

Mehr erneuerbare Energien

»Es reicht nicht aus, unsere Fahrzeuge auf Elektromotoren umzustellen«, betont Dr. Günther Ebert, Abteilungsleiter im Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Den akuten Problemen wie Klimawandel können Elektroautos nur dann entgegensteuern, wenn sie vorwiegend mit regenerativ erzeugtem Strom fahren. Solange die Energie noch aus den großen Kohle- oder Gaskraftwerken stammt, werden Probleme wie der Ausstoß von Schadstoffen lediglich verlagert – dorthin, wo die Kraftwerke stehen. »Damit die Vorteile der Elektromobilität wirklich zum Tragen kommen, müssen wir den heutigen Strommix in Richtung auf mehr erneuerbare Energien verändern«, führt der Experte aus. Die Bundesregierung hat ihr Energiekonzept darauf ausgelegt; in 40 Jahren soll Strom zu 80 bis 85 Prozent aus Wasserkraft, Sonne, Wind und Biomasse erzeugt werden. »Die Ziele sind da, man muss sie nur umsetzen«, sagt Ebert. Erst dann werden Elektroautos wirklich sauber fahren.

Ein entscheidender Vorteil der Elektrowagen: Sie setzen die Energie deutlich effektiver als Benziner um. »Ihr energetischer Wirkungsgrad, von der Stromerzeugung bis zur Fahrleistung (well to wheel) gerechnet, beträgt etwa 40 Prozent, wenn man den heutigen Strommix zugrunde legt«, haben Professor Martin Wietschel und sein Team vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI ermittelt. »Damit liegt er etwa doppelt so hoch wie bei einem fossil betriebenen Auto«. Würde man nur Windstrom zum Aufladen der Batterien benutzen, läge er sogar bei etwa 70 Prozent. Mit anderen Worten: Stromer sind erheblich sparsamer als fossil betriebene Fahrzeuge.

Batterien sind eine Schlüsselkomponente

Den unbestreitbaren Vorteilen der Elektromobilität steht eine große Herausforderung gegenüber: die Versorgung der Fahrzeuge mit elektrischer Energie. Dazu bedarf es leistungsfähiger Batterien. »Wollte man den Energieinhalt eines normalen Autotanks von 46 Litern Diesel in einer Lithium-Ionen-Batterie speichern, müsste dieses Batteriesystem für die gleiche Fahrzeugreichweite etwa 500 Liter Volumen haben, es würde inklusive Gehäuse weit mehr als eine Tonne wiegen«, sagt Professor Hanselka. Darüber hinaus sind Batterien heute noch sehr teuer. Fraunhofer-Forscher arbeiten intensiv an der Entwicklung und Integration der für die Elektroautos nötigen Batterien. Sie testen neue Materialien, entwickeln die Effizienz der Systeme weiter und untersuchen, wie man die Systeme so sicher machen kann, dass jeder Verbraucher damit bedenkenlos am Straßenverkehr teilnehmen oder in einer Tiefgarage parken kann.

Doch die Batterie ist nicht die einzige Hürde beim Übergang zur Elektromobilität: Noch fehlen viele technische Voraussetzungen bei den Fahrzeugen selbst sowie nachhaltige Systeme der Stromerzeugung. Zudem gibt es derzeit keine belastbare Infrastruktur für die Energie-Versorgung der Pkws. Und vor allem sind bislang nur wenige Autofahrer bereit, sich auf das Wagnis eines Elektroautos einzulassen. Hinzu kommen weitreichende Umstrukturierungen innerhalb der Industrielandschaft, die für die bisher etablierten Zuliefer- und Fahrzeughersteller nötig wären. Was das für Deutschland bedeuten würde, ist bis heute nicht untersucht.

Prüfen auf Herz und Nieren

Viele weitere Aspekte sind noch ungeklärt: Halten die Systeme auch der täglichen Belastung stand? Sind Elektrowagen sicher? Diese Fragen untersuchen die Experten in verschiedenen Fraunhofer-Testeinrichtungen. Dort wird zum Beispiel geprüft, wie Batterien bei einer gezielten Überlastung reagieren oder welche Auswirkung extreme hohe und niedrige Temperaturen haben. Die Prüfstände stehen auch für Automobilhersteller zur Verfügung. Hier lassen sich unter anderem Akustik, Crash-Sicherheit und Betriebsfestigkeit testen. Eine weitere entscheidende Frage ist, wie man mit den gewaltigen Energieströmen umgeht, die in einem Elektroauto übertragen und verteilt werden müssen. Fraunhofer-Forscher erfinden, entwickeln und erproben dafür sichere und zuverlässige technische Lösungen.

»Fraunhofer will kein eigenes Auto bauen, unsere Forscher bearbeiten einerseits die übergreifenden Aspekte und entwickeln andererseits einzelne Komponenten und Systeme«, erläutert Dr. Michael Jöckel, Leiter der Geschäftsstelle der Initiative. »Im technischen Bereich sind das etwa die Entwicklung und Systemintegration von Radnabenmotoren oder einer crashsicheren Batterie. Im gesellschaftlichen Bereich erforschen wir unter anderem neue Modelle der Nutzung von Fahrzeugen, etwa Car-Sharing oder Leasing von Batterien. Wir arbeiten auch an neuen Strukturen für die Leistungselektronik oder Produktionsverfahren«. Immer steht das Zusammenspiel aller Aspekte im Vordergrund, denn das wird letztlich darüber entscheiden, ob die Einführung der Elektromobilität in großem Stil gelingt.

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Marion Horn Fraunhofer-Gesellschaft

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