Wasser sparen und dabei Energie und Dünger produzieren
Sauberes Trinkwasser und eine sanitäre Grundversorgung sind Menschenrechte. Doch weltweit haben immer noch fast 780 Millionen Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser und etwa 2,6 Milliarden Menschen leben ohne sanitäre Anlagen. Wasser ist aber auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: Schon heute verbrauchen Landwirtschaft und Industrie mehr als vier Fünftel des kostbaren Nass.
Und der Bedarf an Wasser steigt weiter. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet, dass sich bis zum Jahr 2050 der weltweite Wasserverbrauch um mehr als die Hälfte erhöhen wird. 40 Prozent der Weltbevölkerung werden dann in Gebieten mit extremer Wasserknappheit leben – 2,3 Milliarden Menschen mehr als heute.
Bislang gehen wir mit der wertvollen Ressource Wasser verschwenderisch um. In Deutschland verbraucht jeder Mensch etwa 120 Liter Wasser am Tag – nur drei davon trinkt er. Ein Drittel wird durch die Toilette gespült. Sauberes Wasser ist jedoch in vielen Regionen der Welt viel zu schade, um es für den Transport von Fäkalien zu vergeuden. Neue Technologien ermöglichen es, den Trinkwasserverbrauch deutlich zu reduzieren, Abwasser effektiv zu reinigen und sogar Biogas sowie Dünger zu gewinnen. Die Lösungen haben Forscher der Fraunhofer-Institute für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und System- und Innovationsforschung ISI in dem Projekt DEUS »Dezentrale urbane Wasserinfrastruktursysteme« entwickelt.
Regenwasser aufbereiten
Ob für die Bewässerung des Gartens oder für die Toilettenspülung – nicht immer muss Wasser Trinkwasserqualität haben. Besonders in wasserarmen Regionen lohnt es sich, Regenwasser und aufbereitetes Waschwasser für den Eigenbedarf zu nutzen. Fraunhofer-Forscher haben dafür eine moderne Wasseraufbereitungsanlage entwickelt. So erhält man keimfreies Pflegewasser, das den Anforderungen der Trinkwasser-Verordnung (TVO) entspricht. »Das aufbereitete Regenwasser kann man zum Duschen, Waschen, für die Toilette und für den Garten nutzen«, erläutert Dr. Dieter Bryniok vom IGB in Stuttgart.
Vakuumkanalisation reduziert Wasserverbrauch
Ein wichtiger Baustein ist die Vakuumkanalisation. Damit lässt sich der Wasserverbrauch drastisch senken. Vakuumtoiletten benötigen pro Spülgang nur etwa 0,5 bis 1 Liter. Zum Vergleich: Konventionelle Toiletten verbrauchen zwischen vier bis acht Liter. Außerdem sind die Kosten für Investition und Instandhaltung niedriger als bei konventionellen Abwasserleitungssystemen. Das häusliche Abwasser wird in einer anaeroben Hochleistungs-Membran-Anlage biologisch gereinigt. Herzstück des Systems sind voll durchmischte Anaerob-Bioreaktoren, in denen das Abwasser ohne Belüftung in Abwesenheit von Sauerstoff behandelt und die organischen Bestandteile zu Biogas, einer Mischung aus Methan und Kohlenstoffdioxid umgewandelt werden.
Die Bioreaktoren sind kombiniert mit Rotationsscheibenfiltern. Das Abwasser wird durch keramische Filterscheiben hindurchgepresst. Die Rotation der keramischen Membranen verhindert die Bildung von Deckschichten. So bleibt die Filtrationsleistung über lange Zeit erhalten. Das gereinigte Wasser läuft innen in der hohlen Achse der Filteranlage ab. Die Porengröße der Membran beträgt zwischen 60 Nanometern und 0,2 Mikrometern. Alle größeren Partikel werden in die Bioreaktoren geleitet. Auch Bakterien werden in die Reaktoren zurückgeführt. Dort bauen sie die herausgefilterten organischen Abfälle ab. Das gewonnene Biogas liefert Strom und Wärme. Die komplette Anlage arbeitet unter Luftabschluss. Der Vorteil: Es stinkt nicht.
Biogas und Dünger gewinnen
Eine weitere Besonderheit des Entsorgungskonzepts: Die Abwasserreinigungsanlage kann neben dem häuslichen Abwasser auch biologische Küchenabfälle verarbeiten. Die Küchen werden einfach mit Abfall-Zerkleinerern ausgestattet, die unterhalb der Spüle angebracht sind. Das System ist an die häuslichen Abwasserleitungen angeschlossen. Da so mehr organische Abfälle ins Abwasser gelangen, erhöht sich die Biogas-Ausbeute. Biomüll und Abwasser werfen ein weiteres Nebenprodukt ab: Dünger. Stickstoff und Phosphor werden zu Ammonium- und Phosphor-Salzen umgesetzt und lassen sich mit Hilfe der eingesetzten Membrantechnik zurück gewinnen.
»Das Wassermanagement-Konzept DEUS 21 ist vor allem für Regionen interessant, in denen noch keine Wasserinfrastruktur mit Kanalisationsnetz und Zentralkläranlage vorhanden ist oder in denen die Altinfrastruktur an neue Herausforderungen, die sich durch Klimawandel oder Wegzug der Bevölkerung ergeben, nicht mehr angepasst werden kann«, erläutert Bryniok. »Das System eignet sich insbesondere auch für den
Export in Wassermangel-Gebiete, weil es speziell auf die Bedürfnisse in trockenen und semi-ariden Regionen angepasst werden kann«.
Aktuelles Projekt in China
Derzeit arbeiten Fraunhofer-Forscher in dem Projekt »Advanced wastewater treatment in Guangzhou« daran, die DEUS-Technologie in einem Industriepark der Stadt Guangzhou, Provinz Guangdong für die Bedingungen in China zu optimieren.
Media Contact
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